Eichstätt
Anzeige gegen Hanke in Rom eingereicht

Nach dem Finanzskandal: Gläubige bitten im Vatikan um Prüfung

22.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr

Mit der "Grundhaltung der Demut" und im Dialog will Bischof Gregor Maria Hanke nach dem Finanzskandal des Bistums das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. ‹ŒArch - foto: Schneider

Eichstätt/Rom (EK) Gegen den Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke, ist bei der Kleruskongregation in Rom eine Anzeige eingereicht worden. 18 Katholiken haben das entsprechende Schreiben unterzeichnet und bitten nach dem Bekanntwerden des Finanzskandals im Bistum Eichstätt den Vatikan um Einleitung eines Verfahrens wegen „besonders schwerwiegender Verletzung der Sorgfaltspflicht“.

Das fünfseitige Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, ist am Mittwochnachmittag per Post nach Rom sowie an den Apostolischen Nuntius in Berlin, Erzbischof Nikola Eterovic, geschickt worden. Hanke wird vorgeworfen, so steht es in dem Brief, er habe angesichts des Anfang Februar bekannt gewordenen Finanzskandals nicht genügend Umsicht bei der Verwaltung des Bistumsvermögens walten lassen. Man wolle laut diesem Schreiben, das von dem Ingolstädter Walter Hürter sowie 17 weiteren Katholiken unterzeichnet wurde, ein Verfahren eröffnen lassen, um "diese Verletzung festzustellen, um anschließend dem Heiligen Vater die amtsrechtlichen Sanktionen, die aus Sicht Ihres Dikasteriums angeraten sind".

Die Beschwerdeführer berufen sich dabei auf einen Erlass von Papst Franziskus vom September 2016. Mit diesem hatte der Papst die Möglichkeit geschaffen, Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Bischöfe in Rom einreichen zu können, an deren Ende auch eine Amtsenthebung stehen kann. Geprüft wird dabei, ob durch schlechte Amtsführung "physisch, moralisch, geistlich oder wirtschaftlich" Schaden entstanden sei. Dem Dekret zufolge ist dabei unerheblich, ob dem jeweiligen Bischof eine "schwere moralische Schuld" nachweisbar ist.

Das Schreiben listet im Detail die Vorgänge der vergangenen Jahre auf: Wie mehrfach ausführlich berichtet sitzen seit 29. Januar der frühere stellvertretende Finanzdirektor sowie sein Kompagnon aus den USA in Untersuchungshaft. Die beiden sollen über gut zwei Jahre hinweg rund 50 Millionen Euro aus dem Finanzvermögen des Bistums Eichstätt in dubiose Immobiliengeschäfte in den Vereinigten Staaten gesteckt haben. Ihnen wird dabei Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr vorgeworfen. Es handle sich "um die bisher in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland größte Schadenssumme und damit bedeutendsten Finanzskandal", der Schaden gehe weit über die Grenzen des Bistums hinaus und betreffe alle deutschen Bistümer. Der mutmaßliche Betrug sei auch möglich geworden, weil mit dem früheren Leitenden Bau- und Finanzdirektor Willibald Harrer ein Diözesanökonom "ohne tiefergehende wirtschaftliche Kenntnisse" an der entsprechenden Schaltstelle saß. "Dies ist ein kirchenrechtlicher Verstoß (..., der) ursächlich den Betrug ermöglicht, erleichtert und lange Zeit unkontrolliert hat stattfinden lassen." Kritisiert wird auch die Zusammensetzung des Diözesanvermögensverwaltungsrats, dem bis zu einer Neuberufung durch Bischof Hanke vor zwei Jahren auch der Leitende Finanzdirektor angehörte. Er "kontrollierte sich als Mitglied der beiden Kontrollgremien Diözesanvermögensverwaltungsrat und Domkapitel quasi selber". Zudem heißt es in dem Schreiben, dass durch die "persönliche Freundschaft" Hankes zu einem der Beschuldigten die Glaubwürdigkeit des Bischofs leide.

Adressiert ist der Brief an den Präfekten der Kleruskongregation, Kardinal Benjamin Stella. Die vatikanische Behörde ist zuständig für die Vermögensfragen. Stella hatte dem Eichstätter Bischof unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorfälle aber bereits den Rücken gestärkt. Laut Bistumssprecher Martin Swientek hatte Hanke sowohl Stella als auch den Nuntius, also den Vertreter des Papstes in Deutschland, über die über die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft informiert. Der Bischof hatte in einem Interview mit unserer Zeitung dazu vor einigen Wochen gesagt: "Er (Kardinal Stella, d. Red.) hat seine mitbrüderliche Solidarität zum Ausdruck gebracht und mich ermuntert, die ergriffenen Maßnahmen konsequent weiterzuführen, denn allein das sei der richtige Weg in die Zukunft zu gehen."

Das Schreiben endet mit der Bitte um eine "eigene, unabhängige Untersuchung". Man erwarte eine ähnliche Behandlung wie im Bistum Limburg, wo damals der Weihbischof aus Paderborn, Manfred Grothe, der Münchner Offizial Lorenz Wolf sowie der frühere Freiburger Finanzdirektor Michael Himmelsbach als "unabhängige Experten" die Vorgänge rund um das überteuerte Bischofshaus von Franz-Peter Tebartz-van Elst genau unter die Lupe nahmen. Man hoffe, dass man das Anliegen "zeitnah" aufnehme.

Wie die Anzeigeschrift gegen Hanke in Rom aufgenommen und behandelt wird, konnte gestern niemand genau sagen. Nach Einschätzung eines Kirchenrechtlers dürfte es zumindest so weit kommen, dass Bischof Hanke eine Stellungnahme abgeben muss.

Das Bistum wollte sich gestern nicht äußern. Bistumssprecher Martin Swientek erklärte auf Anfrage: "Das Schreiben liegt uns nicht vor und kann deshalb auch nicht kommentiert werden." Grundsätzlich gelte, die vom Bischof "initiierte Transparenzoffensive will die rückhaltlose Aufklärung". Hanke habe durch die Erstattung der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft im Juli eine "in jeglicher Hinsicht unabhängige Untersuchung durch staatliche Behörden initiiert und damit diese Aufklärung auch ohne Rücksicht auf die eigene Person veranlasst".