Eichstätt
Retter auf vier Pfoten gehen baden

05.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:02 Uhr

In die Tiefe ging es für Simone Brümmer und Nanook.

Eichstätt (EK) Bevor es in die Tiefe geht, gibt es erst einmal ein Leckerli. Thomas Weber hat gekochtes Rinderherz in eine kleine Plastikdose gepackt. Damit füttert er seinen Hund und versucht ihn zusätzlich mit gutem Zureden zu beruhigen.

Thomas und Balu sollen sich gleich mit einem Rollgliss-Gerät abseilen. Wie beim Bergsteigen hängen Herrchen und Hund in einem Geschirr an Gurten. Korbinian Treffer vom Technischen Hilfswerk (THW) Eichstätt hat vorher allen Hundeführern die Funktionsweise erklärt und die wichtigsten Handgriffe zum Auf- und Abseilen gezeigt. Vor der Übung mit Hund absolvieren die Freiwilligen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) erst einmal eine Trockenübung, um sich selber an das Gefühl des freien Schwebens zu gewöhnen. Und dann wird es ernst. Thomas Weber holt seinen Australian Shepherd aus dem Auto. 14 Teams der ASB Rettungshundestaffel Ingolstadt sind zu Gast beim THW Eichstätt. Gemeinsam üben die Rettungskräfte realistische Einsatzszenarien. Bei einem Hauseinsturz kann es möglich sein, dass sich Hund und Herrchen (oder Frauchen) abseilen müssen, da das Treppenhaus zerstört ist. Und damit beim Einsatz die Suchteams nicht gleich ins kalte Wasser geworfen werden, werden mögliche Situationen zusammen mit dem THW durchgespielt.

Für Thomas Weber ist das Abseilen eine Premiere. Und auch für den zweijährigen Rüden Balu. An einem Dreibock haben die THW-Helfer eine Art Flaschenzug angebracht. Das Gerüst steht in der Garage über einer Grube. Auch wenn es nur zwei Meter nach unten geht, kostet der erste Schritt Überwindung. Die Hunde haben ein eigenes Geschirr, in dem sie mit allen vier Pfoten hängen. Treffer nimmt einen Karabiner, und der Haken schnappt ein. Der Hund ist gesichert und baumelt als erster über dem Loch. Immer wieder redet Weber seinem Tier zu: "Toll machst du das, brav, super."

Dann hängt auch der 27-jährige Bauingenieur aus Eitensheim in den Gurten. Treffer lässt langsam das Seil laufen, und für das Suchteam geht es hinab. Ohne zu bellen landet Balu am Boden und bekommt wieder ein Leckerli. Dann geht es wieder hinauf. Oben angekommen, steigen beide aus dem Geschirr, bei Balu muss noch ein wenig nachgeholfen werden, von ganz alleine hebt er die Pfoten nicht.

Das nächste Zweierteam steht schon bereit, und das Prozedere beginnt von vorne. Auch der sechsjährige Baily kommt noch dran, zusammen mit Rabea Christmann. Als beide wieder festen Boden unter den Füßen beziehungsweise den Pfoten haben, sieht man ihnen die Erleichterung an. "Der Hund war nervös, der hat so gezittert, dass ich mit gezittert habe", gesteht sie. Christmann ist eigens für die Übung aus Unterschleißheim angereist, gut 100 Kilometer einfache Fahrt heißt das, und insgesamt mehr als drei Stunden Autofahrt mit dem Hund im Kofferraum.

Wie ihre Kolleginnen und Kollegen ist Christmann ehrenamtlich mit dabei. In ihrer Freizeit müssen die Hundeführer umfangreiche Kurse und Ausbildungen absolvieren. Dazu gehört auch ein spezielles Erste-Hilfe-Training für Vierbeiner. "Da lernt man einen Pfotenverband anzulegen", erklärt Elke Hofmann. Sie leitet die Staffel und nimmt mit Fanny Mae an der Übung teil.

Während in der trockenen Garage Hund und Mensch auf- und abgeseilt werden, paddeln draußen zwei Männer in einem schwarzen Schlauchboot die Altmühl entlang. An Bord: Die beiden Ruderer vom THW und ein Suchteam des ASB. Es regnet in Strömen, doch bei einem echten Einsatz können sich die Helfer das Wetter auch nicht aussuchen. Die Übung wird durchgezogen: Die 14 Frauen und Männer vom ASB durchlaufen beide Stationen gemeinsam mit ihren Tieren. Am Ufer sind "Vermisste" versteckt und die Hunde sollen vom Wasser aus Witterung aufnehmen. Als das Boot anlegt, rennt Balu los. Doch nicht auf die durchweichte Wiese, sondern in den Fluss. "Der fühlt sich im Wasser wohl", nimmt Thomas Weber seinen Partner in Schutz. Irgendwann klettert Balu dann doch noch die Böschung hoch und nimmt die Fährte auf. Kurze Zeit später ist der Hund bei der versteckten Person und bellt laut – und zur Belohnung gibt es wieder Leckerli.