Eichstätt
Doch weit mehr Verdachtsfälle

Mittlerweile ist von über 60 möglichen "Reichsbürgern" im Landkreis die Rede acht mit Waffenschein

08.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:57 Uhr

Eichstätt (EK) Die Zahl der möglichen "Reichsbürger" im Landkreis Eichstätt ist doch weit höher als bisher bekannt. Dies kam nun beim turnusgemäßen Treffen der Bürgermeister im Landratsamt heraus. Demnach stehen derzeit 62 Personen in Verdacht, dieser Bewegung anzugehören.

Nach einer Anfrage unserer Zeitung vor zwei Wochen war noch von vier möglichen "Reichsbürgern" die Rede gewesen. Nun "besserte" der Sprecher des Landratsamts, Manfred Schmidmeier, bei der Bürgermeisterdienstbesprechung deutlich nach: Bei den vier "amtsbekannten Personen" habe es sich um jene gehandelt, die von den Gemeinden gemeldet worden seien. Das Landratsamt wiederum habe inzwischen weitere 58 Verdachtsfälle an das Polizeipräsidium Oberbayern Nord beziehungsweise an das bayerische Innenministerium weitergegeben. Darunter befinden sich laut Schmidmeier acht Personen, die eine sogenannte waffenrechtliche Erlaubnis besitzen.

In den Fokus gerückt seien diese Bürger, weil sie in der Vergangenheit Staatsangehörigkeitsausweise beantragt und als Geburtsland zum Beispiel "Königreich Bayern" oder "Königreich Sachsen" angegeben hätten - manche allerdings mit dem Zusatz, kein "Reichsbürger" zu sein. Eine solche Urkunde soll die Staatsangehörigkeit sozusagen amtlich dokumentieren und war früher etwa bei Beamten Pflicht.

Der betreffende Personenkreis werde momentan von der Polizei überprüft, erklärte Schmidmeier auf Nachfrage unserer Zeitung. Wenn sich herausstellen sollte, dass es sich um mehr als einen "dummen Scherz" handle, müssen die Waffenscheininhaber und Waffenbesitzer mit der "Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit" rechnen. In Bayern und zahlreichen anderen Bundesländern hatten ja die Innenminister die Entwaffnung bestätigter Reichsbürger angeordnet. Im Landkreis Eichstätt gebe es bislang aber noch keinen solchen Fall, so Schmidmeier.

Bekanntermaßen bestreiten "Reichsbürger" die Existenz der Bundesrepublik Deutschland unter Berufung auf das "Deutsche Reich" und erkennen auch das Rechtssystem nicht an. "Das kann schon damit beginnen, dass sie den Kaminkehrer nicht hereinlassen", äußerte Schmidmeier. Allerdings würden etwa Amts- und Mandatsträger zunehmend mit horrenden, millionenschweren "Schadensersatzforderungen" durch "Reichsbürger" überzogen, wie Landrat Anton Knapp bemerkte. Ausführende seien hier Inkassobüros auf Malta. Eine Amtskollegin von ihm sei da schon richtig in die Bredouille geraten, so Knapp. Auch im Eichstätter Landratsamt sind schon einige solcher "Forderungen" eingetrudelt.

Manfred Schmidmeier sprach beim Treffen der Bürgermeister von einer "steigenden Entwicklung" und der Bildung einer Szene. Dabei müsse man auch "in die Verwaltungen schauen", sagte er zu den Teilnehmern. Nach bisherigen Erkenntnissen gebe es beim Personal des Landkreises und der Gemeinden aber keinen Verdachtsfall.