Eichstätt
Kater Camillos wundersame Karriere

Einer unserer Eichstätter Redakteure hat sich vor einem Jahr ein Haustier zugelegt – mit unerwarteten Folgen

24.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:25 Uhr

Der Eichstätter »Stadtkater« Camillo hat es nicht zuletzt über Facebook zu beträchtlicher Berühmtheit gebracht. Mit Charme und Hartnäckigkeit mogelt er sich in die Häuser und Herzen der Menschen in der Bischofsstadt. Neuerdings entdecken ihn sogar die überörtlichen Medien - Foto: Margit Auer

Eichstätt (DK) Wozu legt sich der Mensch eine Katze zu? Um einen Hausgenossen zu haben, der ihm hie und da um die Beine schnurrt, der den Kindern ein lieber Spielgefährte ist und ansonsten im Garten die frechen Mäuse in Zaum hält. Soweit die Theorie. Es gibt nämlich in Eichstätt den Kater Camillo, und wer ihn ein „Haustier“ nennt, der kennt ihn nicht: Camillo ist ein „Stadttier“ – und er ist ein Star auf Facebook unter „Stadtkater Camillo“. Seit gerade mal 13 Tagen hat er seine eigene Seite. Gestern Nachmittag hat er die 1000-Fans-Marke übersprungen.

Als das weiß-grau getigerte Kerlchen vor gut einem Jahr im Pappkarton zur Familie Auer in die Eichstätter Altstadt kommt, dauert es nicht lange, bis es die Nachbarschaft erkundet. Keinen Katzensprung entfernt liegt der Marktplatz mit Geschäften, Banken und Lokalen. Der Kater mausert sich in wenigen Monaten zum Vollblut-Eichstätter.

Mit Charme und Hartnäckigkeit nutzt er jede offene Tür zum Besuch. Er tigert über die Plätze, schmust sich an wildfremde Menschen heran, stattet jedem Geschäft eine Stippvisite ab. In der Parfümerie ist er Stammgast, in der Kaffee-Ecke der Bäckerfiliale schläft er gerne auf dem Stuhl, im italienischen Restaurant liegt er dekorativ auf der Bank. Nachts taucht er bei Studentenpartys auf, er drängt sich in die belebtesten Lokale, was ihm unter jungen Leuten den Ehrentitel „Kneipenkater“ verschafft hat, im Studentenwohnheim „Edith-Stein“ halten ihn viele für den offiziellen Haus-Kater. Camillo legt Wert auf Bildung: Er besichtigt Fotokunst in der Galerie „Bildfläche“, er ist Stammgast in der Stadtbücherei, er taucht im Schlepptau einer Grundschulklasse in der Gruft der Heiligen Walburga auf. Meist ist er tagelang weg. Er besucht die Entlassfeier an der Berufsschule, erscheint beim Abschlussball der Mittelschule. Richtig gut gefällt es ihm in der Sparkassenzentrale. Sogar bis in den Tresorraum soll der treuherzige und kaum abzuschüttelnde Kerl die Mitarbeiter hinabbegleitet haben. Die Sparkasse dementiert das neuerdings – vermutlich, um ängstliche Anleger nicht zu verunsichern. Camillo als „Panzerknacker“: So weit kommt’s noch.

Der freundliche Streuner wird nur ganz selten vor die Tür gesetzt. Allenfalls gibt es eine besorgte Nachfrage auf einer Facebook-Seite speziell für kleine Eichstätter Anliegen: „Kennt jemand diesen netten kleinen Kater“ Die Online-Community ist jedes Mal ganz aus dem Häuschen.

Das letzte Mal passiert das vor gut zwei Wochen: Fotogalerist Hubert Klotzeck stellt auf Facebook die „K-Frage“ – und die freudige Debatte im Netz will schier kein Ende nehmen. Eine eigene Camillo-Fanseite müsse her, fordern die überwiegend weiblichen Fans. Also gut: Der Streuner bekommt seine Seite mit dem Hinweis „Person des öffentlichen Lebens“ – und in zwei Stunden hat er 200 „Freunde“. So viele wie sein Herrchen binnen drei Jahren.

In dieser Woche klingelt das Telefon: Eine überregionale Zeitung will über Camillo berichten. Gestern Nachmittag: Das Bayerische Fernsehen kommt zum Drehtermin. Camillo soll in die „Abendschau“. Der Hörfunk will nächste Woche ein Interview machen: Am 8. August sei nämlich „Internationaler Katzentag“.

Die Familie macht gute Miene: Wer A zu Facebook sagt, muss wohl auch B zu Bayerischem Rundfunk sagen. Die zentrale Frage vor so einem Drehtermin lautet aber: „Wo steckt Camillo“ Einen Tag vor den Filmaufnahmen fehlt vom „Stadtkater“ – wie gewohnt – jede Spur. Das Katerchen ist seit Tagen außer Haus, aktuell mit Vorliebe am Eichstätter Hunde-Übungsplatz, völlig furchtlos mitten unter den Nachfahren der Wölfe. Die Kinder suchen per Fahrrad, die Erwachsenen per Facebook („sonst wird das nix mit Hollywood“). Am Ende, so hat es den Anschein, hält ganz Eichstätt Ausschau nach dem künftigen Filmstar. Mal wird er am Wochenmarkt gesichtet, mal an der „Haifischbar“ an der Altmühl. Abends, endlich, erwischen ihn zwei Teenager: Dösend liegt er in der Sonne vor Musik Mayr, 50 Meter von zu Hause entfernt.

Der Dreh klappt dann übrigens wunderbar. Camillos Auftritt ist vorbildlich. Aber unmittelbar danach verschwindet er wieder in die Freiheit. Auf Stadtpatrouille.