Eichstätt
Fake News schon beim "Kini"

Beim Journalistischen Kolloquium an der KU Eichstätt referierte Professor Dr. Walter Hömberg über Lügenpresse

22.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr

Eichstätt (EK) Beinahe 60 Zuhörer waren zum zweiten Vortrag des Journalistischen Kolloquiums an der Katholischen Universität gekommen, und zeigten damit, dass die Themen Lügenpresse und Fake News aktueller denn je sind. Im Jahr 2015 wurde "Lügenpresse" zum Unwort des Jahres gewählt.

Dass der Begriff aber schon viel älter ist, zeigte Professor Dr. Walter Hömberg beim vergangenen Journalistischen Kolloquium. Ein Exklusivinterview mit König Ludwig II. - eine Sensation für den amerikanischen Journalisten, der mit dem bayerischen König, dem "Kini", sprechen durfte. Oder vielmehr: Mit ihm gesprochen haben wollte. Denn erst jetzt stellte sich heraus, dass das Interview nie stattgefunden, der Inhalt frei erfunden war.

1989 hatte Hömberg das Kolloquium selbst ins Leben gerufen. Er wurde von Veranstalterin Friederike Hermann und dem Publikum warm empfangen. Sein Vortrag über das ernste Thema brachte die Zuhörer zum Schmunzeln: Mit Ketchup als Blut und Puderzucker als Kokain fälschte Michael Born Filme für das Privatfernsehen, die beim Publikum scheinbar gut ankamen. Vier Jahre ging der Fälscher ins Gefängnis, als aufgedeckt worden war, dass er Schauspieler bezahlt, Schleuser in seinen Filmen aber auch selbst gespielt hatte. "Der Begriff der Lügenpresse ist nicht neu, wie viele meinen", erklärte Hömberg. Bereits im Ersten Weltkrieg war ausländischen Medien dieser Stempel aufgedrückt worden, so wie im Zweiten Weltkrieg jüdischen oder kommunistischen Blättern. "Lügen wie gedruckt" - das alte Sprichwort zeigt, dass das geschriebene Wort schon lange angezweifelt wird. Vor 300 Jahren wurden bereits Forderungen nach objektiver und richtiger Berichterstattung gestellt. Dagegen zweifle man Fotos seltener an: "Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte." Dabei seien Fotomontagen nicht erst im Zeitalter der Digitalisierung ein Problem. "Das Herausschneiden von Personen bedeutete meist Liquidierung und Exekution", so Hömberg.

Auch große Klassiker von Medienfälschungen wurden am Donnerstag thematisiert: Die Hitler-Tagebücher, die der Stern 1983 veröffentlichte, kosteten das Blatt nicht nur Millionen, "die Auflage hat sich bis heute nicht davon erholt". Trotzdem: Das Misstrauen in die Medien würde an sich nicht sinken. Vielmehr sei von einer Schere zu sprechen: Die Vorwürfe der Unglaubwürdigkeit kommen laut Hömberg heutzutage vor allem von rechts. Die "Lügenpresse" fuße auf Verschwörungstheorien. Dennoch würde sich Hömberg einen offeneren Umgang mit Falschmeldungen wünschen. Weder in den Medien noch in der Wissenschaft würde das Problem ausreichend thematisiert. "Für Kritik sind Journalisten blind. Das haben sie mit Wissenschaftlern gemeinsam."

Am Ende seines Vortrages sprach Hömberg über die sozialen Medien: Das Internet biete neue Möglichkeiten für Fälscher - sie würden aber auch viel schneller entlarvt. "Und es dauert nicht 200 Jahre, so wie bei König Ludwigs Interview."