Eichstätt
Im Collegium weichen die Gottesdienste

Priesterseminaristen aus der Ostkirche fiebern dem Spiel Ukraine gegen Deutschland entgegen

10.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:41 Uhr

Während Rostyslav Mynosh das Trikot seiner Nationalmannschaft trägt, drückt Rektor Oleksandr Petrynko (rechts) beiden Mannschaften die Daumen. - Foto: M. Schneider

Eichstätt (EK) Die Europameisterschaft bewegt auch das Eichstätter Collegium Orientale (COr). Genauer gesagt: Das ostkirchliche Priesterseminar hat sogar seine Gottesdienste angepasst. Die verpflichtenden Vespern fallen an diesen Tagen aus.

Man will den Studenten ja schließlich nicht die Möglichkeit nehmen, die Spiele zu verfolgen. Und außerdem kann man dann ja immer am Abend vor einem entscheidenden Spiel noch einmal gut beten... Vielleicht hilft's? Aber Daumendrücken ist wahrscheinlich genauso wichtig.

Für wen Oleksandr Petrynko das am Sonntagabend tut? Der Rektor des Seminars muss da nicht lange überlegen, ob er mehr seiner ukrainischen Heimatmannschaft oder eher den Deutschen zugetan ist. "Ich werde bei diesem Spiel immer ,Hurra' schreien, egal, in welche Richtung das Tor geht", gibt sich Petrynko, der 1998 zur ersten Generation im damals neu gründeten Collegium Orientale gehörte, recht diplomatisch. Student Rostyslav Mynosh schaut ihn ein wenig skeptisch an. Für den 23-Jährigen stellt sich die Sache schon etwas anders dar: "Ich drücke den Ukrainern die Daumen."

Die beiden werden bei der ersten Begegnung in der Gruppenphase am Sonntag allerdings keine Gelegenheit haben, den anderen zu beobachten. Während Petrynko in Regensburg zusammen mit den anderen Leitern der bayerischen Priesterseminare vor dem Fernseher sitzt, verfolgt Mynosh wohl im Café Bene auf Einladung der Katholischen Studierenden Jugend das Spiel. "Fußball verbindet", weiß Petrynko. Es habe "was Ökumenisches". Das bilden auch die beiden Priesterseminare ab, die am Leonrodplatz untergebracht sind: Hatten sie in den ersten Jahren für die bayerischen Seminarmeisterschaften noch jeweils eine eigene Mannschaft gestellt, gibt es heute nur noch eine. Katholiken und Orthodoxe könnten ja streiten, welche Kirchenauffassung sie vertreten, sagt Petrynko, "beim Fußball sind die Regeln einfach die gleichen". Übrigens: Die COr-Mannschaft holte sich 2002 den Bayerischen Titel. Aber natürlich wird auch so immer wieder auf der Seminarwiese gekickt - beispielsweise jeden Sonntag mit oder gegen KU-Mitarbeiter.

Während Petrynko sich eher etwas zurückhält, outet sich Kollegiat Mynosh als klarer Fußballfan. "Seit ich zehn bin", verrät er. Da sei er auch schon des Öfteren in Lemberg, seiner Heimat, im Stadion gewesen. Und welchen Tipp hat der Student für das Spiel am Sonntag? "Natürlich hoffe ich auf die Ukraine." Aber realistisch sei wohl eher ein Unentschieden. Nach einem kurzen Überlegen schiebt er mit einem Grinsen nach: "Ich habe gelesen, dass die deutsche Mannschaft beim ersten Spiel eher schlechter ist." Vielleicht schafft es seine Heimatmannschaft ja ins Viertelfinale, hofft Mynosh. "Und wenn wir uns im Finale wieder treffen würden..." Träume sind ja erlaubt, zwinkert der Rektor.