Eichstätt
Die "Hölle unter freiem Himmel"

Missio-Gast Abbé Jacob Lompo berichtete über die "Gold-Gräber" in Burkina Faso

20.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr

Auf Einladung verschiedener Eichstätter Akteure sprach der diesjährige Missio-Gast aus Burkina Faso, Abbé Jacob Lompo (5. von rechts), zur Problematik der "Gold-Gräber" in seinem Land. Tausende von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen riskieren dort ihr Leben auf der Suche nach Gold. Auch Goldschmied Franz Bilz (2. von links) und Wolfram Holst, Besitzer eines Uhren- und Schmuckgeschäfts (links), berichteten von ihren Erfahrungen und der Arbeit mit Öko- und Fairtrade-Gold. - Foto: Kusche

Eichstätt (EK) Schnell reich werden - das ist das Ziel der Goldsuchertrupps, die ihr Glück im Osten von Burkina Faso suchen und beim Graben nach dem wertvollen Edelmetall ihr Leben riskieren. Die "Hölle unter freiem Himmel", nennt Abbé Jacob Lompo aus Burkina Faso die Goldminen des Ostens.

Anlässlich des Weltmissionsmonats Oktober war der junge Priester, Jugendseelsorger und Ökonom als Repräsentant des katholischen Hilfswerks Missio zu Gast in Eichstätt. Auf Einladung des Referats Weltkirche, der Katholischen Universität, der Fakultät für Soziale Arbeit, der Katholischen Erwachsenenbildung und der Fairtrade-Steuerungsgruppe Eichstätt berichtete er im International House vor rund 30 Zuhörern von den "Gold-Gräbern" seiner Diözese und seinem Einsatz für Kinder und Jugendliche. Sein größter Wunsch: Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu Schulbesuch und Bildung zu ermöglichen, damit sie einmal einen guten Beruf erlernen können, anstatt nach Gold zu graben.

Eigentlich müsste er in der Schule sein und lesen, schreiben, rechnen lernen. Stattdessen sitzt der gerade einmal zehnjährige Junge am Rande eines etwa 30 Meter tiefen Lochs und fächert mit einem großen Stück Plastikplane eines alten Reissacks die lebensnotwendige Luft in die dunkle Tiefe, wo seine Kollegen staub- und schweißbedeckt den begehrten Sand in Eimer laden - Sand, der kleine Körnchen Gold enthalten kann. "Es kommen Kinder, Jugendliche, ganze Familien ebenso wie ältere Menschen hierher, weil sie kein anderes Auskommen haben und hier auf den großen Fund hoffen, der ihr Leben verändern könnte", erklärt Abbé Jacob, der sich in seiner Diözese Fada N'Gourma vor allem um Kinder und Jugendliche sorgt.

Die Zahlen sprechen für sich: Der Armutsanteil in seiner Diözese beträgt 41 Prozent, nur zwei Drittel aller Kinder werden überhaupt eingeschult, zwei Drittel der Einwohner sind Analphabeten. Auch landesweit stellt sich die Situation des bis 1960 unter französischer Kolonialherrschaft stehenden Landes nicht besser dar: Burkina Faso rangiert unter den zehn ärmsten Ländern der Welt; knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt von einem Tageseinkommen von weniger als 1,25 US-Dollar. Ein weiteres Problem: Das Land ist jung. Das Durchschnittsalter der Burkinabe, wie die Einwohner sich nennen, beträgt 16,8 Jahre, doch viel zu wenige, so berichtet Abbé Jacob mit großem Bedauern, hätten eine gute Schulausbildung, gute berufliche Perspektiven oder überhaupt Aussicht auf Arbeit und Verdienst. Kein Wunder, dass die 200 illegalen Goldminen der östlichen Savannen rund 600 000 Menschen anziehen, die ihrem Glück mit der Suche nach dem ersehnten Edelmetall Gold auf die Sprünge helfen wollen: "Doch viele der Goldsucher schaufeln sich vielleicht nur ihr eigenes Grab", befürchtet Abbé Jacob, der sich regelmäßig an den Goldgräberstätten aufhält, dort auch Messen abhält und mit den jungen Goldsuchern Kontakt hält. Dabei muss er nicht nur in ausgemergelte Gesichter der Jugendlichen blicken, die - angesichts der harten Arbeit oftmals mit Alkohol und Drogen betäubt - von den Gefahren des Staubs für ihre Lunge und den giftigen Chemikalien, mit denen sie beim Auswaschen des Sands in Berührung kommen, geprägt sind. "Auch die Natur nimmt großen Schaden", erläutert er den Zuhörern besorgt, "der Wald verschwindet, das Wasser wird knapp, die Zerstörung ist dramatisch." Atemwegserkrankungen grassierten, die Prostitution blühe, und kürzlich wurden 36 Menschen in einem der Goldlöcher verschüttet, so berichtet Abbé Jacob von der katastrophalen Lage.

Priorität für den engagierten Jugendseelsorger Abbé Jacob haben angesichts der dramatischen Situation die Errichtung von Schulen und die Schaffung beruflicher Perspektiven: "Wir müssen den Menschen eine Schulbildung ermöglichen, damit sie einen besseren Beruf erlernen können." Mit großen Kraftanstrengungen versucht Abbé Jacob mit seinen Mitpriestern in seiner Diözese daher, Schulen zu bauen und zu erweitern, Ausbildungsplätze zu schaffen und den jungen Leuten klar zu machen, dass Schule und Ausbildung besser sind als jede gesundheitsgefährdende Arbeit in den Goldgräberstätten zu verrichten.

Dass dies keine einfache Aufgabe ist, muss der Priester immer wieder erleben: "Nach den Ferien fehlt oft die halbe Klasse, weil die Eltern ihre Kinder bei der Goldsuche brauchen", bedauert Abbé Jacob. Doch er gibt so schnell nicht auf: "Der Kampf gegen die Armut hat erst begonnen", sagt Lompo, der schon lange mit dem katholischen Hilfswerk Missio zusammenarbeitet, "wir befinden uns auf einem guten Weg und gehen gemeinsam weiter."