Eichstätt
"Kein Spießer bucht über Airbnb"

Moderner Tourismus im Landkreis Privatpersonen vermieten ihre Wohnungen online

18.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Ob Gästezimmer, Privatwohnung oder Einfamilienhaus: Airbnb ist oft eine beliebte Alternative zu Hotels. Auch im Landkreis Eichstätt wird man auf der Plattform fündig. Die Anbieter haben aber oft Angst vor den negativen Reaktionen der Nachbarn. - Foto: Hausmann

Eichstätt (EK) Airbnb ("air-bed and breakfast"), zu deutsch: "Luftmatratze und Frühstück" . Die Plattform ist eine Online-Community, auf der Nutzer ihre Privatwohnungen inserieren und vermieten können. Auch im Landkreis Eichstätt gibt es schon Airbnb.

Über 200 Millionen Gäste nutzen das 2008 in San Francisco gegründete Online-Portal laut Angaben des Anbieters in 65.000 Städten. Das Profil ist schnell erstellt, mit einigen Klicks über die E-Mail-Adresse oder ein Facebook- oder Google-Konto. Wer beispielsweise nach Eichstätt möchte, sieht auf einem Radar den ungefähren Standort möglicher Unterkünfte. Eine davon gehört Hanna, deren Profilbild eine gebräunte junge Frau zeigt. Ihren genauen Wohnort möchte sie aber nicht in der Zeitung lesen. Zu groß sei die Angst vor negativen Reaktionen der Nachbarn.

Schließlich stand Airbnb in den letzten Monaten vermehrt in der Kritik: In Großstädten wie Berlin oder Barcelona nehmen Airbnb-Vermieter wichtigen Wohnraum weg. Dadurch steigen wiederum die Mietpreise vor Ort. Außerdem bildet die Plattform mit ihren verhältnismäßig günstigen Preisen eine große Konkurrenz für klassische Hotels oder Ferienwohnungen. Deshalb kommt Hanna für diesen Artikel einfach aus dem Landkreis Eichstätt.

Der Leiter der Touristinformation Eichstätt, Lars Bender, beäugt Airbnb kritisch und bevorzugt reguläre Ferienwohnungen. Diese gewerblich angemeldeten, offiziell vermieteten Unterkünfte seien viel kalkulierbarer als privat vermietete Airbnb-Wohnungen. Problem: Erst ab neun Betten könne man Unterkünfte gewerblich anmelden. Airbnb verschärfe den Kampf um den Wohnraum noch. Der sei in Eichstätt wegen der Universität und der Vollbeschäftigung sowieso schon knapp.

Der enge Kontakt zu den Vermietern und das Eintauchen in das Leben vor Ort - Vorzüge, mit denen Airbnb wirbt, hält Bender nicht für das typische Phänomen, das nur die Plattform bieten könnte: "Das liegt an der Einstellung des Feriengasts selbst", kommentiert Bender. Der Eichstätter Tourismuschef behält die Entwicklung von Airbnb im Auge: Noch halte sie sich in Grenzen. "Die Nutzer von Airbnb strömen mehr in die Metropolen."

Trotz noch nur vereinzelten Inseraten im Landkreis Eichstätt sieht Siegfried Gallus vom Hotel- und Gaststättenverband Airbnb auf jeden Fall als Konkurrenz. "Das Angebot auf Airbnb kann sich innerhalb eines Monats ändern", sagt Gallus. Die Gastronomen würden sicher bald mit dem Landkreis und den Gemeinden besprechen, wie man das Wachstum von Airbnb minimieren und Kontrollen einführen könnte.

Zurück zu Hanna: Auf die Idee mit Airbnb wurde sie von ihren Eltern gebracht, die selbst auf der Plattform Zimmer ihrer Pension anbieten. Den Preis für das Privatzimmer legen Hanna und ihr Mann selbst fest. 23 Euro für eine Nacht - so lautet es in ihrem Inserat. Davon müssen Mieter und Vermieter eine Vermittlungsgebühr an Airbnb leisten. Das Gästezimmer vermietet das Paar allerdings nur, wenn es auch selbst zu Hause ist. "Wir wollen schließlich wissen, wer bei uns schläft", so Hanna. Ihr ist die Nähe zu den Mietern wichtig: Abends setzen sie und ihr Mann sich mit ihren Gästen zu einer Tasse Tee zusammen - quasi eine WG für eine Nacht. Die Gäste seien sehr offene Menschen. "Sie sind flexibel und genügsam. Kein Spießer bucht über Airbnb", ist Hanna überzeugt. Ein besonderes Erlebnis bietet für sie der Austausch der Kulturen: Selbst Gäste aus China hat Hanna schon beherbergt.

Trotz des familiären Umgangs zwischen Mieter und Vermieter wird Datenschutz bei Airbnb großgeschrieben. Ein Austausch der Adressen oder Telefonnummern funktioniert nur nach einer festen Buchung mit Überweisung. Das sei auch gut so, meint Hanna, denn das schütze vor Betrügern. Ungereimtheiten gibt es trotzdem: Einmal sei ein Unbekannter vor Hannas Haustür aufgetaucht, der spontan das Zimmer buchen wollte. Er stellte sich aber als angenehmer Gast heraus. "Bei Airbnb muss man sich einfach auf seine Menschenkenntnis verlassen", schlussfolgert Hanna.

Christoph Würflein, Geschäftsführer des Tourismusverbands Naturpark Altmühltal sieht Airbnb vor allem als Chance: Die Privatvermieter der Region werden weniger, Airbnb könnte da wieder für frischen Wind sorgen. Aber die Rahmenbedingungen müssten stimmen: "Vermieter müssen Steuern zahlen und eine Tourismusabgabe abführen."

Leider gäbe es auch Trittbrettfahrer, die von dem Marketing und dem Image der Region profitieren. Grundsätzlich begrüße der Tourismusverband, wenn mehr Privatvermieter kämen und Werbung machten, indem sie ihre Unterkünfte in Katalogen veröffentlichen würden. Auch müssten sicherheitstechnische Bedenken wie die des Brandschutzes geregelt sein und die Qualität der Unterkunft stimmen. Würfleins Vorschlag: Airbnb-Vermieter sollten sich mit örtlichen Organisationen vernetzen und nicht nur eine "Social Community" bleiben.

Die Eichstätter Studentin Vanessa Born ist Teil dieser "Community". Die 24-Jährige ist versierte Airbnb-Nutzerin. Über die Plattform buchte sie unter anderem Unterkünfte in Berlin, Dublin, Neuseeland und Malaysia. Sie sieht in Airbnb die Möglichkeit, günstig zu reisen und die Kultur und das Leben der Menschen vor Ort kennenzulernen. "Man bekommt die besten untouristischen Geheimtipps der Stadt und, wenn man Glück hat, bekommt man sogar eine Stadtführung", schwärmt die Studentin.

Erst an Silvester habe sie in der Nähe von Edinburgh zwei Zimmer für insgesamt vier Personen gemietet, die auf der Webseite zunächst eher weniger einladend aussahen, sich aber als unerwarteter Glücksgriff erwiesen haben: Gemeinsam mit der Gastgeberin haben die Gäste gekocht und über ihre Reise gesprochen.

Allerdings ist man als Gast auch manchmal der Willkür der Gastgeber ausgesetzt: Eine Dame in London, die ihr ganzes Haus nur für Airbnb-Mieter nutze, habe einmal alle Pfannen und Töpfe weggenommen, da sie nicht gespült gewesen seien. "Für mich ist jede Airbnb-Erfahrung ein kleines Abenteuer. Man weiß nie, wo man landet", sagt Born.