Eichstätt
Arbeitermangel in Gottes Weinberg

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr des Seminars findet im Eichstätter Dom keine Priesterweihe statt

26.06.2013 | Stand 02.12.2020, 23:59 Uhr

Im kommenden Jahr feiert das Eichstätter Priesterseminar sein 450-jähriges Bestehen - als älteste Priesterausbildungsstätte nördlich der Alpen. Aus der Luft zeigen sich die Ausmaße des Komplexes neben der Schutzengelkirche. Am rechten Bildrand ist der Wohntrakt der Studenten. - Foto: Hager/Hoedt

Eichstätt (EK) Eigentlich wäre an diesem Samstag in Eichstätt Diakonenweihe: Doch heuer gibt es keinen Kandidaten. Das bedeutet auch, dass im nächsten Jahr die Priesterweihe ausfällt. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem das Priesterseminar 450 Jahre alt wird. Wie reagiert die Diözese auf diese Entwicklung

Zuletzt war im Bistum im Jahr 1999 die Priesterweihe ausgefallen, davor schon einmal in den 1970er Jahren. Langsam manifestiert sich also auch in Eichstätt der Priestermangel. Konnte Eichstätt lange Zeit – vor allem in der Amtszeit von Bischof Walter Mixa – eine deutschlandweit einmalig hohe Zahl an Priesteramtskandidaten vorweisen, verlieren sich nun auch hier die Eintritte ins Priesterseminar am Leonrodplatz. Die pastorale Versorgung im Gebiet der Diözese kann zwar derzeit noch aufrechterhalten werden, wie Generalvikar Isidor Vollnhals gegenüber unserer Zeitung betont. 277 Pfarreien werden derzeit von noch 250 Priestern betreut. Doch langsam erreichen die „starken Jahrgänge“ das Pensionsalter. „Wir bräuchten pro Jahr schon zwischen zwei und drei Neupriester, damit wir auf lange Sicht hinkommen.“ In der Diözesanstruktur sei noch ein wenig Luft. Will heißen: Pfarrzusammenlegungen, wie etwa in Eichstätt mit der Verschmelzung von Dom und St. Walburg oder ab Herbst die Betreuung von Buxheim und Eitensheim durch einen Pfarrer mit Kaplan, werden nun öfter kommen. „Wir müssen das aber behutsam machen“, meint Vollnhals.

Die Bistumsleitung überlegt gerade, wie die Versorgung mit Priestern neu geordnet werden kann. „Dabei konzentrieren wir uns natürlich auf die vor zehn Jahren errichteten Seelsorgeeinheiten.“ Die Einsicht, dass man nicht mehr nach den teilweise über Jahrhunderte gewachsenen Pfarrgrenzen arbeiten könne, sei aber im Kommen.

Die Problematik der größeren Pfarreien werde natürlich auch im Priesterseminar immer wieder thematisiert, erklärt Seminarregens Christoph Wölfle. Ein abschreckender Aspekt sei dabei für viele angehende Priester der wachsende Verwaltungsaufwand. „Aber ein Priester ist kein Eremit“, sagt Vollnhals. Wo man mit Menschen arbeite, „da gibt es einfach Verwaltungsarbeit mit dazu“. Man wolle von Eichstätt aus allerdings dazu beitragen, die Geistlichen bei bestimmten Aufgaben zu entlasten – etwa bei der Organisation von Kindergärten. Diese könnten, wie in Ingolstadt, durch eine gemeinnützige Gesellschaft betreut werden. Damit wären Priester und Kirchenverwaltung bei der oft zeit- und nervenraubenden betriebswirtschaftlichen Verwaltung und Personalführung außen vor.

Und wie sieht Regens Wölfle die Rolle des Zölibats? „Allein am Zölibat liegt der Rückgang der Zahlen nicht“, sagt der Seminarregens. Er spricht vielmehr von einem „Glaubensproblem“. Heute wohnen nur noch gut 20 junge Männer in der Hausgemeinschaft des Collegium Willibaldinum. Ob auch alle wirklich an den Weihealtar treten, ist offen. „Die Zahlen gehen zurück, zwar nicht in dramatischem Maße, aber kontinuierlich“, sagt Wölfle, der seit vier Jahren an der Spitze des Seminars steht. Man müsse gegensteuern, etwa durch ein verstärktes Augenmerk auf die Berufungspastoral. „Wir wollen vor Ort in den Pfarreien die jungen Menschen wieder sensibilisieren für die Frage nach ihrer eigenen Berufung“, so Wölfle.

Aber könnte nicht der Einsatz ausländischer Geistlicher das Problem lösen? Dass immer wieder Geistliche aus fremden Ländern die Arbeit in den Pfarreien übernehmen, liege an einem speziellen Förderprogramm, das Eichstätt aufgelegt hat. „Diese sollen die pastorale Arbeit in Deutschland kennenlernen und dann zurückgehen“, erklärt der Generalvikar. Man wolle diese nicht „als billige Arbeitskräfte missbrauchen“, betont Vollnhals. Ähnlich verhält es sich beispielsweise mit den Priestern, die im Collegium Orientale in Eichstätt tätig sind und in den Pfarreien zur Unterstützung eingesetzt werden – wie derzeit in Ochsenfeld oder in der Pfarrei Titting: Sie gehören der griechisch-katholischen Kirche an, die den Primat des Papstes anerkennt: Für viele Gläubige überraschend, dürfen sie im Gegensatz zu den römisch-katholischen Priestern heiraten, und wohnen deshalb auch mit ihren Familien in den Pfarrhäusern.

Im kommenden Jahr wird es dann noch bunter im Seminar. Studenten aus Ruanda, Burundi, Mostar, Leitmeritz, den Niederlanden und Polen „bereichern unsere Hausgemeinschaft“, sagt Wölfle. „Sie sollen den Blick über den Tellerrand hinaus weiten“, aber nicht auf Dauer bleiben.