Eichstätt
Gold, Diamanten und Geweihe

Naturalienkabinett der Eichstätter Fürsten hatte Weltrang Von Bomben vernichtet

16.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Der versteinerte 15 Zentimeter große "Homoeosaurus maximiliani" ist nach Maximilian, Herzog von Leuchtenberg, benannt. Er ist im Juramuseum ausgestellt.

Eichstätt (EK) Gold, Silber, Diamanten, Rubine, Fossilien, präparierte Tiere vom Krokodil über das Rehkitz bis zum bunten Papagei, Geweihe sowie Pflanzen aus allen Kontinenten dieser Erde. So lassen sich die Exponate einer der weltweit bedeutendsten naturkundlichen Sammlungen zusammenfassen: das Naturalienkabinett der Herzöge von Leuchtenberg in der Sommerresidenz im Eichstätter Hofgarten.

Es bestand von 1821 bis 1858, als der Abtransport nach München erfolgte.

Prinz Eugen, Herzog von Leuchtenberg und Fürst von Eichstätt (1781 bis 1824), war ein großer Jäger vor dem Herrn und Naturfreund. Er hatte im November 1817 aus der Hand seines Schwiegervaters, des Königs Maximilian I. Joseph, den unteren Teil des einstigen Fürstbistums Eichstätt erhalten. Ihm waren mehrere Gebiete zur Auswahl gestanden. Wie Biographen berichten, entschied er sich wegen der großen Wälder und der feinen Jagden für Eichstätt.

So ist es nur folgerichtig, dass Prinz Eugen ein naturkundliches Museum einrichtete und dabei die edelsten Stücke an die Altmühl brachte. Seine Söhne August (1810 bis 1835) und Maximilian (1817 bis 1852), die beide in jungen Jahren starben, setzten das Werk ihres Vaters fort. Nach dem Tod der Herzogswitwe, Königstochter Auguste Amalia (1788 bis 1851), und von Herzog Maximilian (1817 bis 1852) fielen im Jahr 1855 die herzoglichen Besitzungen an das Königreich, so auch das Naturalienkabinett.

Die meisten der kostbaren Schätze wurden 1858 nach München transportiert, wo rund 80 Prozent davon in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs vernichtet wurden. Eine weitere Katastrophe kam 1972 über die herzoglichen Sammelobjekte. Fritz Pfaffl berichtet in der Zeitschrift "Der Aufschluss" (1978): "In die Münchner Staatssammlung wurde eingebrochen, Vitrinen wurden aufgesprengt und unter anderem 61 sehr schöne, bis kopfgroße Kristallstufen gestohlen."

Mitte des 19. Jahrhunderts war einiges aus der Schau in Eichstätt geblieben, wurde von Professor Philipp Hoffmann erworben und wird heute im Keller des Priesterseminars für die Nachwelt bewahrt. Ein kleiner Teil der Kostbarkeiten war nach Schloss Seeon gekommen. Wenige Leuchtenberg-Stücke besitzt auch das Gabrieli-Gymnasium.

Die Schwester von Herzog August, Amelie Auguste (1812 bis 1873), hatte im Jahr 1829 Dom Pedro I., Kaiser von Brasilien, geheiratet. Sie sandte für das Naturalienkabinett ihrem Bruder kistenweise herrliche Sammelstücke. Nach dem Tod Herzog Augusts kam sein Bruder Maximilian an die Regierung, der die russische Großfürstin Maria Nikolajewna geheiratet hatte. Er war ein Naturfreund und Sammler und erwarb sich große Verdienste um den Bergbau in Russland. Bei seinen Inspektionsreisen zu den Edelsteinminen hortete er zahlreiche Objekte und verfrachtete sie nach Eichstätt; in Sankt Petersburg hatte er auch ein Museum eingerichtet. Zu seinen Ehren wurde ein Chlorit-Mineral "Leuchtenbergit" benannt.

Die Sommerresidenz war für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, bis am 20. April 1831 Herzog August im "Intelligenzblatt" bekannt gab: "Die naturhistorische Sammlung, die auf einer hohen Stufe vom Glanz und Reichtum der besonderen Natur-Erzeugnisse kündet, wird nun einmal in der Woche, nämlich freitags in den Nachmittagsstunden für das hiesige Publikum, für Fremde nach Anfrage, geöffnet werden." Ab August 1850 war das Kabinett für Auswärtige jeden Tag von 9 bis 12 Uhr, für Einheimische während der Sommermonate von 14 bis 16 Uhr kostenlos zu besichtigen.

Am 16. Januar 1847 war nachts im Naturalienkabinett ein Brand ausgebrochen, der rasch gelöscht werden konnte. Der Verlust an Exponaten wurde als gering bezeichnet, der Schaden mit 400 Gulden angegeben. Umfangreiche Quellen- und Literaturangaben zum Naturalienkabinett finden sich im Buch von Dr. Leo Hintermayr: "Das Fürstentum Eichstätt der Herzöge von Leuchtenberg 1817-1833".

Der Bestand des Naturalienkabinetts wuchs rasch an, und so stellte Herzog Maximilian 1844 einen Konservator und zwei Gehilfen an. Die Wahl fiel auf Dr. Ludwig Frischmann, der Professor für Naturgeschichte am Bischöflichen Lyzeum Eichstätt war. Eine Beschreibung der Sammlung ist Dr. August Emanuel Fürnrohr aus Regensburg zu verdanken. Er war bei einem Besuch vom Umfang des Naturalienkabinetts völlig überrascht und notierte: "Gegen 10 000 Stücke, zum Teil der seltensten Mineralien, Einzelkristalle, Kristalldrusen und Stufen sind in geräumigen Glaskästen zur Schau gestellt." 1852 hatte Herzog Maximilian rund 7000 Exponate von Professor Dr. Johann Nepomuk Ringseis (München) gekauft, womit seine Eichstätter Einrichtung etwa 17 000 Nummern umfasste.

Die Einrichtung hatte größten Ruhm in der gesamten wissenschaftlichen Welt. Konservator Frischmann war gerade dabei, die Ringseis-Stücke auszupacken und zu katalogisieren, als die Nachricht vom plötzlichen Tod des Herzogs Maximilian in der Residenzstadt Eichstätt eintraf. Damit war das Schicksal der Sammlung besiegelt.