Dollnstein
Die Firma mit dem "Oskar"

Ratiotherm aus Dollnstein geht neue Wege bei der Energiegewinnung

27.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:06 Uhr

 

Dollnstein (EK) Öl, Gas, Holz, Solar, Wind? Wie sieht der Energieträger der Zukunft aus? Eine Firma in Dollnstein glaubt das zu wissen. Mehr als das: Die Firma Ratiotherm ist überzeugt, einen wichtigen Technologieschlüssel in Händen zu halten – und setzt dabei auf bisher weitgehend unerschlossene Quellen.

Alfons Kruck hat Ratiotherm 1991 gegründet. 1995 kam es zur Umstrukturierung in eine GmbH & Co. KG; zwei weitere Gesellschafter wurden aufgenommen: die Diplom-Ingenieure Alexander Weidinger und Anton Fellner. Das Unternehmen spezialisierte sich zunächst auf die Speicherung von Warmwasser; Herzstück ist hier der Schichtspeicher „Oskar“. Den gibt es in verschiedenen standardisierten Größen, doch auch Sonderanfertigungen bestückt das Unternehmen mit seiner Technik. Die Ausgangslage ist die Tatsache, dass Wasser ein schlechter Wärmeleiter, jedoch ein hervorragender Wärmespeicher ist. Außerdem hat H2O je nach Temperatur ein unterschiedliches Gewicht, sodass sich eine Wassersäule in Schichten gliedern lässt – von heiß bis kalt. Je nach Bedarf lässt sich jede Schicht einzeln abrufen: heißes Wasser zum Duschen, kühles zum Händewaschen, warmes für die Heizung.

„Wärme intelligent genutzt“ lautet das Motto des Unternehmens, dessen Namen bewusst gewählt wurde: Ratio steht für Vernunft, Therm für das griechischen „termós“, also für Wärme. „Wir sind technologisch führend für die gute thermische Batterie“, stellt Alexander Weidinger selbstbewusst fest. Schließlich gibt es Handelsstützpunkte in Süd-, West- und Osteuropa. Die Referenzliste ist lang. So lieferte Ratiotherm auch das Innenleben für den größten saisonalen Speicher: Der steht beim „Ackermannbogen“ im Schatten des Münchner Olympiaturms. Der mächtige Betonbehälter hat einen Durchmesser von 20 Metern und ist 15 Meter hoch. Sein Fassungsvermögen liegt bei 6000 Kubikmeter. Damit wird eine komplette Wohnanlage versorgt.

Die Dollnsteiner Firma war ferner dabei, als es um den Bau der größten Solartechnischen Anlage in Deutschland ging. Im Baugebiet Hirtenwiesen in Crailsheim galt es, eine Neubausiedlung und ein Schulzentrum mit Wärme zu versorgen. Auch ein riesiges Gewächshaus in Holland setzte auf Technik aus Dollnstein; dieser Speicher hat ein Fassungsvermögen von 300 000 Litern.

Dabei steht bei Ratiotherm der Systemgedanke im Vordergrund: alles aus einer Hand. „Der, der um die hydraulischen Ströme Bescheid weiß, muss sich auch um die Elektronik kümmern“, betont Weidinger. Deshalb hat das Unternehmen eine eigene zentrale Steuerungstechnik und die dazugehörige Software entwickelt. Nur Behälter, die mehr als 8000 Liter fassen, lässt Ratiotherm herstellen. Bei den Großprojekten wäre etwas anderes sowieso nicht denkbar: Ab einer bestimmten Dimension sind die Speicher aus Beton und innen mit Stahl verkleidet.

Intensiv ist die Zusammenarbeit mit Hochschulen, darunter mit der Technischen Hochschule im eidgenössischen Rapperswil, wo solarthermische Anlagen vermessen werden können, oder mit der Fachhochschule Ingolstadt.

Seit einigen Jahren setzt das Unternehmen, das derzeit rund 25 Mitarbeiter beschäftigt, auf ein zweites Standbein: Wärmepumpen. „Für die Zukunft ist die verbrennungslose Energieversorgung eine sehr wichtige Säule“, ist Alfons Kruck sicher. „Da geht die Reise hin.“ Und da habe er wiederum einen deutlichen Trend ausgemacht: „Hin zur Luftmaschine.“ 2008 ist das Unternehmen in die Fertigung von Wärmepumpen eingestiegen. Der Kniff dabei ist, die bewährte Luftwärmepumpe mit Sonnenkollektoren zu verbinden. Die Kollektoren wärmen das Wasser an, bevor die Wärmepumpe es endgültig auf das gewünschte Temperaturniveau bringt. Das spart Energie. „Auch an bewölkten Tagen kann ,kalte’ Kollektorenergie über die Wärmepumpe ins Heizsystem gelangen“, erklärt Kruck. „Die Energie ist da, nur war sie bisher ungenutzt. Das solare Potenzial ist aber groß.“ Was sich einfacher anhört, als es technisch umsetzbar ist.

Derzeit beteiligt sich Ratiotherm an einem von der EU geförderten Projekt mit dem Ziel, den Wirkungsgrad von Wärmepumpen um 25 Prozent hochzuschrauben. Ratiotherm ist einer von vier Industriepartnern und kooperiert dabei mit dem schwedischen Centrum för Solenergiforskning. Start war Anfang 2012.

Die Herausforderung ist hoch, aber Kruck ist überzeugt: „Das geht.“ Er und seine Partner haben das Konzept bereits erarbeitet. Die Hochschule entwickelte ein Simulationsprogramm, dessen Ergebnisse außerordentlich positiv waren. Jetzt wird Ratiotherm einen Prototyp bauen, um zu sehen, ob sich das Konzept auch in der Praxis bewährt. Den Dreh der neuen Technik will Kruck verständlicherweise noch nicht verraten, doch immerhin so viel: „Wir entwickeln eine neue solare Komponente in der Verdampfung und die wird noch effektiver sein als bisher.“