Dollnstein
Schon von Wolfram von Eschenbach erwähnt

03.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:42 Uhr

Der Hofstaat im Jahr 1952 mit Prinzenpaar Fritz Ruder und Liesl Wenger.

Wenn die Dollnsteiner Garde ihr 20-jähriges Bestehen feiert, ist das Anlass, auf die Geschichte des Faschings dort zurückzublicken. Denn es dürfte wohl kaum eine Gemeinde geben, deren Faschingswurzeln bis ins 13. Jahrhundert belegt sind.

Dollnstein (EK) Führende deutsche Fastnachtsforscher, wie beispielsweise Werner Mezger, sind sich inzwischen einig, dass der älteste sprachliche Nachweis für das Wort "Fastnacht", der bisher im Deutschen gefunden werden konnte, wohl mit dem Erscheinen des Minnesängers Wolfram von Eschenbach in Dollnstein zusammenhängt.

Mezger schreibt in seinem 1991 veröffentlichten Werk "Narrenidee und Fastnachtsbrauch": "( ...) Zumindest lässt der älteste bekannte Beleg für das Wort ,Fastnacht' im Deutschen einen derartigen Schluss zu, weil an der betreffenden, vermutlich um 1206 entstandenen Stelle aus Wolframs ,Parzival' von einem komischen Wettkampf die Rede ist, den die "koufwip zu Tolenstein" ausgetragen haben sollen."

Die Marktgemeinde Dollnstein reklamiert deshalb für sich, Wiege des deutschen Karnevals im Allgemeinen und der Weiberfastnacht im Besonderen zu sein. So ist es auf vielen Internetportalen, die sich mit der Historie der Fasenacht beschäftigen, zu lesen.

Es war offensichtlich zu Beginn des 13. Jahrhunderts an einzelnen Orten schon üblich, publikumswirksame Wettbewerbe zu inszenieren. Im Dollnsteiner Fall handelte es sich wohl um eine Art Kampfspiel, das Frauen aus der Kaufmannschaft austrugen und das sehr wahrscheinlich recht groteske Formen hatte. Im Jahre 2006 anlässlich der 800. Wiederkehr des Schriftstückes sowie zur 1000-Jahr-Feier anno 2007 wurde ein selbst inszeniertes Spiel "Die lustigen Weiber von Tollunstein" im Gegg-Hof mit großem Erfolg aufgeführt.

Den Dollnsteinern scheint der Fasching wohl in die Wiege gelegt worden zu sein. Dass der Dollnsteiner Fasching keine Errungenschaft der neueren Zeit ist, belegen die Aussagen älterer und längst verstorbener Faschingsnarren. So erinnerte sich Rudi Rehm (Maler), dass es bereits vor dem Ersten Weltkrieg Faschingsumzüge gab, an denen ein Vertreter eines jeden Hauses teilnahm, sei es mit Leiterwagen oder sonstigem Gefährt.

Am 26. Januar 1919 fand ein großes "Kriegs-Heimkehrer-Fest" statt. Im anschließenden ersten Fasching nach dem Ersten Weltkrieg schlugen die Wellen der Ausgelassenheit besonders hoch. Zumindest berichtet dies der alles andere als faschingsbegeisterte Ortsgeistliche Pöhnlein. Dass er deshalb schelmische Streiche der Maschkerer zu ertragen hatte, versteht sich von selbst.

Ab dem Jahre 1947 wird in den Protokollbüchern der Vereine erstmals wieder von der Abhaltung von Faschingsbällen berichtet. Geprägt war der Dollnsteiner Fasching in den 50er-Jahren von festlichen und glanzvollen Abendbällen, zu denen die Besucher in eleganten Abendkleidern und im Smoking erschienen sind. In der Zeit von 1950 bis 1955 gab es jeweils ein Prinzenpaar, teilweise sogar mit komplettem Hofstaat. Gardetrainerin war in dieser Zeit Ingeborg Bernecker, die Frau des damaligen Dorfschullehrers und Kirchenchordirigenten Wendelin Bernecker.

Die Faschingsumzüge müssen die Massen mobilisiert haben, denn einem Bericht im EICHSTÄTTER KURIER aus dem Jahre 1953 ist zu entnehmen, dass die Gäste aus den umliegenden Orten und Städten regelrecht gepilgert sind, um den Umzug mitzuerleben. Es wurden sogar Sonderzüge aus Treuchtlingen, Rennertshofen und Eichstätt eingesetzt. Aber nicht nur das einfache Volk gab sich in Dollnstein ein Stelldichein. So war Landrat Pappenberger ein häufiger Gast, ebenso wie der stellvertretende Landrat und Künstler Carl Otto (C. O.) Müller aus Kipfenberg.

Die Prinzenpaare hatten auch stets ausgefallene, jedoch stark ortsbezogene Namen. So übernahmen im Jahre 1951 Prinz "Tollo" (Andreas Rumpf) und Prinzessin "Petta von Tollenstein" (Lore Raithel) die Regentschaft, die laut dem Chronisten des Liederkranzes, Hans Bittl, vom Volk begeistert gefeiert wurden.

Nicht minder galant und namensnett war das Prinzenpaar aus dem Jahre 1953: Prinz Otto I. aus dem Rehmschen Reich (Otto Rehm) sowie Prinzessin Rosalinde von Tollstanien (Rosi Rehm). Im Jahre 1954 regierten dann Prinz Herrmann (Hermann Breibeck) und ihre Lieblichkeit, Prinzessin Marionetta (Maria Klaußner). Im Jahre 1955 regierte das Prinzenpaar Angela Bittl und Erwin Wenninger.

In den 50er-Jahren entstand auch die Tradition des Kehraus, jener Schlussveranstaltung des Faschings, bei der der letzte Dollnsteiner Maschkerer der Saison begraben wurde. Diese Tradition, ins Leben gerufen von Liederkranz-Vorstand Karl Ziller, wurde von Hans Bittl sen. übernommen und wird bis heute von seinem Sohn Erich A. Bittl weiter gepflegt.

Danach wurde es ruhig um den Dollnsteiner Fasching. Dies bekam auch eine weitere Attraktion des Dollnsteiner Faschings, der "Linker-Rechter-Lauf" zu spüren. Dieser Brauch, bei dem Kinder lautstark "Linker-Rechter, Saubua schlechter, eins - zwei - drei" rufen und mit Süßigkeiten beschenkt werden, gehört wohl zu den ältesten des Landkreises. Teilweise zog nur ein einziger Linker-Rechter (1963) durch die Straßen.

Nachdem Faschingsumzüge in den 70er-Jahren wieder ins Leben gerufen wurden, der berühmte Gläserne Zug aus München jedes Jahr am Faschingssonntag Gäste nach Dollnstein zu einem ausgelassenen Faschingstreiben nach Dollnstein brachte, formierte sich im Jahre 1979 nach über 20-jähriger Pause unter der Leitung von Johanna Bittl wieder eine Garde. Der EK titelte damals: "DJK feierte begeistert die Dollnsteiner Garde." Als sich im Jahre 1980 eine Tänzerin verletzte, wurde kurzerhand ein Junge ins Ballett eingebaut: Thomas Bittl, Sohn der Gardetrainerin, wurde in die fesche Uniform gesteckt und wurde so unversehens erstes männliches Gardemitglied.

1989 und 1990 gab es unter Leitung von Alexandra Häring und Carola Renn erneut Garden, jedoch kam es durch die Absage des Faschings im Jahre 1991 wegen des Golfkriegs zu einem Bruch.

Erst im Jahre 1996 herrschte wieder Aufbruchstimmung. Nachdem sich eine rührige Faschingsgesellschaft konstituiert hatte, formierte sich unter Leitung von Michaela Sigl-Weidenhiller die "neuzeitliche" Garde. Ein Auftritt am 27. Januar 1997 bei einer privaten Geburtstagsfeier im Dollnsteiner Laurentiushaus läutete eine neue Ära ein, die bis heute kontinuierlich Bestand hat. Sukzessive haben sich die Garden in den kommenden Jahren weiterentwickelt. Aufgrund vieler Anfragen wurden in den Folgejahren vonseiten der Garde, die als Sparte in die DJK Dollnstein eingruppiert wurde, Angebote für jüngere, tanzbegeisterte Mädchen und Teens unterbreitet. Spartenleiterin ist Helga Liepold.

Im Jubiläumsjahr 2017 sind 44 Tänzerinnen und 18 Tänzer in drei Garden aktiv, der großen, Jugend- und Kindergarde. Daran sieht man, welche Anziehungs- und Zugkraft der Fasching in der Altmühltalgemeinde nach wie vor besitzt. Dass dafür eine enorme Zahl an Betreuern und Helfern rund um die Garden nötig ist, versteht sich von selbst.

Ach ja, fast wär's vergessen worden: Die Dollnsteiner Marktfrauen besinnen sich auch heute noch jedes Jahr ihres literarischen Vorbildes bei Wolfram von Eschenbach. Am Faschingsdienstag wird am Tafernplatz um den Marktfrauenbrunnen, der der Karolina Kunigunde (in Anlehnung an den Schöpfer des Brunnens, Altbürgermeister Karl Wagner) gewidmet ist, ausgelassen getanzt. Dies jährt sich heuer zum 25. Mal.