Arnsberg
"Gefahr im Verzug"

Bauhof soll Mountainbikestrecke im Arnsberger Wald abreißen – Biker wollen legalen Downhilltrail

06.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:36 Uhr

 

Arnsberg (EK) Lang ist er nicht, vielleicht fünf Minuten brauchen die Mountainbiker, um sich den steilen Pfad hinabzustürzen. Mit dem kurzen Trail entlang des Hangs auf einem ehemaligen Wanderweg zwischen dem Arnsberger Schloss und der Ortschaft haben sich die Biker ein eigenes, kleines Paradies errichtet. Für die Downhiller und Freerider unter ihnen steht sogar eine etwa 170 Zentimeter hohe Rampe aus Holzbrettern bereit, weitere Schanzen sind aus dem Boden ausgehoben. Die sollen nun allesamt entfernt werden.

Vor ungefähr zwei Jahren kamen die ersten Biker in den Arnsberger Wald, fortan wurde die Strecke immer weiter ausgebaut – das Ganze ohne Genehmigung. Die meisten Biker kommen aus dem Eichstätter und Ingolstädter Raum. Foren wie die Internet Bike Community (IBC) haben letztendlich dafür gesorgt, dass die Strecke immer bekannter wurde. Schätzungsweise um die 20 Downhiller kommen inzwischen an einem schönen Wochenendtag.

„Das hat ein Maß angenommen, das nicht mehr tragbar ist“, meint der Pächter der Arnsberger Jagd, Gerhard Eidkum aus Irgertsheim. Er beklagt die fehlende Ruhe im Wald. Der Fressrhythmus der Tiere, die in der Dämmerung auf Jagd gehen, werde durch die Begegnung mit den Bikern gestört. Die würden die ganze Nacht durchfahren. „Purer Stress“ sei das für das Wild. Es würde dann abwandern oder sogar krank werden. Es reiche schon, dass fernab der ausgezeichneten Wege quer durch den Wald auf Pferden geritten, gejoggt und mit Hunden spazieren gegangen wird. Da bräuchte man nicht auch noch Biker, die einfach irgendwo ohne Genehmigung Sprungschanzen errichten. Mit diesen Bedenken hat sich der Jagdpächter bei der diesjährigen Versammlung der Jagdgenossen an den Bürgermeister Christian Wagner gewandt. Die Gemeinde ist Eigentümer des Waldstücks, durch den der Trail führt, nur ein kleiner Teil der Strecke liegt im Staatswald.

Nach einer Ortsbegehung beschloss der Bürgermeister, die Schanzen vom Bauhof abreißen zu lassen. Grundsätzlich habe er nichts gegen Mountainbiken im Wald, sagt er. Die Gemeinde nehme schließlich schon seit Jahren am „Day of Bike“ des Radfahrervereins Wettstetten teil. Einige Wegbefestigungen beim Arnsberger Mountainbiketrail, die jetzt den Bikern zugutekommen, stammten sogar noch von da, vermutet Wagner. Doch bei den Schanzen sieht der Bürgermeister „Gefahr im Verzug“. Wenn den Bikern etwas auf den selbst gebauten Schanzen zustoße, würden sie womöglich länger verletzt im Wald liegen. Für Rettungskräfte sei die Strecke zudem nur sehr schwer zugänglich. Auch für Spaziergänger sei es sehr gefährlich. Die Biker würden sie von oben kommend gar nicht schnell genug sehen können, um rechtzeitig abzubremsen.

Den Plänen der Gemeinde, einfach alle Schanzen wegzureißen, stehen die Biker natürlich sehr kritisch gegenüber. „Das bringt gar nichts, der kleinste Teil der Mountainbiker fährt über die Schanzen“, argumentiert ein Downhiller aus Arnsberg. Ebenso würden auch die Fußgänger und Reiter weiterhin den Pfad nutzen. Den Vorwurf, dass sie auch noch bei Dunkelheit fahren, weisen die Biker zurück. Höchstens im Winter könne es mal sein, dass noch jemand um 6 oder 7 Uhr unterwegs ist. Probleme mit Jägern kennt ein Zucheringer Downhiller schon länger. Er wollte mit Freunden in Zuchering ein paar Rampen errichten. Aber schon beim Bau der ersten Schanzen sei es zur Diskussion mit einem Jäger gekommen. Er könne zwar die Bedenken der Jäger gut nachvollziehen, aber die Lust zu biken, bestehe immer noch. So haben sie sich schließlich entschieden, in Arnsberg an der Strecke mitzubauen.

Bis vor Kurzem habe es mit den Jägern noch keinen Zwist gegeben, auch von Spaziergängern haben sie oft positive Rückmeldungen erhalten: „In Zuchering hatten viele Leute ein Problem mit uns Bikern, hier fanden es aber eigentlich alle super, was wir machen.“ Ein anderes Bild zeichnet da ein Biker aus Arnsberg: Vor allem Spaziergänger mit Hunden würden sich von den Bikern belästigt fühlen. Das gelte aber auch umgekehrt: „Die blockieren mit ihren Hunden die ganze Straße.“ Er selbst würde dann abbremsen und stehen bleiben, andere Mountainbiker würden die Spaziergänger aber bewusst provozieren, indem sie einfach schnell seitlich an ihnen vorbeirattern. Der Konflikt beruhe also auf Gegenseitigkeit.

Einstimmig zeigen sich die Downhiller hingegen, was den Wunsch, die Schanzen im Arnsberger Wald zu erhalten, angeht. Schließlich gibt es in der Region für sie keine Möglichkeit, legal ihren Sport zu betreiben. Der Weg in die nächsten Bikeparks ist für sie an Wochentagen zu weit: „Wir haben keine Zeit, 100 Kilometer irgendwohin zu fahren. Bevor es dunkel ist, haben wir dann vielleicht noch eine Stunde.“ Einige Biker sind zudem noch minderjährig und haben keinen Führschein. Das Argument vieler, dass es in der Gegend doch ausreichend Mountainbikestrecken gebe, entkräftet ein Downhiller so: „Mountainbiken ist nicht Downhill oder Freeride, die Strecken sind nichts für uns.“ Da könne man genauso einen Rennradfahrer sagen, er soll auf dem Radlweg fahren. Dessen Fahrrad sei aber für richtige Straßen ausgelegt.

Wenn die Strecke in Arnsberg abgerissen wird, wollen die Biker einfach an anderen Stellen Schanzen aufbauen. Ihr Wunsch: eine offizielle Downhill-Strecke in der Region. Hohe Ansprüche haben die Downhiller immerhin nicht, eine perfekte Strecke beschreibt ein Biker so: „Lang genug, viel Dreck und bergab soll es gehen. Und natürlich ein paar geile Sprünge.“

Bürgermeister Christian Wagner zeigt Verständnis dafür: „Wenn die Nachfrage besteht, wäre vielleicht wirklich ein Gesamtkonzept über den Naturpark Altmühltal nicht schlecht“, erklärt er.