Irfersdorf
Zu Besuch im Rechtlerwald

Winterwanderung der Naturschützer: Jede Menge Informationen über die Zukunft des Forstes

22.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr
Jede Menge Informationen hat Georg Dütsch (2. von links) für die Teilnehmer der Bund-Naturschutz-Winterwanderung bei Irfersdorf parat gehabt. Auf Einladung der Beilngrieser Ortsgruppe im Bund Naturschutz ging es in den Rechtlerwald. −Foto: Patzelt

Irfersdorf (DK) Leichter Schneefall, Temperaturen knapp über dem Nullpunkt und ein herrlicher Winterwunderwald - genau dieses Ambiente hat heuer der Beilngrieser Bund Naturschutz mit seinem Leiter Hubert Stockmeier bei der Winterwanderung durch den Irfersdorfer Rechtlerwald vorgefunden.

Unter der fachmännischen Führung des Försters Georg Dütsch starteten die Naturfreunde ihre Tour durch den Vorzeigewald, wo sie so einige Beispiele vorbildlicher Waldwirtschaft vorfinden sollten. Stark war auch die Beteiligung interessierter Frauen an der Winterwanderung. Mit sieben Teilnehmerinnen standen sie den neun Männern kaum nach. Dütsch freute sich, mit Johann Karl auch den Rechtlervorstand begrüßen zu dürfen. Auch dessen Vorgänger an der Spitze der Irfersdorfer Rechtler, Anton Merkl, hatte seine Wanderschuhe geschnürt.

"Was ist eigentlich ein Rechtlerwald?" Dies wollte gleich zu Beginn der Wandertour eine interessierte Dame wissen. Dütsch antwortete, dass diese Wälder in unserem Raum eine Besonderheit darstellen und durchaus als "Relikte vergangener Jahrhunderte" bezeichnet werden können. "Die Rechtler haben aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemarkung das Recht, Grundstücke, die im Besitz der Gemeinde sind, zu nutzen", erläuterte der Förster aus Biberbach weiter. Das Recht verfällt allerdings, wenn es über eine bestimmte Zeit nicht ausgeübt wird. Auch gebe es bei manchen Rechtlern immer wieder Bestrebungen, die Rechtlerwälder aufzuteilen. "Ein bestimmter Flächenanteil geht an die Gemeinde, den Rest bekommen die ehemaligen Rechtler als parzelliertes Eigentum", so Dütsch.

Dass dies in Irfersdorf nicht der Fall ist, zeugt laut dem Förster von einer sehr intakten Dorfgemeinschaft. "Hier denkt keiner an eine Auflösung - es wird stocksolide gearbeitet und bewirtschaftet", sprach Dütsch den Rechtlern ein dickes Lob aus. Im Rechtlerwald werden alle Kriterien für das internationale Waldzertifizierungsprogramm PEFC erfüllt, was durch ein besonderes Zertifikat bestätigt wurde (wir berichteten) .

Als ein entscheidendes Kriterium nannte Dütsch die Artenvielfalt beim Baumbestand, um nicht zuletzt auf Klimaveränderungen vorbereitet zu sein. Wer als Waldbesitzer beispielsweise nur auf Fichten setze, könne irgendwann vor großen Problemen stehen. Der Förster hatte auch einige Zahlen über den zertifizierten Vorzeigewald parat. Die Forstbetriebsfläche für die 50 Rechtler beträgt 156,2 Hektar. An Holzvorrat nannte der Forstexperte rund 52 000 Festmeter, an jährlichem Holzzuwachs zwischen zehn und zwölf Festmeter pro Hektar und den jährlichen Einschlag bezifferte Dütsch auf 1800 Festmeter, was 11,50 Festmeter pro Hektar entspricht. Der Wald besteht zu 85 Prozent aus Nadelholz und der Rest ist Laubholz.

Beim Schlendern durch den Rechtlerwald wurden bei Anton Merkl so manche Erinnerungen an seine Kindheit wach. "Wenn wir nach der Schule rausgingen, waren immer Leute am Arbeiten. Die Bäume hat man noch mit der Handsäge geschnitten. Gearbeitet wurde bis spät in den Abend hinein. Dann galt es, die Arbeitsgeräte zu verstecken, damit man sie nicht mit nach Hause nehmen musste und man am anderen Tag wieder weitermachen konnte", so der frühere Rechtlervorstand. Er erinnerte sich auch daran, dass der Vorstand vor Arbeitsbeginn stets verlangte, dass gebetet wurde und es am Abend am offenen Feuer Stockbrot und Grillwürste gab.

Ein weiterer Exkursionspunkt war für die Wanderer das fliegende Saatbeet. "Hier wurden Buchen ausgesät und dann einige Jahre im Wald verpflanzt", informierte Dütsch. Den Samen, der aus dem bayerischen Jura stammt, haben die Rechtler von den Bayerischen Staatsforsten gekauft. Die Rechtler hoffen, dass 95 Prozent der Pflanzen auch anwachsen. "Dann heißt es nur noch 80 bis 140 Jahre warten, bis die Buchen geschlagen werden können", merkte Dütsch mit einem Augenzwinkern an.

Apropos Buche - auch hier hat der Irfersdorfer Rechtlerwald etwas ganz Besonderes zu bieten. Imposant und malerisch fügt sich "die alte Tante", wie sie Dütsch liebevoll nennt, in die Waldlandschaft ein. Die zwischen 200 und 250 Jahre alte Buche hat sogar noch eine Schwester an ihrer Seite, was der Baumriesin noch mehr Ausdruck verleiht. "Es ist gut möglich, dass es mal eine Hutebuche war", sinnierte Dütsch. Die Hutebuche ist ein im Zusammenhang mit intensiver Beweidung entstandener Baum, zu dem das Vieh getrieben wurde, um dort Futter zu suchen, insbesondere Schweine wegen der Bucheckern. "Hutebäume haben einen großen Stammumfang, eine ausladende Krone und in der Regel ein hohes Alter", so der Forstexperte. Vorbei an abgebrochenen Fichten, in denen Buntspechte Unterschlupf gefunden haben, einigen Harvester-Einschlags- und Waldumbauflächen führte die erholsame und zugleich äußerst lehrreiche Wanderung wieder zurück zum Ausgangspunkt.

ALTE VIEHTRÄNKE

Bei ihrer Winterwanderung durch den Irfersdorfer Rechtlerwald haben die Teilnehmer auch ein besonderes Biotop passiert. Vor rund vier Jahren ließen die Rechtler eine ehemalige natürliche Viehtränke wieder instand setzen. Mit einem Bagger legten sie eine verlandete Senke wieder frei. "Als die Kostenübernahme durch die Untere Naturschutzbehörde geklärt war, konnten die Arbeiten beginnen", informierte Georg Dütsch.

"Bereits vor 200 Jahren und vielleicht auch vorher schon sind die Hüter im Sommer vom Dorf hierher gekommen, um ihr Vieh zu tränken", wusste auch Anton Merkl zu berichten. Der frühere Rechtlervorstand und Jäger hatte hartnäckig dafür gekämpft, dass der kleine See wieder hergestellt wird. "Der See sollte einfach wieder so werden, wie in alten Zeiten - mit sauberem Wasser und keine Schlammgrube. Und bei einem Waldbrand, den sich natürlich niemand wünscht, könnte er sogar als Wasserentnahmestelle dienen", erläuterte Merkl. | pa