Riedenburg
"Es muss mehr Information fließen"

FW-Sprecher Harald Uhl wird auch in drei Jahren wieder für den Stadtrat kandidieren

23.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:53 Uhr

Sachlich und unaufgeregt: So wollen die Freien Wähler mit ihrem Sprecher Harald Uhl die zweite Hälfte der Amtszeit angehen und ihren Beitrag zur Weiterentwicklung der Kommune leisten. - Foto: Hradetzky

Dietfurt (DK) Personell verstärkt sind die Freien Wähler vor drei Jahren in die neue Amtszeit des Dietfurter Stadtrats gestartet. Zusammen mit der SPD ist es ihnen sogar gelungen, die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat zu kippen. FW-Sprecher Harald Uhl zieht Bilanz der ersten Halbzeit.

Herr Uhl, Sie sind seit sechs Jahren Sprecher der Fraktion der Freien Wähler. FW  ist es zusammen mit der SPD zum ersten Mal gelungen,  die absolute Mehrheit der CSU-CWU-Fraktion zu beenden. Haben Sie damit gerechnet?   Wie erklären Sie sich das  Wählerverhalten? Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die CSU nach 24 Jahren auch den Bürgermeisterposten verloren hat?

Harald Uhl: Diese Punkte hängen alle zusammen. Der Wähler hat die erfahrenste Kandidatin zur Bürgermeisterin gemacht, Frau Braun war vorher stellvertretende Landrätin und Kreisvorsitzende ihrer Partei, sie hatte objektiv die größte kommunalpolitische Erfahrung der drei Kandidaten. Ihre vielen persönlichen Stimmen bei der Stadtratswahl ermöglichten einen vierten SPD-Stadtrat. Auch wir konnten sieben statt sechs Stadtratsmandate erringen. Unsere kontinuierliche sachbezogene Politik hat also Früchte getragen. Wenn die CSU nicht den Bürgermeisterposten erringt, habe ich mit dieser Änderung der Mehrheitsverhältnisse auch gerechnet.  

 

Wie bewerten Sie die Arbeit von und die Zusammenarbeit mit der neuen Rathauschefin Carolin Braun? Was hat sich geändert?

Uhl: Nicht nur der Stil der Bürgermeisterin ist ein anderer als früher, auch die Aufteilung der stellvertretenden Bürgermeisterposten unter den beiden übrigen Fraktionen und eben die neuen Mehrheitsverhältnisse machen alles viel offener. Es muss mehr Information fließen. Mehrheiten müssen durch Überzeugung erst gewonnen werden. Natürlich bin ich auch mit der jetzigen Bürgermeisterin nicht immer einer Meinung. Das Klima in der Fraktionssprecherbesprechung - hier nehmen die Fraktionssprecher und die drei Bürgermeister teil - ist jedoch um ein Vielfaches besser als früher.

 

Wie ist das Klima im Stadtrat, wie die Zusammenarbeit?

Uhl: Wie oben schon ausgeführt ist das Klima zwischen den Fraktionsspitzen hervorragend. Ebenso die Zusammenarbeit mit den meisten Stadträten fraktionsübergreifend. Die meisten Entscheidungen werden von breiten Mehrheiten getragen.

 

Die Freien Wähler treffen sich vor fast jeder Stadtratssitzung zu einer öffentlichen Fraktionssitzung. Hat diese Bürgernähe sich  bewährt?

Uhl: Die Meinung der Bürger ist uns überaus wichtig. Bei bestimmten Themen kommen mehr Interessierte, bei anderen Themen merkt man, dass das Interesse nicht groß ist. Wir nehmen hier selbstverständlich Anregungen in unsere Arbeit mit.

 

Zehn Punkte umfassten die Leitlinien der Freien Wähler mit ihrem Bürgermeisterkandidaten Bernd Mayr.  Vieles davon - Stichwort DSL und Jugendparlament  -  ist schon umgesetzt worden oder zumindest zum Laufen gebracht worden, zum Beispiel die Ausweisung neuer Bauparzellen. Wo sehen Sie noch Defizite, wo ist noch Nachholbedarf?

Uhl: Naja, bei den Bauplätzen können wir noch immer nicht alle Interessen befriedigen. Hier wäre mittelfristig schon auch über ein größeres Gebiet nachzudenken. Die Parksituation in der Innenstadt ist auch noch immer unbefriedigend. Mit der Parküberwachung ist ein erster kleiner Schritt gemacht worden, aber das reicht nicht. Damit zusammen hängt natürlich auch die Wohnqualität in der Innenstadt. Optisch ist die Innenstadt verschönert, verkehrstechnisch ist noch vieles im Argen. Erst wenn man das löst, wird man auch die Leerstände reduzieren können. Mit der Sanierung von Straßen hängen wir gewaltig hinterher. Auch die Prioritätenliste, die ein Ingenieurbüro derzeit erstellt, liegt uns immer noch nicht vor.

 

Wie könnte man dem  Leerstand  in der Altstadt entgegenwirken?

Uhl: Für eine bessere Wohnqualität können wir als Politiker versuchen, die Weichen zu stellen. Hinsichtlich der Geschäfte geht es nicht ohne den mündigen Bürger, der die örtlichen Geschäfte auch annimmt, und seine Waren nicht für ein paar Euro weniger im Internet bestellt. Es bedeutet ein ganzes Stück Lebensqualität, am Ort noch handwerkliche Bäcker und Metzger zu haben.

 

Um die Hochwasserfreilegung ist es recht ruhig geworden. Ist eine Lösung überhaupt möglich? Wie könnte man dieses Problem angehen?

Uhl: Das ist das größte Problem der nächsten Jahre. Momentan ist das Wasserwirtschaftsamt am Zug und von dem hören wir im Moment nichts. Die Hochwasserfreilegung ist für uns tatsächlich ein ganz wichtiges Thema. Wir haben von Anfang an der Aussagekraft der vom Wasserwirtschaftsamt postulierten Zahlen gezweifelt. Wir haben als Fraktion dagegen Widerspruch eingelegt und wir sollten letztlich Recht behalten. Man darf auch hinterfragen, wie solide die Zahlen sind, mit denen jetzt gerechnet wird, auf alle Fälle machen sie es für uns etwas leichter. Auch einen Lösungsvorschlag favorisieren wir von Anfang an: Zum einen wollen wir, dass so viel wie möglich an Wasser im Bett der Laber durch den Ort geleitet wird. Hierzu ist das Laberbett so weit irgend möglich, und optisch wie ökologisch vertretbar, zu erweitern und zu vertiefen. Sicher sind auch Maßnahmen an der Espanbrücke notwendig. Was über diese Menge hinaus geht, müsste durch in die Landschaft eingepasste Wälle im Labertal zurückgehalten werden. Kritischer Punkt bei dieser Planung ist, dass der Rückhalt natürlich nur zeitlich begrenzt geht. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass wir auch nur kurzzeitig mit entsprechenden Spitzenmengen an Wasser zu rechnen haben. Unsere Vorstellungen habe ich mit einer entsprechenden Modellrechnung bei einer Sitzung dem Wasserwirtschaftsamt auch vorgestellt.

 

Die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen hatten oberste Priorität in den Leitlinien von Bernd Mayr. Wie beurteilen Sie die  aktuelle Entwicklung, Stichworte Baywa oder Hanwha?

Uhl: Auch das ist ein Stück Lebensqualität, wenn man zum Arbeitsplatz nicht auspendeln muss. Allerdings muss man aufpassen, dass Arbeitsplätze nicht als "Totschlagargument" für alles Mögliche benutzt werden. So sind zum Beispiel im Falle Baywa Arbeitsplätze nicht das entscheidende Argument. Das werden nicht viele sein. Hier ist für mich der wichtigste Punkt, dass die Baywa vom alten Standort verschwindet und hier beste Wohnlage entsteht. Hier wurde meines Erachtens allerdings auch der größte Fehler der aktuellen Periode gemacht, indem die Stadt dieses Areal nicht erworben hat. Das Hanwha-Gebäude ist sehr mächtig, aber wo, wenn nicht im Industriegebiet, sollte so etwas denn entstehen. Hier geht es tatsächlich um sehr viele Arbeitsplätze, auch wenn diese leider nicht mehr im früheren Ausmaß Einheimischen im Niedriglohnsektor zur Verfügung stehen. Aber auch jede zugezogene Arbeitskraft bedeutet Kaufkraft für Dietfurt.

 

Teilen Sie die kritische Haltung einiger Dietfurter zur Entwicklung der Sieben-Täler-Stadt?

Uhl: Nein, ganz und gar nicht.

 

Die hausärztliche Versorgung auf dem Land ist bekanntermaßen ein Problem. In Dietfurt schaut es doch noch einigermaßen gut aus oder stellt sich das aus Ihrer Sicht anders dar?

Uhl: Richtig, die Versorgung in Dietfurt ist im Moment noch gewährleistet. Der Bedarf an medizinischer Versorgung wird allerdings bei einer immer älter werdenden Bevölkerung in den nächsten Jahren noch zunehmen. Seit vielen Jahren engagiere ich mich ja nicht nur kommunalpolitisch, sondern auch standespolitisch als Delegierter des Bayerischen Hausärzteverbandes. Hier haben wir uns in den vergangenen Jahren die sogenannten Hausarztverträge erkämpft. Sie stellen die Basis für eine gesicherte Honorierung der hausärztlichen Arbeit dar und geben damit jungen Kollegen, die den Beruf des Hausarztes ergreifen wollen, eine gewisse Sicherheit. Erste Erfolge stellen sich ein, mehr Studienanfänger geben an, Hausarzt werden zu wollen. Bis die in die Praxis kommen, dauert es allerdings noch zehn Jahre. Auch lokal waren wir nicht untätig. Anfang des Jahres haben wir mit dem Klinikum Neumarkt zusammen einen "Weiterbildungsverbund" gegründet. Damit soll jungen Kollegen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Weiterbildung zum Allgemeinarzt in der Region am Stück absolvieren zu können. Diesem Verbund gehören vier Hausarztpraxen an, darunter die beiden Dietfurter Praxen.

 

Senioren und Jugendliche: Hier ist schon viel getan worden. Hakt es noch irgendwo?

Uhl: Die UPW/UFW stellt mit Martha Thumann die langjährige Seniorenbeauftragte und mit Michaela Dietz die Jugendbeauftragte. Beide leisten hervorragende Arbeit. Handlungsbedarf besteht zum Beispiel noch im Bereich Barrierefreiheit. Ich denke hier an Rollator gerechte Gehwege, aber auch an einen Aufzug im Rathaus und im Schloss Töging.

 

Die zweite Hälfte dieser Amtszeit hat begonnen. Was haben sich die Freien Wähler noch vorgenommen?  

Uhl: Wir werden in gewohnt sachlicher und unaufgeregter Weise unseren Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Kommune leisten. Die Schwerpunkte ergeben sich aus den bereits angesprochenen Punkten.

 

Ist der Wahlkampf jetzt schon ein Thema?

Uhl: Ach was! Wahlkampf im kommunalpolitischen Bereich? Der Wähler kennt uns, er sieht unsere Arbeit und wer sie für richtig hält, wird sie auch würdigen. Was allerdings tatsächlich auch bereits jetzt ein Thema ist, ist die Gewinnung von Mitstreitern. Es ist für eine Gruppierung wie die unsere nicht banal, 40 Kandidatinnen und Kandidaten für eine Wahl aufzubieten.

 

Bernd Mayr wollte vor drei Jahren der CSU die Ära der schwarzen Bürgermeister beenden und selbst den Chefsessel im Rathaus erobern. Ersteres ist zwar gelungen, doch Letzteres nicht.  Wird er es noch einmal probieren - oder gibt es andere Planspiele?

Uhl: Bernd Mayr wurde ja sehr spät unser Bürgermeisterkandidat, bedingt durch die unschönen Ereignisse im Vorfeld. Wir sind ihm sehr dankbar, dass er diese Aufgabe nicht nur übernommen, sondern auch mit sehr großem Engagement ausgefüllt hat. Unter den gegebenen Umständen hat er auch ein sehr respektables Ergebnis erzielt. Er war ja vorher noch nicht einmal im Stadtrat. Und jetzt ist er immerhin Dritter Bürgermeister. Auch zur nächsten Wahl werden wir sicherlich mit einem Bürgermeisterkandidaten oder Bürgermeisterkandidatin antreten. Wer das sein wird, werden wir zu gegebener Zeit entscheiden.

 

Wie sehen Ihre persönlichen kommunalpolitischen Pläne aus?

Uhl: Aus heutiger Sicht werde ich wieder für den Stadtrat kandidieren, wenn keine unerwarteten Dinge dazwischen kommen. Immerhin sind es ja noch drei Jahre.

 

Das Gespräch führte

Ursula Kirschner.