Beilngries
"Man muss auch Nein sagen können"

Bauausschuss stimmt gegen Großprojekt am Gaisberg Diskussion über Wohnbaupolitik in der Stadt

23.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:26 Uhr

Einen Eindruck haben sich die Mitglieder des Bauausschusses von dem Grundstück am Gaisbergweg verschafft, auf dem ein Neunfamilienhaus entstehen sollte. Im Moment steht dort noch ein Haus (im Hintergrund zu sehen), das für einen Neubau abgerissen werden müsste. - Foto: Fabian Rieger

Beilngries (DK) Die Mitglieder des Beilngrieser Bauausschusses haben einem am Gaisbergweg geplanten Neunfamilienhaus am Mittwochabend das gemeindliche Einvernehmen verweigert. Der Siedlung sei nicht noch ein Bauwerk dieser Größe zuzumuten, so die Mehrheitsmeinung.

Dass es zu dem geplanten Großbauwerk am Gaisberg gehörigen Diskussionsbedarf geben sollte, war schon beim Ortstermin zu spüren. Mehrere Anwohner hatten sich eingefunden, um ihrem Unmut über das Vorhaben Luft zu machen. Bekanntermaßen sind in der Nähe jüngst bereits große Mehrfamilienhäuser in die Höhe gewachsen. Nun hatte die Firma Beilngries Projektbau beantragt, ein Gebäude für neun Wohnungen samt einer Tiefgarage zu errichten. Dazu sollte ein Bestandshaus abgerissen werden, wie zu erfahren war. Drei der Wohnungen waren barrierefrei geplant. Die Tiefgarage sollte bewusst weit in die Tiefe gehen, damit das Gebäude nicht zu hoch wird, wie die Bauherren und ihr Planer berichteten. Man werde insgesamt zwar etwas höher als das aktuelle Bestandshaus, aber nicht höher als ein Nachbarhaus, so die Information. Die Grundflächenzahl war in den Plänen mit 0,62 veranschlagt, die Geschossflächenzahl mit 0,89. Als Dachform war ein Flachdach beantragt. Die Geschosse sollten sich jeweils versetzt an den Hang anpassen, damit keine massive, glatte Front entsteht. Von den 18 vorgeschriebenen Stellplätzen sollten 16 in der Tiefgarage errichtet werden, die restlichen zwei oberirdisch. Dort sollte auch ein Besucherparkplatz entstehen. Diese Planungen schmeckten den versammelten Anwohnern aber nicht, wie sie mehrfach betonten. "Uns würde es jetzt eigentlich reichen. Diese Häuser stehen uns bis oben hin", polterte einer der Bürger.

Die Saat war somit gelegt für eine umfangreiche Diskussion im Sitzungssaal. Manfred Thoma (BL/FW), bekanntermaßen ein ausgewiesener Gegner der massiven Bauwerke im Stadtgebiet, fand überraschenderweise zunächst sogar positive Worte für das Vorhaben. Aus optischer Sicht habe man sich hier durchaus Gedanken gemacht. Das geplante Gebäude sei viel gefälliger als die bereits erfolgten Großbauten in direkter Nachbarschaft. Dennoch bleibe er bei seiner allgemeinen Linie: "Diese Gebäude sind insgesamt überdimensioniert." Georg Harrer (CSU) wies ebenfalls darauf hin, dass das beantragte Neunfamilienhaus "gefällig geplant" sei. Zudem sei er der Meinung, dass es durchaus sinnvoll sei, innerstädtisch zu verdichten und nicht immer weitere Flächen zu erschließen.

Bürgermeister Alexander Anetsberger holte zu einer längeren Erklärung aus. Er unterstrich die Meinung seiner Vorredner, dass sich in diesem Fall hinter dem bedrohlichen Wort Neunfamilienhaus eine durchaus ansehnliche Planung verberge. Die geplante Höhe sei vertretbar, der Baukörper werde durch seine Größe aber natürlich dennoch massiver wirken als der Bestand, so der Bürgermeister. Auch die erwartbare Zunahme der Verkehrsbelastung halte sich wohl in Grenzen, so der Rathauschef. Er gehe davon aus, dass die meisten Bewohner den direkten Weg über die Winzerstraße zur Eichstätter Straße wählen würden und somit der Gaisbergweg weitestgehend verschont bliebe. Sollte es Probleme mit parkenden Besuchern gebe, müsse man gegebenenfalls über verkehrsrechtliche Lösungen nachdenken. Zu den Klagen der Nachbarn äußerte sich Anetsberger ebenfalls. Diese könne er durchaus nachvollziehen. Zum einen wirke der Ärger über die bereits ertragenen Belastungen durch die Großbaustellen in direkter Nachbarschaft noch nach. Zum anderen dränge sich für die langjährigen Anwohner natürlich der Eindruck auf, dass sich die Struktur ihrer Siedlung verändere. Er wies aber darauf hin, dass auch die eingesessenen Gaisberger über viele Jahre davon profitiert hätten, dass dort ohne größere Beschränkungen gebaut werden konnte. Schon jetzt gebe es dort sehr große Häuser. "Aber nun wird natürlich eine neue Dimension erreicht", räumte er ein. Er müsse aber auch die stete Forderung nach weiterem Wohnraum im Blick haben. "Die verdichtete Bauweise ist eines der wenigen Instrumente, die uns zur Verfügung stehen", so Anetsberger.

Die Diskussion kippte aber dann doch recht schnell in Richtung Ablehnung des geplanten Bauwerks. Jochen Maurer (CSU) verwies darauf, dass die Anwohner durch die bereits genehmigten Bauten "wundgescheuert" seien. Man müsse zwar darauf verweisen, dass hier gefälliger und auch nicht im Hang gebaut werden solle. Er rege aber dennoch einen "etwas weniger voluminösen" Bau an, so Maurer. Seine Fraktionskollegin Pauline Hirschberger war in ihrer Meinung rigoroser: "Es gibt natürlich Für und Wider. In diesem Viertel reicht es aber mit den massiven Bauten." Das konnte der Wiesenhofener Ortssprecher Benjamin Schneider unterschreiben: "Irgendwann muss man auch mal Nein sagen können."

Das taten die Mitglieder des Bauausschusses dann auch. Bei einer Gegenstimme - Vize-Bürgermeister Anton Grad (CSU) - wurde dem Antrag das gemeindliche Einvernehmen verwehrt. Damit muss das grundsätzliche Vorhaben, an diesem Ort ein größeres Wohnhaus zu errichten, aber noch nicht vom Tisch sein. Es könne passieren, dass das Landratsamt das Votum des Bauausschusses ersetze, wie zu erfahren war. Zudem wüssten die Bauherren, die der Sitzung beiwohnten, welche Argumente gegen eine Zustimmung gesprochen hätten und wo man ansetzen könne, so Anetsberger.

Rund um diesen Tagesordnungspunkt wurden noch weitere Argumente zur Wohnlandpolitik der Stadt ausgetauscht. Bernhard Merkl (BL/FW) verwies auf die infrastrukturellen Folgen, die der stete Zuzug habe. Anetsberger hielt dagegen, dass man - sollte man keinen Wohnraum mehr bereitstellen - sich vor den jungen Einheimischen rechtfertigen müsse, die dann in andere Gemeinden ausweichen müssten. Auch CSU-Stadtrat Jochen Grabmann appellierte dafür, die Forderung der Jugend nach Wohnraum nicht außer Acht zu lassen. Anetsberger sprach von einer "Königsdisziplin der Kommunalpolitik". Er kündigte an, dass man sich zu diesem Thema weiterhin viele Gedanken machen werde.