Beilngries
"Die sind Gold wert"

Von der kaputten Glühbirne bis zur Gartenaktion – Der Nachbarschaftshilfe geht die Arbeit nicht aus

10.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:19 Uhr

Regal ausräumen, abstauben und an anderer Stelle wieder aufbauen: Ein typischer Einsatz für die Nachbarschaftshilfe. Hier helfen Vorsitzender Willy Hanemann (links), Konrad Linge und Yasemin Hudalla der Beilngrieserin Anni Himmler. - Foto: Schoplocher

Beilngries (DK) Im Sommer hat die Nachbarschaftshilfe Beilngries (NHB) die Arbeit aufgenommen. Sie kann sich seitdem nicht über einen Mangel an Aufträgen beschweren – ein Zeichen, dass die Initiative dringend gebraucht wird.

Oft sind es die kleinen Handgriffe, welche die derzeit 23 Helfer den Menschen abnehmen, die sie aus irgendeinem Grund nicht mehr selbst erledigen können. „Genau so war das gedacht: Wir tun das, was gute Nachbarn tun würden“, erklärt Konrad Linge, einer der Bürger, der die Gründung der Nachbarschaftshilfe vor weit über einem Jahr angeschoben hat.

Doch es gibt auch die „großen Geschichten“ wie die von Anni Himmler. Ohne die Hilfe der Ehrenamtlichen, so ist sich die 74-Jährige sicher, wäre sie wohl jetzt nicht mehr in ihrer eigenen Wohnung. Nach Schmerzattacken, einem Krankenhaus-Aufenthalt und den entsprechenden Nachwehen habe sie die Pflichten des Alltags gerade so bewältigt. Für die Kür, sprich Garten- oder Aufräumarbeiten, blieb keine Energie. „Ich bin einfach nicht mehr da hingekommen, wo ich hin wollte“, fasst Himmler ihre damalige Hilflosigkeit in Worte.

Von der Nachbarschaftshilfe hatte sie in unserer Zeitung gelesen. „Ich bin so froh, dass ich damals den Mut aufgebracht habe, anzurufen“, verrät Anni Himmler dann Konrad Linge. Dass die beiden gleich „per Du“ waren, sagt einiges über den Umgang und die Einstellung der Helfer aus. Die Seniorin ist sich sicher, dass es ihr ohne den Kontakt zur Nachbarschaftshilfe heute schlechter gehen würde. Und sie weiß auch aus persönlichen Gesprächen, dass es mehr ältere Menschen gibt, die Hilfe bräuchten. „Die trauen sich halt nicht“, erklärt sie.

„Dagegen kämpfen wir an“, versichert Linge. Denn auch er hat in den vergangenen Monaten die Erfahrung gemacht, dass die Hemmschwelle doch immens hoch sei. Linge überlegt sogar, ob die Tatsache, dass die Ehrenamtlichen lediglich für Fahrten mit dem eigenen Pkw eine Aufwandsentschädigung verlangen, hinderlich sein könnte. Es sei seiner Meinung nach bedauerlich, dass es heutzutage offenbar Überwindung koste, jemanden um Hilfe zu bitten. Er hofft aber, dass ein Anruf bei der NHB eines Tages durch Mund-zu-Mund-Propaganda und eine verstärkte Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung selbstverständlich sein wird.

Denn auch Linge, Willy Hanemann und die anderen Mitstreiter von der NHB sind der festen Überzeugung, dass sie gebraucht werden. Zuspruch haben sie auch von den Verbänden, Organisationen und Institutionen erfahren, mit denen sie im Vorfeld der Gründung gesprochen haben, um sich ein Bild vom Bedarf, aber auch von dem zu machen, was andere zu leisten im Stande sind. „Wir wollen nämlich auf keinen Fall in irgendeine Konkurrenz treten“, betont Hanemann und kommt damit noch einmal auf die ursprüngliche Idee zurück. „Wir tun das, was Nachbarn für Nachbarn tun“, lautet folglich nicht zufällig die Maxime, die auf dem Faltblatt zu finden ist. Folglich gibt es im Grunde nichts, was nicht angefragt werden könnte – und zwar in der gesamten Großgemeinde. Die beiden Vorsitzenden Hanemann und Linge nennen Beispiele: von der kaputten Glühbirne bis zum tropfenden Wasserhahn, Hilfe bei Schreibarbeiten, einer Besorgung oder dem Haustier, das kurzfristig versorgt werden muss. Im Sommer waren es oft Handgriffe im Garten oder eine Fensterputzaktion, mit denen die NHB helfen konnte. Nun sind es mehr Besuchsdienste. Als überraschender Erfolg haben sich die zwei Nachmittage im Seniorenzentrum erwiesen: Ein erstes Mal hat sich der Männerstammtisch getroffen, auf viel positives Echo ist auch ein Spieletag gestoßen.

Viel zu tun gibt es also für den „erfreulicherweise größer werdenden“ Helferkreis, in dem Yasemin Hudalla die Jüngste ist. Sie ist bei Anni Himmler genau richtig, denn während Hanemann und Linge schwere Bücherstapel heben und das Regal einen Raum weiter hieven, kann die 35-Jährige gleich „mal drüber wischen“. Denn trotz aller Ehrenamtlichkeit: Die Helfer haben einen Qualitätsanspruch an die eigene Arbeit.

Dass dabei weder die gute Laune noch der herzliche Umgang leiden, hat das Trio schon einige Male bei Anni Himmler bewiesen. „Ich habe Euch richtig ins Herz geschlossen“, lobt die 74-Jährige, die vor knapp zehn Jahren „aus taktischen Gründen“ aus Berching zugezogen ist. Denn in Beilngries gebe es kurze Wege, Ärzte und eine gute Infrastruktur, erklärt sie. Die Entscheidung habe sie nie bereut, sagt sie und ergänzt, dass sie sich dank der Nachbarschaftshilfe noch ein wenig besser aufgehoben fühlt. Etwaige Zuwendungen von Kunden leitet die NHB als Spenden weiter.

Wer die Hilfe der NHB in Anspruch nehmen möchte, kann unverbindlich unter der Telefonnummer (0 84 61) 7 05 89 36 anrufen. Nach wie vor freuen sich die Vorsitzenden zudem über weitere Mitstreiter, die sich per Mail an nh.beilngries@t-online.de melden können.