Nicht bauen und weniger fahren

03.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:49 Uhr

Zur Debatte um die Südwesttangente und zum Leserbrief "Die Lkw müssen raus aus der Stadt" der Familie Appel (SZ vom 1. Juni): Seit zwei Wochen warte ich auf einen Aufschrei von Herrn Banzhaf und anderen, um bei der Thematik der Verlegung des Verkehrs von der Pöttmeser Straße, Pettenkoferstraße, Hörzhausener Straße, Aichacher Straße, Gerolsbacher Straße in das Goachat den Eindruck des Lobbyismus zu vermeiden.

Vor etwa zwei Wochen nämlich ist ein Zeitungsartikel in der Schrobenhausener Zeitung erschienen, in welchem berichtet wurde, dass zu den 9000 Fahrzeugen, die schon jetzt tagtäglich über die Paarbrücke, die ja kurze Zeit gesperrt werden soll, aus der Ingolstädter Straße in Mühlried über die Regensburger Straße und den Bridgnorth Circle fahren, weitere 1000 Fahrzeuge täglich hinzukommen werden durch die Errichtung der riesigen Wohnanlage auf dem bisherigen Gelände der Firma Reifen Schubert. Es werden also dann 10.000 Autos pro Tag sein.

Schon bisher ist es so, dass ich zu gewissen Zeiten, beispielsweise zwischen 7.30 und 8.30 Uhr, häufig auf die Gnade der auf der Regensburger Straße vorbeifahrenden Autofahrer angewiesen bin, wenn ich aus meinem Grundstück in die Regensburger Straße einbiegen will. Nachdem hier Auto an Auto an meiner Einfahrt vorbeifährt, obliegt es der Freundlichkeit eines Autofahrers, dass er stehen bleibt und mich aus meiner Grundstücksausfahrt in die Regensburger Straße hinein winkt.

Dass über diese Trasse vielfach auch in großer Zahl Lkw fahren, die die Südstärke anfahren oder Ytong oder Damerius oder die sonstigen Industrie- und Gewerbebetriebe am Königslachener Weg, und dass selbst Großbohrgeräte von der Firma Bauer über diese Strecke und durch Mühlried auf die B300 geleitet werden, ist ein Faktum. Selbst das Gewerbegebiet an der Pöttmeser Straße (Gigler, Bauer, Lidl, Aldi, Müller, Rewe, dm, Baumarkt und so weiter) wird über diese Trasse von Bürgern aus dem Raum Mühlried, Waidhofen, Hohenwart, also dem nördlichen Altlandkreis, angefahren. Insofern ist die Behauptung, dass "alle Betriebe, außer Leinfelder, doch jenseits vom Bahngleis angesiedelt sind", ebenso kühn wie falsch. Das sei nur den Leserbriefschreibern der Familie Appel zu bedenken gegeben.

Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb "das große Problem nicht der Personenverkehr, sondern die Lkw" sein sollen. Gesundheitsgefährdend ist der Ausstoß an CO2 und an Feinstaub durch jede Art von motorisiertem Straßenverkehr. Ich denke, die Menge an CO2 und an Feinstaub, der hier auf die Anwohner der Ingolstädter Straße und der Regensburger Straße herunterrieselt, dürfte kaum geringer sein als an der beschriebenen Trasse, die durch den - den Blick auf den Sonnenuntergang verhindernden - Damm über das Goachat entlastet werden soll.

Insofern muss ich mir nicht erst vorstellen, wie die Leserbriefschreiber meinen, dass - Zitat: "vor meiner Haustür eine Straße gebaut wird mit diesem Verkehrsaufkommen! Was würde ich wohl dazu sagen? ". Ich erlebe ein vergleichbares Verkehrsaufkommen tagtäglich.

Und es ist bemerkenswert, dass über diese gleichermaßen dramatische Verkehrsbelastung kein Wort verloren wird. Hier hilft weder eine Goachattrasse, die den Verkehr von der Pöttmeser Straße in die Aichacher-, Gerolsbacher und Augsburger Straße ableiten würde, noch eine Osttangente, die allenfalls zu einer Entlastung von Königslachen, Alt-Mühlried und dem Mitterweg führen könnte, aber nicht zu einer Entlastung der Ingolstädter und Regensburger Straße. Wohin also mit dem Feinstaub und dem CO2 auf dieser Strecke, außer in die Lungen der Anwohner? Insofern meine ich, dass hier sehr wohl weiterhin in erster Linie von ÖPNV und anderen Methoden der Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs "geschwafelt" (Zitat) werden muss, anstatt für eine wenig bedeutende Verkehrsreduzierung um vielleicht 1000 Fahrzeuge von 12000 pro Tag ein schützenswertes FFH-Gebiet zu vernichten und dafür viele Millionen auszugeben.

Denn mit dieser neuen Goachattrasse hat man weder das Problem des Verkehrs auf der Trasse Pöttmeser Straße, Pettenkofer Straße, Hörzhausener Straße, Aichacher Straße und so weiter gelöst, noch - und dies schon gar nicht - die Probleme des Verkehrs in Königslachen und Mühlried, wofür weitere Millionen für eine Trasse durch schützenswertes Gebiet ausgegeben werden müssten, und auch dann hätte man noch immer nicht den ebenso die Gesundheit der Anwohner schädigenden Verkehrsfluss aus dem nördlichen Altlandkreis und Mühlried in die Stadt und die Gewerbe- und Industriegebiete an der Regensburger Straße, dem Königslachener Weg und weiter zu den Gewerbegebieten an der Pöttmeser Straße gelöst.

Da hilft nur eine Änderung der Verkehrsgewohnheiten und der benutzten Verkehrsmittel und gegebenenfalls Verkehrsbeschränkungen für gewisse Verkehrsarten und Verkehrsmittel, die dadurch auf bereits bestehende, außenseitige Trassen gelenkt werden könnten. Zudem sollte man sich vielleicht daran erinnern, dass zur Umleitung des Verkehrs auf der Strecke Pöttmeser Straße - Gritscheneck und weiter früher schon mal alternative Linienführungen zu dem jetzt vorgesehenen, viele Meter hohen Damm entwickelt wurden, die das FFH-Gebiet weniger geschädigt haben würden.

Dies sei nur am Rande und nebenbei bemerkt. Der Bau der Trasse ist übrigens - ungeachtet der abweichenden SPD-Stimmen - mehrfach beschlossen worden, aber es ist nichts geschehen. So viel zur Verantwortung für die erhöhten Kosten.

Helmut A. Eikam

Ex-SPD-Stadtrat

Schrobenhausen