Wettstetten
"Menschlichen Schatz nicht wortlos ziehen lassen"

Wettstettener Gläubige kämpfen für das Bleiben des Gemeindereferenten Wolfgang Nefzger - Schon 200 Unterschriften

17.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:49 Uhr
Auch Pfarrer Klaus Gruber (vorne) trug sich in die Unterschriftenliste ein, um seine Solidarität mit Gemeindereferent Wolfgang Nefzger, für dessen Verbleib viele Gläubige unter dem Motto "WWW - wir wollen Wolfgang" demonstrierten, zu bekunden. −Foto: Hauser

Wettstetten (EK) Eine Protestaktion im Gottesdienst der Wettstettener Pfarrei Sankt Martin mit anschließender Unterschriftenaktion brachte am Wochenende einige Aufregung in die katholische Gemeinde.

Am viel besuchten Pfarrfest-Sonntag kam eine Diskussion in Gang: Darüber, was Ortsgemeinde ausmacht, und was kaputt gehen kann, wenn Entscheidungen, die zentral getroffen werden, für die Menschen vor Ort nicht nachvollziehbar sind.

Die Vorgeschichte: Wolfgang Nefzger ist Religionspädagoge mit Leib und Seele. Der 44-jährige nebenberufliche Bio-Landwirt, der mit seiner Familie in Arnsberg lebt, wurde vor zwei Jahren für zwei Jahre befristet als Unterstützungskraft für den Pfarrverband Hepberg-Lenting-Wettstetten eingestellt, da der Wettstettener Gemeindereferent schwer erkrankt war. Dieser ist inzwischen genesen, die Gemeinde freut sich über seine Rückkehr. Zeitgleich zum Auslaufen von Nefzgers Vertrag wurde im Pfarreiverband Hepberg-Lenting-Wettstetten eine feste Gemeindereferentenstelle vakant, für die der Pfarreiverband eine Stellenbeschreibung ans Bischöfliche Ordinariat geschickt hat. Wolfgang Nefzger bewarb sich, wurde aber - ohne weitere Rücksprache mit den Gemeinden - nicht genommen.

Am Vorabend des Pfarrfests, auf dem Nefzger verabschiedet werden sollte (und auch wurde), beschloss die stellvertretende Leiterin der Wettstettener Kinderkirche, Claudia Borgmann, diesen "menschlichen Schatz" nicht wortlos ziehen zu lassen. Spontan begab sie sich auf die Suche nach Verbündeten für eine Aktion im Rahmen der Verabschiedung. Sie fand diese in Doris David, Anita Jahn und Regine Morich. Gemeinsam wurde sogleich ein Plan ausgeheckt: "Unter dem Motto ?WWW - wir wollen Wolfgang' wollten wir ein Zeichen für Wolfgang Nefzgers Verbleib setzen. " Heimlich sei dies geschehen, denn die Hauptamtlichen sollten auf keinen Fall involviert werden. "Diese Verantwortung wollten wir ihnen unbedingt ersparen", so Borgmann.

Die Leiterin der Kinderkirche, Regine Morich, die mit Nefzger in den vergangenen beiden Jahren eng zusammengearbeitet hat, fügt hinzu: "Uns war es wichtig, auf Wolfgangs wertvolle Leistung als Gemeindereferent für hinzuweisen. " Nefzger habe "unheimlich viele, neue, kreative Ideen" in die Pfarrei gebracht. Er lebe den Glauben und sei für die Gemeinde eine Riesenbereicherung gewesen.

Doris David, selbst aktives Mitglied der Kirchengemeinde, fügt hinzu: "Besonders seine erfrischende und begeisternde Art ist in den aktuellen Zeiten mehr als notwendig. Deshalb finde ich es unerklärlich, wie über die Köpfe aller Beteiligten hinweg entschieden wurde. "

Am Ende des sonntäglichen Gottesdienstes brachten die Protestler mit einigen Unterstützern unter rhythmischem Klopfen vieler eingeweihter Gemeindemitglieder ein Transparent mit dem Aufdruck "WWW - wir wollen Wolfgang" in der Pfarrkirche Sankt Martin nach vorne. In einer kurzen Ansprache richtete Claudia Borgmann von der Kanzel aus das Wort direkt an Nefzger: "Wolfgang, du bist ein Mensch, der mit Leidenschaft und Begeisterung den Glauben an andere weitergibt. Du kannst gut Zuhören, bist aber genauso ein Macher. Menschen wie Dich braucht die Kirche mehr als dringend! In Richtung Eichstätt schicken wir die Forderung, diese Personalentscheidung, mit der hier niemand glücklich ist, zurückzunehmen! "Die Vorsitzende des Wettstettener Pfarrgemeinderats, Andrea Bogenberger, hatte vor vier Wochen, als die Personalentscheidung bekannt geworden war, mit ihren Kolleginnen aus Hepberg und Lenting bereits persönlich in Eichstätt vorgesprochen. "Aber bei dem Gespräch mit Domkapitular Paul Schmidt als Mitglied der Personalkommission ist nichts rausgekommen. Die knallharte Personalpolitik in der Kirche ist traurig und nicht nachvollziehbar. Gerade hier sollte doch Menschlichkeit im Mittelpunkt stehen", so die Pfarrgemeinderatsvorsitzende.

Domkapitular Schmidt wollte sich, genau wie der Wettstettener Pfarrer Klaus Gruber und sein Pfarrverbands-Kollege Josef Heigl aus Lenting, gestern nicht persönlich zur Sache äußern. Wie Gruber verwies er an die Pressestelle des Bistums Eichstätt.

Bernhard Löhlein, Mitarbeiter der Pressestelle, hält fest, dass es im Vorfeld der Personalentscheidung durchaus Gespräche mit den Gemeindeverantwortlichen gegeben habe und das in unterschiedlichsten Konstellationen. "Das ist den ganz normalen, transparenten Weg gegangen", erklärte er gestern auf Anfrage. Die Stelle sei nach einem Stellenprofil, das Pfarrer Josef Heigl aus Lenting angefertigt habe, ausgeschrieben worden und die Bewerbungen seien dann in der Personalkommission besprochen worden. "Die Personalkommission hat die Einzelpersonen im Blick, wie zum Beispiel ihr Dienstalter, aber natürlich auch die Gesamtsituation in der Diözese", so Löhlein. Natürlich gebe es da auch nicht kommunizierbare Kriterien, aber das sei überall in entsprechenden Situationen so.

Die in der Personalkommission getroffene Entscheidung sei von der Mitarbeitervertretung Pastorale Dienste akzeptiert worden und anschließend dem Pfarreiverband mitgeteilt worden. Ganz abgesehen davon freue es die Diözese natürlich sehr, wenn Mitarbeiter aus dem kirchlichen Dienst so viel Anerkennung fänden. Löhlein fügte hinzu: "Und wir entscheiden uns ja nicht gegen einen Bewerber, sondern für jemanden. "

In diesem Fall für jemand anderen. Doch damit wollen sich die Wettstettener Gemeindemitglieder nicht zufriedengeben. Ziel sei es, dass Wolfgang Nefzger dem Pastoralverbund Hepberg-Lenting-Wettstetten erhalten bleibt. "Dazu liegen Unterschriftenlisten, die bis zum Sonntagabend bereits mit 200 Unterschriften gefüllt waren, weiter in Wettstetten aus", hält Aktions-Initiatorin Borgmann fest. Die Listen wollen die Wettstettener persönlich ins Generalvikariat nach Eichstätt bringen. "Wir möchten damit auch einfach zeigen, dass es uns Gläubige an der Basis gibt - noch! - und dass wir durchaus eine Stimme haben", so Borgmann.

Und was sagt die Hauptperson zu allem? Wolfgang Nefzger selbst freute sich am Sonntag sehr über die Unterstützung und über die Anerkennung seiner Arbeit, war aber vor allem traurig, dass alles so gelaufen ist. Persönlich äußern wollte auch er sich nicht mehr.

Anne Gülich