Erste Cheftrainerin bei den Profis
FCI-Interims-Coach Sabrina Wittmann über das Debüt gegen Mannheim und ihre Zukunft

03.05.2024 | Stand 04.05.2024, 21:18 Uhr

Sabrina Wittmann bei ihrer ersten Pressekonferenz. Die 32-Jährige ist seit Donnerstag erste Cheftrainerin einer Männermannschaft im deutschen Profi-Fußball. Foto: Bösl

Ihren ersten Auftritt auf der großen Fußballbühne hat Sabrina Wittmann am Freitagvormittag souverän gemeistert. Frisch, offen und eloquent präsentierte sich die 32-Jährige Interims-Cheftrainerin des FC Ingolstadt auf ihrer ersten Pressekonferenz vor dem Drittliga-Heimspiel am Sonntag (19.30 Uhr/Magenta Sport) gegen Waldhof Mannheim.



Dass sie tags zuvor als erste Frau eine Profi-Männermannschaft in Deutschland übernahm, schlug medial hohe Wellen, stand für sie selbst aber nicht im Vordergrund. „Klar, es war ein unfassbar schöner Moment für alle, aber für mich ging es in erster Linie darum, dass die Aufgabe viel besonderer ist, als die erste Frau im Profifußball zu sein“, sagte Wittmann.

„Es war ein unfassbar schöner Tag“

Die Besonderheit war auch sichtbar. Der Pressekonferenzraum im Audi-Sportpark war so gut besucht wie seit fünf Jahren nicht, als die gebürtige Ingolstädterin im schwarz-grauen Hoodie auf dem Podium neben Sportdirektor Ivica Grlic und Pressesprecherin Kristina Richter Platz nahm. „Entschuldigt, ich stand schon etliche Male auf dem Trainingsplatz, aber das ist alles neu für mich. Ich schmeiße mich da jetzt einfach rein“, scherzte Wittmann und strahlte Nahbarkeit aus.

Bereitwillig berichtete sie vom kurzen Entscheidungsprozess ihrer Ernennung. „Ich habe spät am Vortag erfahren, dass es passieren könnte. Dann gingen mir etliche Gedanken durch den Kopf, es war nicht die erholsamste Nacht“, erzählte Wittmann, war sich aber sofort sicher: „Ich habe keine Sekunde gedacht, dass ich es nicht mache.“

FCI-Sportdirektor Grlic will positive Energie sehen

Vom Verein erhält sie die volle Unterstützung. „Wir sind von Sabrina zu 100 Prozent überzeugt. Sie hat unser Vertrauen, wir sind sicher, dass sie das schafft“, sagt Grlic und formulierte nochmals den Auftrag für die anstehenden vier Spiele in der Liga und im Toto-Pokalfinale: „Es geht um die Art und Weise, wie wir auftreten, und das unabhängig vom Ergebnis. Wir wollen mit einer positiven Energie in die neue Saison gehen.“ Auch Vereinsgründer Peter Jackwerth gratulierte. „Ich freue mich, dass Sabrina jetzt diese Chance bekommt. Das ist auch ein Zeichen nach außen, dass wir Menschen im Verein fördern, die gute Arbeit machen. Ich bin gespannt, wie die Mannschaft reagiert“, meinte Jackwerth. Wittmann selbst bewertete ihren ersten Arbeitstag extrem positiv. „Es war total aufregend, ein Wechselbad der Gefühle, aber alles in allem ein unfassbar schöner Tag“, sagte die Trainerin und schilderte die für sie schönsten Momente. „Das Aufregendste war, die Mannschaft kennenzulernen“, sagte Wittmann. „Da guckt man in die Augen und versucht, den einen oder anderen direkt anzusprechen, wenn der Moment kommen könnte, dass sich der Kopf zum Fenster dreht“, erzählte sie, ist aber sicher: „Ich bin sehr überzeugt, dass die Mannschaft mir zur Seite stehen wird.“

Noch keine konkreten Pläne über die Saison hinaus

Zu ihren Plänen über die Saison hinaus wollte sich die FCI-Interimscheftrainerin aber nicht äußern. „Ich hatte noch nie große Zukunftspläne, es ist immer alles gut gelaufen bis zum heutigen Tag“, sagte Wittmann, bekräftigte aber erneut ihre Zielrichtung. „Ich fühle mich im Männerfußball total wohl. Ich hätte es mir nicht besser wünschen können, als dass ich in den vier Spielen losgelöst von Aufstieg oder Abstieg reinschnuppern darf. Danach habe ich keine Prioritäten im Kopf. Ich freue mich einfach auf das, was da kommt.“

Noch fehlt der 32-Jährigen, die beim FCI mit den A-Junioren im Abstiegskampf in der Vergangenheit schon etliche Drucksituationen mit ihrem Team meisterte, ehe sie in dieser Saison vorzeitig die Vizemeisterschaft feiern konnte, die formale Qualifikation, um bei den Männern dauerhaft Cheftrainerin in der 3. Liga oder höher zu sein. Dafür peilt sie die Teilnahme am nächsten Uefa-Pro-Lizenz-Lehrgang Anfang 2025 an, für den sie sich bewerben will. Denkbar wäre daher ein Szenario, dass der FCI mit einem neuen Trainer in die Saison startet – mit Wittmann als Co-Trainerin an dessen Seite.

Wittmann will intensiven Fußball spielen

So weit will man beim FCI aber zumindest öffentlich nicht denken. Wittmann konzentriert sich daher auf ihre jetzige Aufgabe und erklärt ihre Herangehensweise vor dem schwierigen Heimspiel gegen die mitten im Abstiegskampf steckenden Mannheimer. „Ich will nicht in drei Tagen alles verändern und die Sabrina-Wittmann-Spur durchziehen. Ich werde versuchen, reinzuhören, was die Jungs wollen und mich anpassen an das, was das Trainerteam gewohnt ist“, meinte Wittmann, der mit Fabian Reichler, Manyiel Nergiz und Julian Kolbeck drei Männer zur Seite stehen, und ergänzte: „Worauf ich mich am meisten freue, ist die Zusammenarbeit mit den Spielern. Es ist für mich total wertvoll mit Spielern zu arbeiten, die viele Trainer hatten, viel Erfahrung haben und in hohen Ligen gespielt haben. Da werde ich mir aus den vier Spielen viel ziehen, was ich für mich mitnehmen möchte.“

Vom Fußball, wie sie ihn spielen lassen will, hat Wittmann klare Vorstellungen. „Wir werden intensiv Fußball spielen, auch mit dem Wissen, dass noch nicht so viel funktionieren wird. Die Basis ist die Defensive, wir wollen früh und fleißig Bälle erobern und relativ zielstrebig dahin, wo die Tore fallen sollen. Wir wollen Tore schießen und nicht in Schönheit sterben.“ Am Sonntagabend gibt es die erste Kostprobe.

DK