Vorbereitung auf den nächsten WM-Titel

14.08.2015 | Stand 02.12.2020, 21:19 Uhr

−Foto: Reinhard Bretting

Zell am See (dk) Nicole Bretting bereitet sich im Vorfeld des Race Across America auf weitere Wettkämpfe vor. Ende August steht der Ironman im österreichischen Zell am See an. Sie hat sich die Strecke bereits angeschaut und berichtet von ihren Erlebnissen.

Noch bin ich Triathletin und 2015 stehen noch zwei Weltmeisterschaften an. Bei aller Euphorie für das RAAM 2016 und bei aller Planung und Suche nach Sponsoren liegt mein Fokus bis zum 10. Oktober noch auf der Sportart Triathlon und auf den Wettkämpfen in Zell am See und auf Hawaii.
 
Wenn es nach mir geht, würde ich mich bei beiden Rennen gerne so weit vorne als möglich platzieren oder anders ausgedrückt - ich würde gerne beide Titel gewinnen!
 
Genau aus diesem Grund haben mein Mann Reinhard und ich beschlossen, uns am vergangenen Samstag die Strecke der Ironman-Weltmeisterschaft 70.3 in Zell am See (30.8.) etwas näher anzusehen. Geplant war der Ausflug schon für das Wochenende davor. Hier hätte ich zwei komplette Trainingstage in Zell verbringen können, aber leider hat uns das instabile Wetter in den Bergen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für dieses Wochenende hatten wir eine Grill-Einladung bei Freunden - die wir in keinem Fall absagen wollten - also: verkürzte Besichtigung.
 
Kurzerhand habe ich am Freitag eine Unterkunft für eine Nacht in Taxenbach gebucht. Taxenbach liegt an der Radstrecke, 15 Kilometer weg von Zell.
Am Freitag um 15 Uhr waren alle Utensilien im Auto und wir brachen auf in Richtung Österreich. Unser Zwischenziel war zunächst aber die Ruderregattastrecke in München. Bei mir stand Freiwasser-Schwimmen auf  dem Trainingsplan (5000 Meter) und die Regattastrecke ist dafür fast perfekt und nicht überlaufen. Nach absolvierter Schwimmeinheit ging es weiter und auch die Staumeldungen hatten sich in den letzten eineinhalb Stunden relativiert, sodass wir nach weiteren zweieinviertel Stunden am Ziel waren. Wie sich herausstellte, lag der gebuchte Bauernhof nicht im Tal, sondern ca. zwei Kilometer oberhalb am Berg. Selbst das Navi war im ersten Anlauf etwas überfordert.
 

 
Zum Abendessen müssten wir dann nochmals zurück nach Zell fahren - mittlerweile war es 21 Uhr.
Das Restaurant Kupferkessel ist eine Mischung aus Pizzeria, Bar, Fast-Food-Lokal und gut bürgerlicher Küche. Ich persönlich war mit der umfangreichen Speisekarte heillos überfordert und habe dann einfach ein Schnitzel mit Kartoffeln bestellt. Das Essen war gut, ging dazu auch noch schnell und so waren wir um kurz nach 22 Uhr schon wieder bei unserem Bauernhof.
 
Der Wecker klingelte um 6:45 Uhr am nächsten Morgen. Um 7 Uhr gab's Frühstück und um 8:20 Uhr saß ich auf dem Rad in Richtung Höhenstraße Hochkönig.
Angeblich ist die Strecke ausgeschildert - rückblickend würde ich sagen: Zum Teil ja - aber zum Teil auch gar nicht und so fuhr ich gleich mal an der ersten Abzweigung vorbei. Nachdem ich zirka zwei Kilometer zu weit gefahren war, kam mir Reinhard - der mich mit dem Auto begleitet - wieder entgegen und zeigt mir an, dass ich umdrehen sollte. "Auch gut", dachte ich mir - ich muss eh fünf Stunden Rad fahren - die Zeit wird schon reichen für einmal 90 Kilometer.
 
Rauf zum Hochkönig ist verfahren aufgrund mangelnder Abzweigungen nicht möglich. Über den Anstieg habe ich ja schon viel gehört - so schlimm ist er aber gar nicht - nur lang. Die ersten zehn Kilometer bis nach Dienten sind gut zu fahren, nur die letzten drei Kilometer bis zum Sattel haben es in sich. Hier ist die Steigung bei 14%, was schon einiges an Muskelkraft kostet. Ein Gang mehr wäre hier nicht schlecht  - ein Zeitfahrrad ist halt keine Bergziege. Zu dieser Erkenntnis komme ich ja nicht das erste Mal und alles über 10% Steigung ist echte Arbeit.
 
Oben angekommen muss ich feststellen, dass es die ersten drei Kilometer ebenso steil wieder bergab geht. So ein Mist! Ich kann schon bergab fahren, aber wenn es mir zu steil wird, bin ich ein echter Hasenfuss! Es kam erschwerend hinzu, dass meine Bremsen auf den neuen Carbonfelgen nicht die gewünschte Bremswirkung haben - das ist ein einziges Geruckel und entsprechend langsam war ich unterwegs. Unten angekommen waren die ersten „aufbauenden Worte“ meines Mannes: „Wenn Du so in drei Wochen runterfährst, kannst Du den Titel vergessen." Auch wenn mir das selbst auch klar war, hören möchte man das in dem Augenblick auf keinen Fall! Aber wie geht das Sprichwort: „Aufstehen, Krone hinrichten und weitermachen“ - das gilt auch hier.
 
Zunächst ging es auf einer gut ausgebauten Straße bis Saalfelden leicht bergab - dann haben wir mal wieder eine Abzweigung verpasst und haben uns im samstäglichen An-/Abreise- und Einkaufsverkehr durch Saalfelden gequält und auch wieder zurück. Nachdem wir die richtige Abzweigung gefunden hatten, bin ich auf ein einheimisches Mädel aufgefahren, das auch startet - allerdings am 29.8. (normaler 70.3 Wettkampf) - und aus Saalfelden kommt. Nachdem die Stecke auf diesem Abschnitt echt verwinkelt ist, habe ich mich ein wenig drangehängt und mir auch noch den Rest der Strecke erklären lassen. Wenn man mal weiß, wo die Hinweisschilder Ironman angebracht sind, findet man diese auch (zumindest meistens).
 
In der Folge bin ich nur noch zweimal kurz gekreist. Nach 3:40 Stunden war ich wieder am Ausgangspunkt zurück und bin zur zweiten Runde gestartet noch mal rauf zum Hochkönig und auch noch mal runter - diesmal besser und schneller. Unten angekommen war mein erster Blick auf die Uhr. Ich brauche zwischen fünf und sechs Minuten bis ich unten bin - selbst wenn eine Mitstreiterin doppelt so schnell ist wie ich - nimmt sie mir nicht mal drei Minuten ab - das ist überschaubar und die restliche Strecke ist mein Terrain.
 
Außerdem hatte ich mittlerweile den Entschluss gefasst, auch das kommende Wochenende noch mal in Zell zu verbringen und dann wirklich zwei Tage. Ich kann den Berg also mindestens noch dreimal hoch- und auch runterfahren und wenn das nicht reicht, lasse ich mich auch noch ein viertes oder fünftes Mal mit dem Auto hochfahren. Übung macht den Meister - das hat meine Mama schon immer beim Diktat schreiben und Kopfrechnen gesagt!
Die letzten 20 Minuten hat es dann noch geregnet und der nasse Asphalt hat richtig gedampft. War eine coole Stimmung und hat auch ein wenig Erfrischung gebracht.
 
Fazit: Die Runde ist landschaftlich schön, etwas verwinkelt - dafür mit wenig Schlaglöchern und gutem Belag. Zum Teil muss man auf der B311 fahren. Hier ist der Verkehr heftig und vergleichbar mit der B13 bei uns - der entfällt ja Gott sei Dank im Wettkampf.
 
Um 15 Uhr haben wir dann Zell in Richtung Heimat und Grillparty verlassen - gerade noch rechtzeitig vor dem sich zusammenbrauenden Gewitter.
Kaffee und Kuchen und eine große Cola gab es bei einem Zwischenstop auch noch - mit Blick auf die Loferer Steinberge - sozusagen als Belohnung für die getane Arbeit.
 
Bis zum nächsten Wochenende ... ich freue mich schon.