Sotschi
Olympische Beobachtungen: Russische Gastfreundschaft

12.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:05 Uhr

Nachdem ich zum ersten Mal Olympische Spiele erlebe, kann ich nicht sagen, ob anderswo die Atmosphäre ebenso locker und fröhlich war wie in Sotschi. Typisch in Russland ist grundsätzlich, wie offen die Menschen miteinander umgehen und wie schnell Kontakte geschlossen werden.

Das klappt jetzt besonders leicht und bezieht auch ausländische Gäste mit ein. Vor einem Tag waren wir beim Biathlon in der Anlage Laura, im Russischen gesprochen als La-ura. Nach dem Ende des Wettkampfes genehmigten wir uns noch ein paar Blini, die – international – als Pancakes verkauft werden, dazu noch einen Becher heißer Schokolade. Die Sachen in der Hand balancierend, sahen wir uns nach einem freien Stehtisch um. Es gab keinen. Aber eine Gruppe Russen sah unsere suchenden Blicke und lud uns zu sich ein. Eine Familie aus Rostow, die sich die Olympischen Spiele anschauen wollte. Es gefällt ihnen so gut, dass die älteste Tochter nun in Sotschi statt in Rostow studieren möchte. Ihr Vater Semjon lacht: „Wenn sie unbedingt will.“ Eine Gruppe Norweger, mit Mützen in Landesfarben und Fahne. Ihre Landsfrau Tora Berger hat eben die Silbermedaille gewonnen und entsprechend aufgekratzt sind sie. „Wir gratulieren“, ruft Semjon der Gruppe zu. „Feiert mit uns.“ Ich kann übersetzen und die Norweger freuen sich und gesellen sich zu uns. „Tolle Spiele“, sagen sie. Das muss ich meinem Freund Asle Aase in Oslo sagen. Er hatte nicht kommen wollen. „Die Terrorgefahr und überhaupt die Situation in Russland“, hatte er am Telefon gemurmelt. Es dauert länger, und die Seilbahn, mit der wir hochgekommen sind, hat inzwischen geschlossen. Zwei Volunteers aus Großbritannien stehen wie wir unschlüssig da. Doch dann kommt Alexej. Er weiß Rat. Er bringt uns mit einem Lift weiter nach oben. Sollen wir jetzt auf dem Gipfel übernachten, denke ich noch. Aber oben wartet die große Seilbahn und mit der geht es abwärts ins Tal. Wir verabschieden uns. Alexej lädt meine Frau, meine Tochter und mich ein, bald mal wieder vorbeizuschauen. Er ist an der Seilbahnstation für die Verpflegung zuständig. Wenn wir kämen, gäb’s ein gutes Schaschlik.

Unser Redakteur Josef Bartenschlager kennt Sotschi seit den 90er Jahren.