Pyeongchang
"So einen Erfolg braucht man, um die Massen zu bewegen"

DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel sieht Olympia-Silber als Startpunkt eines deutschen Eishockey-Aufschwungs

25.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr
Bezeichnet sich selbst als "Schnittstelle vom Schreibtisch zur Praxis: DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel. −Foto: Hase/dpa

Pyeongchang/Ingolstadt (DK) Als Fitnesstrainer verhalf er dem FC Ingolstadt 2010 zum Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga, als Sportwissenschaftlicher Berater wurde er 2014 mit dem ERC Ingolstadt Deutscher Eishockey-Meister. Seit 2015 ist Stefan Schaidnagel als Sportdirektor der Chefstratege des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB).

Sein Ziel: das DEB-Team näher an die Weltspitze heranführen. Mit der sensationellen Olympia-Silbermedaille von Pyeongchang hätte der 36-jährige Allgäuer aber nicht gerechnet, wie er unserer Zeitung verriet.

 

Herr Schaidnagel, Glückwunsch zu diesem tollen Erfolg! Wo erwischen wir Sie gerade?

Stefan Schaidnagel: Bei der Abschlussfeier im Deutschen Haus (im Hintergrund brandet immer wieder Jubel auf, d. Red.) . Deswegen muss ich mich auch etwas beeilen. (lacht)

Wenn Ihnen vor Olympia jemand gesagt hätte, dass die deutsche Nationalmannschaft mit Silber nach Hause fährt - was hätten Sie demjenigen geantwortet?

Schaidnagel: Ich hätte gesagt, dass es eine gute Prognose ist. Dass sie eintrifft, hätte ich nicht geglaubt, höchstens erhofft. Aber es war ein offenes Turnier, eine Weltstandsanalyse des Eishockeys. Dass sich unsere Mannschaft so steigert, hätte ich aber nicht gedacht.

 

Ist das eine Momentaufnahme oder der Startpunkt einer Entwicklung, an deren Ende die DEB-Auswahl bei Großereignissen künftig häufiger um eine Medaille mitspielen kann? So ist es ja in der Vision "Powerplay 2026" beschrieben.

Schaidnagel: "Powerplay 2026" beschreibt ein Ziel und enthält eine Konzeption. Man muss vorsichtig sein, denn Olympia-Silber ist erst einmal eine Momentaufnahme. Gleichzeitig ist dieser Erfolg aber auch positiv für eine nachhaltige Entwicklung. Dieses tolle Ereignis kann der Startpunkt sein, die Tendenz passt. Aber man muss realistisch sein: Wir werden ab jetzt sicher nicht bei jedem großen Turnier um die Medaillen mitspielen.

 

Sie haben seit 2015 gemeinsam mit DEB-Präsident Franz Reindl die Strukturen im Verband reformiert, den Nachwuchsbereich und die Trainerausbildung neu aufgestellt sowie eine bessere Kooperation mit der Liga initiiert. Ist die Silbermedaille schon eine Frucht dieser Arbeit?

Schaidnagel: Wir haben neue Impulse und neue Systeme geliefert. Der Erfolg zeigt, dass wir mit Sicherheit nicht alles falsch gemacht haben.

 

Wie groß ist der Anteil von Bundestrainer Marco Sturm an diesem Erfolg?

Schaidnagel: Seine Verdienste kann man nicht hoch genug einschätzen. Er hat als Novize in diesem Job die Mannschaft in zwei WM-Viertelfinals und jetzt ins Olympia-Finale geführt. Er hat einen Stil, der deutlich sichtbar ist, und arbeitet mit enormer Akribie. Das verdient höchstes Lob und höchsten Respekt.

 

Das Nationalteam hat mit seinen Spielen in Deutschland eine regelrechte Eishockey-Begeisterung entfacht. Erlebt der Sport nun einen Boom?

Schaidnagel: Solch ein Erfolg ist das, was man braucht, um die Massen zu bewegen. Wir haben mitbekommen, dass es in Deutschland an allen Ecken und Enden abging. Es hat sogar Public Viewing gegeben, das kennt man ja sonst nur vom Fußball. Das tut der Sportart gut und ist ein Startpunkt, der auf mehr hoffen lässt.

 

Das Gespräch führte Alexander Petri.