Ingolstadt
Mit dem Rücken ins Ziel

Kuriose Laufgeschichten: Markus Jürgens läuft den Hannover Marathon in 3:38:27 Stunden rückwärts

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Ingolstadt (DK) Heute Nachmittag (17.30 Uhr) fällt der Startschuss zur 17. Auflage des Ingolstädter Halbmarathons. Ein letztes Mal erinnern wir mit dem Marathon des Münsteraners Markus Jürgens an kuriose Geschichten aus dem Laufsport.

Als am 9. April in Hannover 20 000 Läufer auf die gut 42 Kilometer lange Strecke an den Start gehen, fällt ein junger Mann den Zuschauer besonders ins Auge. Zuerst scheint es, als würde er in die falsche Richtung laufen. Doch weit gefehlt: Jürgens bestreitet die Marathon-Distanz rückwärts. Und damit nicht genug. Er unterbietet auch noch den Weltrekord seines Rückwärtslaufmentors Achim Aretz. Mit einer Zeit von 3:38:27 Stunden stellt der Münsteraner inoffiziell eine neue Bestmarke im Marathon-Rückwärtslaufen auf. Um 4:14 Minuten unterbietet er Aretz' Rekord, den dieser beim Frankfurt Marathon 2010 lief.

"Nur" Marathons und Ultraläufe, also im Vorwärtslaufen, wurden dem 29-Jährigen irgendwann zu langweilig. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen entdeckte er 2014 das Rückwärtslaufen, auch Retrorunning genannt, für sich. Inzwischen gilt diese spezielle Form sogar als anerkannte Sportart. 2005 wurde der Verband International Retro Runner (IRR) gegründet, damit internationale Meisterschaften ausgetragen werden konnten.

Beim Retrorunning wird durch das Laufen auf dem Vorderfuß nicht nur die Wadenmuskulatur stärker beansprucht, sondern auch die Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur gestärkt. Rückwärtslaufen verbessert in kurzer Zeit die Koordination, das Gleichgewichtsgefühl und die Körperhaltung. Zudem müssen die Sportler ihre Umwelt bewusster wahrnehmen. Die Sinne werden dabei geschärft. Durch fehlende Konzentration kann es jedoch auch zu schwerwiegenden Stürzen kommen. Randsteine und Schlaglöcher können dabei schon ein echtes Hindernis darstellen.

Jürgens aber liebt es, nicht was er noch vor sich hat, sondern das, was er bereits hinter sich gelassen hat, zu sehen. Bei der Rückwärtslauf-Weltmeisterschaft vor drei Jahren in Italien holte er auf Anhieb den Titel über die 21,1 Kilometer lange Halbmarathon-Distanz. Das Ziel, den sieben Jahre alten Weltrekord auf der langen Distanz einzustellen, hatte er schon länger - bis es in Hannover geklappt hat.

Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von elf Kilometern pro Stunde landete er auf Platz 505 unter allen Teilnehmern. Hilfe bekam der Mitarbeiter des Instituts für Sportwissenschaften der Universität Münster dabei von seiner Begleitläuferin, die ihm mit Handzeichen Hindernisse und Richtungen anzeigte.

Ob er von den Vorwärtsläufern belächelt wird, oder ob es komisch aussieht, interessiert den 29-jährigen Athleten nicht. Seinen Arbeitsweg bestreitet Jürgens aber trotzdem mit Vorwärtslaufen. ‹ŒDaniela Blaimer