Ingolstadt
Legendärer Betrug

Vor 50 Jahren schrieb Kathrine Switzer durch ihre illegale Teilnahme am Boston-Marathon Geschichte

26.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Ingolstadt (DK) Zwei Tage vor der 17. Auflage des Ingolstädter Halbmarathons am kommenden Samstag (17.30 Uhr) erinnern wir an kuriose Geschichten aus dem Laufsport. Die US-Amerikanerin Kathrine Switzer, die in Amberg (Oberpfalz) aufgewachsen ist, schrieb vor 50 Jahren eine davon.

Vor wenigen Tagen fand in Boston wieder einmal der älteste Marathon der Welt statt. 30 000 Läufer gingen auf die 42,2 Kilometer lange Strecke, darunter rund 13 700 Frauen. Eine Startnummer fiel dabei besonders ins Auge: die 261, getragen von der 70 Jahre alten Kathrine Switzer. Genau mit dieser Nummer hatte die US-Amerikanerin vor 50 Jahren weltweit für Aufsehen gesorgt.

Denn während heutzutage Frauen selbstverständlich bei Marathonrennen an den Start gehen, war dies 1967 noch nicht der Fall. Damals war der Marathon noch keine Volksbewegung, Frauen wurden dabei nicht zugelassen. Man glaubte, das "schwache Geschlecht" könne eine solche Ausdauerleistung nicht erbringen.

Doch für Switzer stellte dies kein Hindernis dar. Weil Frauen nicht erlaubt waren, musste sie ein klein wenig tricksen und als "Mann" die 42,2 Kilometer absolvieren. Aus Kathrine Virginia Switzer, wie die US-Amerikanerin mit vollem Namen heißt, wurde K.V. Switzer. Die Veranstalter konnten so keine Rückschlüsse auf ihr Geschlecht ziehen. Zudem streifte sich Switzer eine Wollmütze und einen wallenden Trainingsanzug über, um nicht erkannt zu werden.

Bereits nach zwei Meilen schien ihr Plan allerdings zu scheitern. Rennleiter Jock Semple erkannte den Betrug, versuchte sie zu stoppen und von der Strecke zu ziehen. Sein Vorhaben wurde aber durch ihren "Geleitschutz" verhindert. Ihr damaliger Freund Tom Miller, ein Footballspieler mit rund 115 Kilogramm, und Trainer Arnie Briggs hielten Semple von der jungen Athletin fern. Mit Erfolg: Nach 4:20 Stunden erreichte Switzer das Ziel und bewies damit sich und der Welt, dass Frauen in der Tat fähig waren, eine solche Leistung zu erbringen.

Die kuriose Geschichte veränderte Switzers Leben komplett, die US-Amerikanerin gilt seitdem als Pionierin des Marathonlaufs für Frauen. Nach ihrem Karriereende schrieb sie ein Buch und entwickelte ein Programm mit 400 Frauenläufen in 27 Ländern und mehr als einer Million Teilnehmerinnen. Die Serie spielte eine entscheidende Rolle für die Aufnahme des Frauen-Marathons ins olympische Programm. 1984 bei den Sommerspielen in Los Angeles war es schließlich so weit - es wurde das erste Frauen-Rennen ausgetragen.

Bis heute ist Switzer aktiv und setzt sich für Frauen ein, die wegen ihrer Herkunft oder Rasse benachteiligt werden. Die Zahl 261 steht in der Laufwelt für Gleichberechtigung.