Frankfurt
Wettrennen um die Stars

Veranstalter-Zwist: 2017 finden der Challenge Roth und der Ironman Frankfurt am selben Tag statt

29.11.2016 | Stand 02.12.2020, 18:59 Uhr

Terminkonflikt: Jan Frodeno, der dieses Jahr den Challenge Roth gewonnen hat, muss sich 2017 zwischen dem Rother Spektakel und dem Ironman Frankfurt entscheiden. Beide Veranstaltungen finden am 9. Juli statt. - Foto: Kofer

Frankfurt (DK) Die Fehde zwischen dem Challenge Roth und dem Ironman Frankfurt erreicht die nächsten Eskalationsstufen. Die beiden Veranstaltungen finden 2017 am gleichen Termin statt - und haben dieselben Hawaii-Heroen auf dem Wunschzettel. Diese lassen sich noch nicht in die Karten schauen.

Vielleicht ist die friedliche Koexistenz zwischen den beiden großen Triathlon-Konkurrenten wirklich nur noch ganz am Rande möglich. Bei Veranstaltungen wie der Triathlon-Night: Am Ausgang der Stadthalle Langen im Landkreis Offenbach verteilten die einen am vergangenen Wochenende Adventskalender, auf denen die Termine für die vier Ironman-Rennen auf deutschem Boden aufgedruckt waren. Die anderen ermöglichten vor einer Stellwand mit Challenge-Logo Siegerfotos. Jeweils nette Erinnerungen. Doch damit waren die Gemeinsamkeiten auch schon erschöpft.

Die Delegation der vom Weltverband WTC gelenkten Ironman-Serie und der aus dem fränkischen Roth gelenkten Challenge-Veranstaltungen begegneten sich ansonsten mit eisigem Schweigen. Denn die beiden wichtigsten Langdistanz-Rennen werden im nächsten Jahr tatsächlich am gleichen Tag stattfinden: Der 9. Juli 2017 wird nicht nur Athleten, sondern auch Fans, Helfer und Medien für die 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer Laufen vor die Wahl stellen: das idyllische Roth oder das pulsierende Frankfurt? Hier wie da werden Helden gekürt und Rekorde gejagt.

Eine lange Fehde steuert auf eine neue Eskalationsstufe zu: Björn Steinmetz als Ironman-Geschäftsführer Deutschland sowie Alice, Felix und Kathrin Walchshöfer von der Challenge-Leitung hatten sich mal wieder nichts zu sagen. Die Terminüberschneidung hatte es zwar zuletzt auch 2012 gegeben, sollte aber eigentlich für immer vermieden werden. Ein frommer Wunsch. Die Rother sehen sich im Recht: "Wir belegen seit Jahrzehnten das zweite Juli-Wochenende, in Jahren einer Fußball-WM oder -EM das dritte", beteuerten die Walchshöfers. Der Ironman Frankfurt dagegen fand in den vergangenen Jahren in der Regel am ersten Juli-Wochenende statt. Doch Steinmetz rechtfertigte die Verschiebung um eine Woche: Im nächsten Jahr findet am 2. Juli bereits der Ironman Klagenfurt statt. "Wir müssen immer mehrere Wettkämpfe koordinieren", betonte Steinmetz.

Die Kompromissbereitschaft bei der Terminkollision tendierte dem Vernehmen nach gegen null. Dumm nur: Die dank Doppel-Weltmeister Jan Frodeno zuletzt ungeahnte Aufmerksamkeit generierende Randsportart schießt sich damit selbst ins Knie.

Vermittlungsversuche der Deutschen Triathlon Union (DTU) schlugen fehl; der Verband hat gegenüber den privaten Ausrichtern keine offizielle Handhabe. Auch die Funktionäre sind nicht glücklich, dass sich eine wachsende Sportart dermaßen kannibalisiert. Faris Al-Sultan muss sich zügeln, dass ihm keine Flüche herausrutschen: "Also formuliere ich es diplomatisch: Ein Gau. Man erlaubt der WTC und der Challenge erneut, auf dem Rücken des deutschen Triathlonsports ihren privaten Zwist auszutragen." Der Altmeister und Hawaii-Sieger von 2005 empört sich über "Dilettantismus in Reinform". Frankfurt-Gründer Kurt Denk, der einst die Ironman-Lizenz aus Roth erwarb, rät ironisch: "Der liebe Gott hat den Verantwortlichen die gleiche Sprache gegeben. Man sollte dieses Geschenk im Sinne des Sportes ruhig mal nutzen."

Ironman oder Challenge - das wird unter Triathleten mitunter wie ein Glaubenskrieg betrachten. Die einen sehen in dem nach Franchise-Prinzipien aufgebauten Challenge-Gebilde einen bodenständigen Familienbetrieb, der noch die wahren Werte ihres Sports aufrechterhält, und in der wachsenden Ironman-Serie eine gewinnsüchtige Vereinigung, die nur noch nach Expansion und Profit strebt. In Langen brach deshalb lautes Jubelgeheul los, als Roth mit weitem Abstand von fast 23 000 Lesern des "Triathlon-Magazin" erneut zum "Rennen des Jahres" auf der Langdistanz gewählt wurde.

Um eine differenzierte Betrachtung bemühen sich speziell die drei Hawaii-Heroen dieses Jahres. Gewinner Jan Frodeno teilte per Videobotschaft aus Australien mit, dass er einerseits das besondere Ambiente in Roth, wo er im Juli eine neue Weltbestzeit erzielt hatte, enorm schätze. Da er selbst als Ironman-Weltmeister über das komplizierte Qualifikationssystem noch keinen Startplatz für Hawaii sicher hat, muss er aber noch einen Ironman machen. In Frankfurt? Manager Felix Rüdiger bestätigt Verhandlungen, dabei müsse dem Marktwert jedoch irgendwie Rechnung getragen werden.

Ähnliches fordert hinter vorgehaltener Hand auch der Zweitplatzierte Sebastian Kienle - der von der WTC vorgesehene feste Vergütungskatalog würde nämlich nicht die Sonderstellung der deutschen Stars berücksichtigen. Daher hält sich der Sensationsdritte aus Hawaii, der Darmstädter Patrick Lange, alle Türen offen: "Texas, Roth oder Frankfurt: Für mich gibt es vor Hawaii drei Varianten."

Challenge und Ironman, deren 3000 Teilnehmerplätze in der Regel in Windeseile ausgebucht sind, bestätigen, die Gespräche mit den Top-Athleten aufgenommen zu haben. Das Hauen und Stechen geht also weiter. Nur auf anderer Ebene.