Ingolstadt
"Jan ist ein überragender Athlet"

Der Ingolstädter Triathlon-Trainer Knoll über die Weltbestzeit seines ehemaligen Schützlings Frodeno

18.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:32 Uhr
Freundschaftliches Verhältnis: Als Bundestrainer hat Roland Knoll (rechts) bis 2013 mit Jan Frodeno zusammengearbeitet. −Foto: Imago

Ingolstadt (DK) Jan Frodeno hat beim Challenge Roth seine Mission "Weltbestzeit" erreicht. Der Triathlet triumphierte mit einem Vorsprung von mehr als 20 Minuten vor dem Zweitplatzierten. Der Ingolstädter Roland Knoll hat den Ausnahmeathleten von 2007 bis Anfang 2013 trainiert. Er kennt Frodeno deshalb sehr gut - und traut ihm noch mehr zu.

Herr Knoll, Jan Frodeno hat am Sonntag die Weltbestzeit geknackt. Haben Sie mit Ihrem ehemaligen Schützling mitgejubelt?

Roland Knoll: Ich war nicht in Roth, aber ich habe es natürlich verfolgt. Es war eine ziemlich souveräne Sache. Wenn Jan sagt, er nimmt sich da was vor, dann kenn' ich ihn zu gut, dann zieht er das voll durch. Da war für mich eigentlich gar nicht die Frage, dass da ein anderer gewinnt. Jan ist niemand, der irgendwelche Hirngespinste hat, die er nicht realisieren kann.

 

Am Ende hatte er mehr als 20 Minuten Vorsprung auf den Zweitplatzierten. Hatten Sie ihm eine solche souveräne Leistung zugetraut?

Knoll: Ja. Ich weiß, wie gut er schwimmen kann, ich habe gesehen, wie er sich auf dem Rad auf der Langdistanz in den vergangenen zwei Jahren gesteigert hat. Das sind alles Dinge, die er draufhat. Sonst würde er sich nicht hinstellen und sagen, er will den Weltrekord machen. Der wusste schon ganz genau, was er kann. Er war auch vorher schon auf der Strecke und hat getestet, ob das auch funktionieren kann. Das war schon ein bisschen generalstabsmäßig geplant.

 

Was macht Frodeno besser als seine Konkurrenten?

Knoll: Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Jan Frodeno ein überragender Ausnahmeathlet ist, den man nicht alle paar Jahre hat. Man wird nicht umsonst Olympiasieger - da stehen noch 50 oder 60 andere an der Startlinie, die das werden wollen. Da muss man schon herausragende Qualitäten haben - sowohl sportlich als auch mental. Das ist etwas, was nur wenige Leute auf der Welt können. Im Triathlon gibt es vielleicht eine Handvoll Athleten, die das können.


Hat Frodeno Vorteile dadurch, dass er seine Karriere als Schwimmer startete?

Knoll: Ja, er bringt die Geschwindigkeit vom Schwimmen mit, die vielen Langdistanzläufern fehlt und die sie sich hart antrainieren müssen. Jan muss auch hart trainieren, aber er hat dadurch gewisse Vorteile, sodass er keinem Rückstand hinterherrennen muss. Aber er hat sich auch auf dem Rad unheimlich gesteigert, auch wenn er am Anfang seiner Langdistanzkarriere behauptet hatte, er könne nicht Radfahren. Das stimmt so nicht, er kann das sehr gut. Und laufen kann er auch und ist meistens deutlich besser als die klassischen Langstreckenathleten. Er hat außerdem die mentale Stärke, um harte Einheiten im Training durchzuziehen. Er ist einfach ein herausragender Athlet.

 

Sie haben mit ihm einige Jahre zusammengearbeitet.

Knoll: Die Zusammenarbeit war hervorragend. Das war auch eine sehr gute Freundschaft zwischen uns - was manchmal nicht ganz einfach ist, weil man als Trainer vielleicht ein bisschen zu wenig konsequent ist. Aber insgesamt war das eine sehr schöne Zeit, die wir, glaube ich, beide sehr genossen haben. Es hat dann der organisatorische Rahmen nicht mehr gepasst. Als ich bei der Deutschen Triathlon-Union ausgeschieden bin und Landestrainer in Bayern wurde, war er weiterhin in Saarbrücken. Dann habe ich ihm empfohlen, dass er sich jemand anders sucht, der ihn vor Ort betreuen kann.

 

Welche Charaktereigenschaft zeichnet Frodeno aus?

Knoll: Es zeichnet ihn aus, dass er sehr konsequent ist. Das ist er sowohl menschlich, was Beziehungen betrifft, aber auch sportlich zu 100 Prozent. Da gibt es im Moment keinen größeren Profi im Triathlonsport, vielleicht sogar im ganzen deutschen Sport.

 

Frodeno unterbot die bisherige Weltbestzeit um knapp sechs Minuten. Ist jetzt das Maximum erreicht, oder ist noch mehr möglich?

Knoll: Jetzt kommt es schon langsam an die Grenze. Vermutlich beginnt nun das Minutenstückeln. Für eine solche Zeit müssen natürlich auch immer die Wetterbedingungen stimmen, die waren am Sonntag gut, weil es immer ein bisschen bewölkt und keine pralle Sonne da war. Es darf auch nicht zu viel Wind sein. Und dann muss es natürlich eine schnell Strecke sein. Roth ist eine sehr schnelle Strecke, die gut rollt, wie man sagt. Aber jetzt wird es wirklich sehr eng.

 

In welcher Disziplin ist eine Verbesserung noch am wahrscheinlichsten?

Knoll: Jan ist 45 Minuten geschwommen, da geht nicht mehr viel im Langstreckenbereich. Es gibt vielleicht ein paar Schwimmspezialisten, die 43 oder 44 Minuten brauchen, aber die können dann die anderen Sachen nicht. Seine Radzeit war mit Sicherheit auch sehr am Limit. Er hatte zwar noch ein paar Zwischenfälle, aber da ist es auch sehr eng, dass da noch was geht. Eher würde ich sagen, man kann beim Laufen noch was erreichen, wenn man dort in den nächsten Jahren noch konsequenter arbeitet. Aber im Sport hat man schon oft gemeint, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist, und dann gibt es immer wieder einen Ausnahmeathleten oder perfekte Bedingungen, die neue Weltbestzeiten zulassen. Es wird aber auf jeden Fall eine enge Nummer.

 

Nun will Frodeno seinen Hawaii-Titel verteidigen und erstmals die Acht-Stunden-Marke unterbieten. Ist das möglich?

Knoll: Ja, das ist schon möglich. In den 90er-Jahren waren Mark Allen und Dave Scott schon sehr nah dran. Aber auf Hawaii zählt noch viel mehr, dass die Bedingungen absolut perfekt sein müssen. Wenn extrem starker Wind und eine wahnsinnige Hitze herrschen, funktioniert das überhaupt gar nicht, dann hat man gar keine Chance. Aber das ist eine Sache, die man nicht beeinflussen kann.

 

Das Interview führte

Julia Pickl.