Schrobenhausen
"Und dann war ich auf einmal mittendrin"

Nach der Absage von Wimbledon erzählen Tennisfans vom TC Schrobenhausen von ihren Erlebnissen bei Grand-Slam-Turnieren

09.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:50 Uhr
  −Foto: privat

Schrobenhausen - Was gibt es für Tennisfans Besseres als die vier Grand-Slam-Turniere Australian Open, French Open, Wimbledon und US Open?

 

Die Besten kämpfen um viele Weltranglistenpunkte, attraktives Preisgeld und natürlich besonderen Ruhm. Aber die Atmosphäre bei einer dieser Großveranstaltungen vor Ort anstatt vor dem Fernseher erleben zu können, ist natürlich dann doch noch eine ganz andere Hausnummer.

In diesen Tagen sollte eigentlich das wohl bekannteste Tennisturnier der Welt stattfinden: Wimbledon. Doch in diesen Zeiten ist auch hier die Welt etwas anders. Die Corona-Pandemie zwang die Veranstalter zur Absage und Verlegung auf das nächste Jahr. Die French Open in Paris wurden zunächst ebenfalls abgesagt, sollen aber zu einem späteren Zeitpunkt im Herbst dieses Jahres nachgeholt werden. Zuvor finden, so der aktuelle Stand, die US Open in New York trotz öffentlicher Kritik planmäßig und unter strengen Auflagen in den ersten beiden September-Wochen statt.

Nicht viel los ist also in diesen Tagen und Wochen in Sachen Profitennis. Wir haben beim Tennisclub Schrobenhausen (TCS) Fans gefragt, die eines dieser vier großen Turniere schon einmal besucht haben und sich an besondere Momente erinnern.

Unverwechselbares Wimbledon Ganze sieben Jahre lang hat sie in England gelebt. Und natürlich war sie in dieser Zeit Mitglied in einem Tennisverein. Dort war sie auch in einer höheren Tennis-Liga bei den Damen aktiv. Als ihr Verein das durch den englischen Tennisverband jährlich zugeteilte, allerdings sehr begrenzte Ticketkontingent unter den Mitgliedern verloste und sie zu den glücklichen Gewinnern gehörte, war bei Stephanie Moll die Freude riesengroß: Endlich einmal von der Südküste rauf in den Londoner Stadtteil Wimbledon zum Turnier zu fahren, das war einer ihrer großen Wünsche damals.

Das war 1998, ein Jahr später sollte die Schrobenhausenerin ein zweites Mal den "heiligen Rasen" von der Nähe aus sehen dürfen. Wenngleich ein Rasenplatz für das junge Tennistalent während ihrer Zeit in England nichts Außergewöhnliches war, da viele Vereine auf der Insel Rasenplätze besitzen. So durfte die junge Tennisspielerin aus Oberbayern auch bei ihren eigenen Matches öfters auf Rasen spielen.

"Viele Jahre habe ich nur vor dem Fernseher zugeschaut, und dann war ich auf einmal mittendrin", freut sich Moll heute noch. Live-Tennis sei einfach beeindruckend und ganz anders, so Moll, die in ihrer aktiven Damenzeit später in München Bayernliga spielte und mit den Damen 30 des TCS kommende Saison wieder in der Regionalliga antreten wird. "Wenn dann auch noch mein Idol Steffi Graf oder Patrick Rafter und Serena Williams direkt vor einem spielen, dann sind das einfach unvergessliche Momente für mich", sagt die TCS-Sportwartin. Und dass wohl nur noch in Wimbledon fast ganz in weiß gespielt werde, spiegelt für Moll auch den besonderen Stellenwert ihres Lieblingsturniers wider. "Damit bin ich aufgewachsen, das gehört einfach zu Wimbledon dazu", sagt sie. Genauso wie die berühmten Erdbeeren mit Sahne.

Das größte Tennisstadion derWeltEs war im Herbst 2018. Sechs Tage New York bei 40 Grad Celsius Außentemperatur. Und drei Tage davon bei den US Open, den United States Open Tennis Championships, im Flushing-Meadows-Park, gelegen im New Yorker Stadtteil Queens. Das eigentlich letzte Grand-Slam-Turnier der Saison ist auch aufgrund der zahlreichen vorbeigleitenden Flugzeuge als lautestes Turnier seiner Zunft bekannt. Bis 1974 wurde dort sogar auf Rasen gespielt, von 1975 bis 1977 auf Sand und seit 1978 auf Hartplatz.

 

Monika Gold, Nicki Kuttenreich und Verena Artner vom Damen-30-Regionalliga-Team des TCS nahmen die weite Reise mit vier weiteren Freunden auf sich. "Ein Highlight für uns waren freilich die Matches im Arthur-Ash-Stadion", erzählt Gold knapp zwei Jahre danach noch. Mit über 20000 Zuschauern in der mit Abstand größten Tennisarena der Welt zu sein, später auch noch in der Night-Session, sei für alle ein besonderes Erlebnis gewesen. "Wenn man dann diese Massen an Leuten auf engstem Raum nach einem sehenswerten Ballwechsel jubeln und ausflippen sieht, ist das schon etwas ganz Herausragendes", erinnert sich die Aichacherin.

Doch an die Profispieler selbst komme man bei den US Open leider nicht so leicht ran, was wohl auch den vielen Menschen geschuldet sei, anders als bei den kleinen, familiären BMW-Open in München zum Beispiel. "Man läuft den Spielern nicht unbedingt über den Weg, aber wir hatten schon auch die Möglichkeit, bei Fernsehinterviews unter anderem Boris Becker und Alexander Zverev über die Schulter zu schauen", sagt die TCS-Spielerin und schwärmt dabei über ereignisreiche Tage bei ihrem ersten Besuch eines Grand-Slam-Turniers.
Volles Flushing-Meadows, leeres Melbourne In Flushing-Meadows bei den US-Open war Fred Gabler auch schon einmal, im Jahr 2017 war das. Die knisternde, laute Atmosphäre, die Masse an Menschen, das Gigantische an Architektur mit der größten Tennisarena der Welt und ihren außerordentlich steilen Rängen und dem fahrbaren Membrandach - das alles kennt der Schrobenhausener von seinem Viertelfinaltag.

Und nicht nur das: Gabler, der im Alter von neun Jahren mit dem Tennisspielen beim TC Schrobenhausen begann, reiste 2015 nach Melbourne in Australien. Doch als der heute 37-Jährige im Voraus für das Endrundenwochenende keine Karten mehr bekam, wartete er einfach ab, bis das Turnier zu Ende war. In aller Ruhe sich den Melbourne-Park nach dem Turnier ansehen, so sah Plan B für den leidenschaftlichen Hobbyfotografen aus.

Der Melbourne-Park sei ja speziell für dieses Tennisturnier geplant und errichtet worden, relativ viele Leute nutzen aber diese frei zugängliche Anlage zum Spazierengehen und als eine Art Aufenthaltsort, erzählt Gabler. Und der Schrobenhausener freute sich auch darüber, währenddessen ein höherklassiges Amateurtennisturnier auf den Nebenplätzen ansehen zu können. Doch ein Match von Roger Federer oder Rafael Nadal wäre Gabler dann natürlich schon noch etwas lieber gewesen.
Der persönliche Grand-SlamDas Kunststück, alle vier Grand-Slam-Turniere in einer Tenniskarriere einmal zu gewinnen, gelang bisher nicht vielen: Namen wie Steffi Graf, Martina Navratilova, Andre Agassi oder Roger Federer hat der eine oder andere in diesem Zusammenhang vielleicht auf seinem Zettel.

Einen Zettel führt auch Kuttenreich mit sich - immer dann, wenn es um ihren eigenen, persönlichen Grand-Slam geht. Denn sie möchte auf jeden Fall alle vier großen Turniere einmal besucht haben. Und wenn es nach ihr geht, soll nach New York und Paris ziemlich bald die dritte Station mit London folgen: "Wimbledon im nächsten Jahr wäre vielleicht realistisch, natürlich abhängig von Corona, wenn es nicht so schwierig wäre, an die begrenzten Karten heranzukommen", sagt sie. Die TCS-Spielerin ist aber entspannt. "Wenn es nächstes Jahr nicht klappen sollte, versuche ich es halt ein Jahr später noch einmal und irgendwann klappt es schon. "

Vor ihrem Trip zu den US Open, zusammen mit Gold und Artner, war die Klingsmooserin schon 2006 mit einer ihrer Mannschaftskolleginnen damals vom TC Aichach bei den French Open. Das jüngste der vier Großturniere wurde 1905 in Paris erstmals ausgetragen. Und auch dort, ähnlich wie in New York, haben die Veranstalter lange Zeit auf Rasen spielen lassen, in Paris sogar bis 1987.

Von Rasen hat Kuttenreich allerdings vor knapp 15 Jahren gar nichts mehr gesehen, ganz im Gegenteil: viele Sandplätze auf der flächenmäßig kleinsten Anlage im Konzert der Großen. "Interessant war für mich, dass man sich frei bewegen und vor allem an den Nebenplätzen den Profis während der Matches und der Trainingseinheiten ziemlich nahekommen konnte", so die Spielerin des TC Schrobenhausen. Einen festen Platz auf einem der größeren Plätze hatte man dennoch.

Allerdings kann sich Kuttenreich noch gut an die Menschenmassen erinnern, wie sie sich durch die engen Wege der Anlage förmlich zwängten. Aber das gehöre ganz einfach zu Roland Garros, sagt Kuttenreich. Jetzt freut sich die Schrobenhausenerin schon auf die nächsten Grand-Slam-Turniere. Erst einmal im September vor dem Fernseher, in einem Jahr vielleicht ja wirklich vor Ort in Wimbledon.

SZ

Thomas Floerecke