Aichach
"Ich habe mich überall wohlgefühlt"

Marco Küntzel blickt auf bewegte Laufbahn zurück - Ex- Profikicker war auch beim FC Pipinsried und BC Aichach tätig

08.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:16 Uhr
Lang ist es her: Marco Küntzel (r.) als Erstligaspieler beim FC Energie Cottbus. −Foto: B. Settnik, dpa

Aichach - Marco Küntzel hat als Spieler und Trainer sehr viel erreicht, kann bereits auf 40 Jahre im Fußball zurückblicken.

Der heute 45-Jährige hat es auf dem Platz bis in die Bundesliga gebracht, spielte dort bei Borussia Mönchengladbach, Arminia Bielefeld und Energie Cottbus. Aber auch in der 2. Liga und in der Regionalliga machte der frühere Stürmer einen guten Job. Unvergessen sind für ihn die EM-Teilnahme mit der U 18 in Spanien 1994 und das WM-Turnier mit der U 20 1995 in Katar.

Küntzel war nach dem Ende seiner Profilaufbahn jedoch auch im Bereich Ostschwaben - für den FC Pipinsried, BC Aichach und FC Affing - als Spielertrainer unterwegs. Seit dem vergangenen Dezember ist der in Augsburg lebende A-Lizenz-Inhaber Trainer der Bundesliga-U 17-Truppe des FC Carl Zeiss Jena.
Zurück zu den Anfängen: Am 22. Januar 1976 wurde Küntzel in Grabow (Landkreis Ludwigslust-Parchim) in der damaligen DDR geboren. Sein erster Verein war Empor Grabow, 1990 wechselte der Angreifer zum FC Hansa Rostock in die Kinder- und Jugendsportschule (KJS). Als der 1,78 Meter große Offensivspieler 1993 in den Herrenbereich ging, spielte er zwei Jahre lang für die Hanseaten in der 2. Liga. In dieser Zeit wurde Küntzel prompt in die U 18- und U 20-Nationalmannschaften berufen. Bei der Europameisterschaft im Juli 1994 in Spanien erreichte er mit seinen Teamkollegen das Endspiel gegen Portugal, das die DFB-Equipe nach einem 0:0 nach Verlängerung im Elfmeterschießen mit 1:4 verlor. "Diese Teilnahme war ein Highlight in meiner Karriere, das war eine ganz tolle Erfahrung", so der Mecklenburger. Im Jahr darauf hatten sich die Deutschen für die U 20-WM in Katar qualifiziert. "Weil das Turnier im April mitten in der Saison stattfand, hatten einige Bundesligisten ihre Spieler nicht freigegeben. Mit einer Rumpftruppe sind wir deshalb schon nach der Vorrunde als Gruppenletzter ausgeschieden?, erinnert sich der Wahl-Augsburger. Es gab zwei Unentschieden gegen Kamerun und Australien (jeweils 1:1) sowie eine 1:2-Niederlage gegen Costa Rica.
1995 verließ Küntzel Rostock, schloss sich für dreieinhalb Jahre Union Berlin in der damals drittklassigen Regionalliga Nordost an (94 Einsätze/12 Tore). "Bei so einem Kultverein zu spielen, das war super. Wo gibt es das schon, dass die Fans ein Stadion bauen? Ich habe dort dreieinhalb schöne Jahre gehabt", sagt Küntzel. Zu Jahresbeginn 1999 wechselte er zum damaligen Nordost-Regionalligisten SV Babelsberg 03. Dort hatte Küntzel eine sehr erfolgreiche Zeit, brachte es in 68 Partien auf 28 Tore und stieg 2001 mit dem Klub aus Potsdam in die 2. Bundesliga auf.
Küntzel hatte inzwischen mit seinen guten Leistungen auf sich aufmerksam gemacht - und so holte ihn Borussia Mönchengladbach. Der Verein war unter Trainer Hans Meyer gerade aus der 2. Liga in die Bundesliga zurückgekehrt. Als Küntzel dort unterschrieb, stand der Aufstieg noch gar nicht fest. Bundesliga, das war natürlich etwas, mit dem Küntzel zu Beginn seiner Karriere nicht gerechnet hatte. "Als Fußballer träumt man davon. Aber das schaffen die Wenigsten. Ich habe mir meinen Traum erfüllen können?, blickt Küntzel zurück. 16-mal lief er für die "Fohlen" auf - und beim 1:1 beim VfB Stuttgart erzielte er seinen ersten Bundesliga-Treffer. Zwar endete das Kapitel erste Liga in Mönchengladbach im Sommer 2003, aber es folgten noch zwei weitere Stationen in Deutschlands höchster Liga.
Zunächst wechselte der Rechtsfuß zu Arminia Bielefeld, das gerade aus der Bundesliga abgestiegen war. Auf der "Alm? absolvierte Küntzel 2003/04 unter den Trainern Uwe Rapolder, Thomas van Heesen sowie Benno Möhlmann alle 34 Saisonspiele, traf siebenmal und stieg mit den Ostwestfalen sofort wieder in die Bundesliga auf. In den beiden Folgejahren spielte Küntzel für die Arminen noch einmal 34 Bundesliga-Partien (drei Tore gegen Rostock, Bremen und Schalke). Dort erlangte er bei vielen Fans Kultstatus, die ihm auf die Melodie des Songs "You are my sunshine" ein Lied widmete: "You are my Küntzel, my only Küntzel, you make me happy, when skies are grey. Please do not take my Küntzel away. . . " Bielefeld, sagt der Stürmer, sei etwas "ganz Besonderes" gewesen, dort wurde auch seine Tochter geboren. 2006 folgte der Wechsel zum FC Energie Cottbus, wo er weitere 16 Bundesliga-Partien absolvierte.
Das Jahr 2008 sollte im Leben der Familie Küntzel einiges verändern. Durch den Transfer zum damaligen Zweitligisten FC Augsburg wurde sie am Lech sesshaft. Küntzel, der eine Tochter (16) und einen zehnjährigen Sohn hat, spielte für den FCA 21-mal (1 Tor). 2009 beendete er seine Profikarriere, doch mit Fußballspielen war noch lange nicht Schluss: Nach einer einjährigen Pause holte die TSG Thannhausen den Angreifer Anfang 2010 in die Bayernliga (9 Spiele/zwei Tore).
Zur Saison 2010/11 tauchte Küntzel im Aichacher Fußballraum auf, heuerte als Spielertrainer beim damaligen Landesligisten FC Pipinsried an. Doch die Chemie zwischen dem FCP-Gründer und Präsidenten Konrad Höß sowie dem Ex-Profi stimmte nicht: "Wir waren oft unterschiedlicher Auffassung und hatten Meinungsverschiedenheiten. ? Nach nur einem halben Jahr, in der Winterpause, verließ der Stürmer den Dorfklub. Er schaut aber nicht im Groll zurück: "Da sind zwei Fußballwelten aufeinandergetroffen, das hat einfach nicht gepasst. ? Dass der FCP in den vergangenen Jahren seinen Weg gemacht hat, lobt Küntzel ausdrücklich: "Ohne einen Konrad Höß hätte der FC Pipinsried nie diesen Erfolg gehabt. Er hat mit jahrelanger Arbeit die Basis dafür geschaffen. Es ist bewundernswert, dass so ein Verein es bis hinauf in die Regionalliga geschafft hat - und wieder schaffen wird. "
Seine nächste Station war zu Beginn des Jahres 2011 der BC Aichach, mit dem Küntzel als Spieler mit zwölf Punkten Vorsprung den Meistertitel in der Bezirksoberliga holte und in die Landesliga aufstieg. Dennoch verließ der Angreifer den BCA und heuerte als Assistent von Ilija Aracic bei der U 19 des FC Augsburg an (2011/12). Ein Dreivierteljahr später holte ihn der damalige BCA-Macher Volker Weingartner wieder nach Aichach zurück, zunächst offiziell als Co-Trainer. Zur neuen Runde, für die sich der BCA für die neu gegründete Bayernliga Süd qualifiziert hatte, wurde Küntzel jedoch zum Cheftrainer befördert. Nach Platz drei im ersten Jahr griffen die Aichacher in der Folge-Spielzeit sogar ganz oben an. 2014 holte sich die Küntzel-Elf die Meisterschaft. Bis heute sind die Aichacher der einzige Bayernliga-Süd-Meister, der sein Aufstiegsrecht nicht wahrgenommen hat - denn aufgrund finanzieller Probleme zog Klubchef Weingartner die Reißleine, die Mannschaft löste sich auf, der BCA spielt seitdem bis heute in der Kreisliga. "Trotzdem war das eine schöne Zeit. Die Zusammenarbeit zwischen Volker und mir war hervorragend. Ich bin ihm heute noch dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe. Natürlich war es schade, dass wir den Aufstieg in die Regionalliga nicht wahrnehmen konnten. Wer weiß, wie sich das alles entwickelt hätte?, blickt Küntzel zurück.
Nach ein paar Wochen Pause legte er dann Ende August 2014 als Spielertrainer beim FC Affing in der Landesliga Südwest los. Küntzel übernahm die Truppe auf Platz 15, spielte noch neunmal für Affing, ehe er Ende 2014 seine aktive Laufbahn beendete und nur noch Trainer war. Sechs Spieltage vor Saisonschluss nahm Küntzel in Affing komplett seinen Hut, weil er hoffte, dass ein Nachfolger die Wende schaffen könnte. Aber es reichte nicht, für den FC Affing ging es innerhalb eines Jahres erneut eine Klasse nach unten. "Das war alles sehr schade, denn der Verein, die Menschen und die Sportanlage waren super. Ich habe aufgehört, weil einfach nichts vorwärtsging. In der Mannschaft zogen nicht alle mit, wie es notwendig gewesen wäre, um in der Liga zu bleiben. Auch in Affing habe ich mich sehr wohlgefühlt. Man hat aber gesehen, wie die Entwicklung weitergegangen ist: Ein Jahr später stiegen die Affinger in die Kreisliga ab", so Küntzel.
Küntzel, der inzwischen die A-Lizenz erworben hat, zog im Sommer 2015 weiter zum FC Königsbrunn, wo er bis Ende 2016 zusammen mit Paolo Maiolo die U 15 und U 17 trainierte. Zu Beginn der Saison 2018/19 holte ihn sein ehemaliger Augsburger Teamkollege Sören Dressler, der den TSV Schwaben Augsburg in der Bayernliga trainierte, als Assistenten ins Boot. Ein paar Wochen später hörte er aber dort wieder auf, wurde Trainer des Regionalligisten FV Illertissen, dort war der Grabower von Oktober 2018 bis März 2020 engagiert. Kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie wurde er beurlaubt, inzwischen ist Küntzel als Trainer der U 17 des FC Carl Zeiss Jena in der Bundesliga Nord/Nordost tätig.
Seit mittlerweile 40 Jahren, 1981 hat er bei Empor Grabow begonnen, ist Küntzel im Fußballgeschäft aktiv. An eine sehr abwechslungsreiche Aktivenzeit mit vielen tollen Erlebnissen hat sich eine Trainerkarriere angeschlossen. Sein Lebensmittelpunkt befindet sich seit 2008 in Augsburg. Küntzel ist demütig, was die vier Jahrzehnte im Fußballzirkus angeht: "Ich bin allen Vereinen für die schöne Zeit sehr dankbar. Ich habe mich überall wohlgefühlt, auch wenn es nicht an jeder Station so gelaufen ist, wie ich mir das erhofft habe. Aber diese Erfahrungen kann mir niemand nehmen - und die waren insgesamt alle sehr schön. Noch heute verfolge ich den Weg aller meiner Vereine, für die ich als Spieler und Trainer aktiv gewesen bin. " Folglich bleiben auch drei Stationen in Pipinsried, Aichach und beim FC Affing für ihn unvergessen.

SZ

Dirk Meier