Pipinsried
"Geisterspiele sind keine Option"

Kicker des Bayernliga-Süd-Spitzenreiters FC Pipinsried akzeptieren Gehaltskürzungen - Uli Bergmann spielt Saisonfinale-Varianten durch

01.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:27 Uhr
Horst Kramer
Durchlebt gerade keine einfach Zeit: Uli Bergmann, der Geschäftsführer der FC Pipinsried GmbH. −Foto: H. Kramer

Pipinsried - Die Bundesliga-Vereine plädieren für eine Beendigung der Fußballsaison ohne Zuschauer, um zumindest ihre TV-Einnahmen zu retten.

 

Der Geschäftsführer der FC Pipinsried GmbH, Uli Bergmann, hält dagegen: "Geisterspiele sind für uns keine Option! " Der souveräne Tabellenführer der Bayernliga Süd ist wie alle Amateurklubs auf die Ticket-Erlöse und die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken sowie belegten Semmeln angewiesen. "Social Distancing" - also Abstandsregeln für eine eingeschränkte Anzahl an Zuschauern - hält der FCP-Boss für "nicht praktikabel".
Was also dann? Bergmann hat verschiedene Szenarien durchgerechnet, wie die Spielzeit beendet werden könnte - je nachdem, wann die Corona-Pandemie wieder Publikumsveranstaltungen zulässt. "Der letzte Zeitpunkt wäre wohl Anfang Juni", erklärt Bergmann. Allerdings würde sich das Saisonende dann auf Anfang Juli verschieben. "Dazu müsste der Verband eine entsprechende Regelung schaffen", fordert Bergmann. Außerdem müssten Spieler, deren Verträge auslaufen, mit einer kurzzeitigen Verlängerung ihrer Tätigkeit einverstanden sein. "Einfacher wäre freilich, wenn die Saison mit dem Stand jetzt oder dem Stand zum Ende der Hinrunde abgeschlossen werden könnte", so Bergmann weiter - selbstverständlich mit einem Augenzwinkern. Bekanntlich stand der FCP damals wie heute auf dem Meister- und Aufstiegsplatz eins in seiner Fußball-Bayernliga Süd.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Verband diesen Lösungsweg wählt, ist nicht gering. Zumal inzwischen schon diverse Sommerveranstaltungen verschoben wurden - nicht nur die Fußball-EM und die Olympischen Sommerspiele in Tokio, sondern auch die Bayreuther Festspiele, die ab Ende Juli über die Bühne gehen sollten und vom Freistaat kofinanziert werden. Selbst das Oktoberfest scheint zu wackeln, wie verschiedene Münchner Zeitungen kürzlich meldeten.
1"Ich halte nichts vom Schwarzsehen", meldet sich der Pipinsrieder Spielertrainer Muriz Salemovic zu Wort. "Warten wir erst einmal Ostern ab. Die Tendenzen auf eine Eindämmung der Pandemie sind ja schon jetzt zu sehen", so der 31-Jährige. Er hofft, dass er in der zweiten Aprilhälfte wieder einen Ball am Fuß spüren kann und mit seinen Schützlingen kicken darf. "Vielleicht mit Einschränkungen, aber das wäre okay", so der Zauberfuß weiter, der bekennt, dass er kein großer Joggingfan ist.
Er hat wie seine Kameraden zum 1. April einen Geldeingang der FCP GmbH auf seinem Konto vorgefunden. Allerdings nicht in der gewohnten Höhe. Bergmann erläutert: "Das Team hat sich das bislang letzte Mal am 12. März getroffen. Auf dieser Basis habe ich die Abrechnung erstellt. " Die Logik dahinter ist klar: Ohne Leistung kein Geld. So wie es Konrad Höß ehedem praktiziert hatte.
Mit den Gehaltskürzungen hat das Team anscheinend keine Probleme, wie Salemovic berichtet: "Eigentlich ging es in unserer (Facebook-)Gruppe eher fröhlich zu", so der Landsberger. Zumal sein Kollege Fabian Hürzeler mit einem Freud' schen Versprecher für viel Heiterkeit sorgte. Hürzeler hatte angemerkt, dass er "die spielfreie Zeit schon jetzt" vermisse. Er meinte natürlich, dass er die Spiele vermisse.
Einzelne Pipinsrieder Aktive haben wohl tatsächlich zu knapsen. "Ein Spieler rief mich an und berichtete von seiner finanziellen Notlage", erzählt Bergmann. Klar, dass man in so einem Fall eine Lösung gefunden habe. Andere FCP-Angestellte sollten in diesen Krisenzeiten auf ihre Eltern zurückgreifen, rät der GmbH-Chef. Namen nennt Bergmann fürsorglicherweise nicht.
Für die Mehrheit der FCP-Aktiven ist Fußball hingegen ein gut bezahltes Hobby. Sie verdienen ihre Semmeln in der Industrie oder im öffentlichen Dienst und sind nicht unbedingt auf die Zahlungen des Bayernligaprimus angewiesen. Allerdings müssen auch manche Berufstätige inzwischen den Gürtel enger schnallen. Darunter auch Salemovic, dessen Arbeitgeber am gestrigen Mittwoch Kurzarbeit eingeführt hat. Er bleibt dennoch seiner positiven Weltsicht treu: "Im Vergleich zu anderen geht es uns doch gut. "

 

Salemovic denkt dabei nicht nur an die Krisengebiete in Italien oder Spanien, sondern zum Beispiel auch an die Gastronomie-Betriebe hierzulande: "Da geht es um Existenzen. " Er hat sich daher angewöhnt, regelmäßig bei seinen Landsberger Lieblingsrestaurants "Essen-to-Go" mitzunehmen. "Das ist nur eine kleine Geste, aber vielleicht hilft sie ja. " Bergmann kennt ähnliche Fälle und meint daher: "Fußball ist tatsächlich nur eine Nebensache. " Die er freilich genauso vermisst wie seine Kicker und viele Fans des Amateurfußballs.

SZ

 

Horst Kramer