Abensberg
Meinungsfreudige Experten

Ehemalige und aktuelle Profi-Torhüter plaudern in Abensberg über ihre Position und aktuelle Entwicklungen im Fußball

02.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:18 Uhr
Spuren hinterlassen hat Michael Hofmann im Profifußball (oben). Vor allem durch seine Zeit bei 1860 München ist er vielen bayerischen Fußballfans noch gut in Erinnerung. −Foto: Kneffel (dpa)

Abensberg (en) Die Ausstellungshalle eines Abensberger Autohauses ist mit gut 50 Gästen gefüllt gewesen, als ehemalige und aktuelle Profi-Torhüter - Michael Hofmann (früher 1860 München und Jahn Regensburg), Philipp Heerwagen (gebürtiger Kelheimer und Keeper beim VfL Bochum, FC St. Pauli und aktuell in Diensten des FC Ingolstadt), Nico Pellatz (VfL Wolfsburg II und Werder Bremen), Ludwig Trifellner (früher FC Bayern München) und der aktuelle Jahn-Keeper Philipp Pentke - über den Fußball plauderten.

Locker und sympathisch geleitet wurde die Talkrunde von Radiomoderator Johannes Baumgartner. Organisiert hatten das Treffen der Kapfelberger Michael Maurer (Erfinder des Keepers-Days und -Camps für Nachwuchsfußballer) sowie der Kelheimer Sportgeschäft-Inhaber Helmut Bachmschmid. Ehe die Veranstaltung richtig Fahrt aufnahm, dankten Landrat Martin Neumeyer und Kreissparkassen-Vorstands-Vorsitzender Dieter Scholz allen für die Vorbereitung.

Gleich richtig in die Vollen ging Ex-Löwe Michael Hofmann, als es um die Frage ging: "Wer steht nun eigentlich im Tor?" Klare Antwort: "Nicht der Dickste, Jüngste oder Schönste, sondern der Beste!" Von einer ganz besonderen Atmosphäre bei den Teams in Bochum und auf St. Pauli sprach Heerwagen, die Fans dort würden wie ein Mann hinter der eigenen Mannschaft stehen. Pellatz, der als einziger Anwesender auch im Ausland (Zypern) tätig war, antwortete auf die Frage "Wo war es nun am schönsten?" salomonisch: Jedes Land hat seine Attraktivitäten!

Penkte, Aufstiegsheld bei Jahn Regensburg und einer der Nachfolger Michael Hofmanns bei den Oberpfälzern, erinnerte sich spontan an zwei "High-lights" seiner Karriere: Das Relegationsspiel bei den 1860ern, als einige "Löwenfans" Sitzschalen aus der Verankerung rissen und die Begegnung im Olympiastadion kurz vor dem Abbruch stand, sowie der 5:0-Erfolg in der laufenden Saison beim Hamburger Sportverein.

Einig waren sich die vier Fachleute über Manuel Neuers Zukunft: Wenn der Bayern-Keeper verletzungsfrei bleibt, ist er auch im Nationalteam zurecht die Nummer eins auf dieser Position. Die Namen Marc-André ter Stegen, Kevin Trapp und Bernd Leno werden aber, sofern sie ihre Leistung bringen, weiter im Gespräch bleiben.

 

 


Nahezu identisch fielen die Antworten der Experten über die Entscheidung "Gehe ich zwischen die Pfosten?" aus. Dies müsse allein von den Kindern - nicht von den Eltern - abgewogen werden. "Um letztlich ganz oben anzukommen, bedarf es auch einer Portion Glück", waren sich alle ebenso einig. Ganz wichtig und unverzichtbar sei aber auch eine schulische Ausbildung als "zweites Standbein".

"Seid ihr abergläubisch?" lautete ein weitere Frage. Klar positiv beantwortete "Michi" Hofmann diese Frage und sprach von einem Hufeisen in seiner früheren Torwarttasche - zumindest bis zu einer hohen Niederlage.

Einigkeit herrschte bei allen Keepern über die unterschiedliche Aufarbeitung von Spielen. Von "schlecht Einschlafen" bis "das Spiel noch einmal im Fernsehen ansehen" reichten die Antworten. Eine weitere klare Aussage kam über den Stellenwert in den eigenen vier Wänden. "Eine intakte Familie ist der Schlüssel zum Erfolg", machte sich wieder einmal Hofmann zum Wortführer der Gruppe.

Als willkommenen Anlass sah Ludwig Trifellner diese Veranstaltung, bei der nicht nur viele Torwarttrainer, sondern auch junge und bereits "in die Jahre" gekommene Keeper mit ihrer Anwesenheit die Wichtigkeit solcher Zusammenkünfte unterstrichen. Der 60-Jährige begann seine Ausführungen gestenreich und mit einer provokanten Frage: "Wer geht eigentlich ins Tor?" Und schob gleich eine weitere nach: "Vielleicht der, der nicht gerne läuft?" Dann legte der Ex-Bayern-Profi-Keeper so richtig los: Das Anforderungsprofil eines guten Keepers beginne mit Ausstrahlung, Persönlichkeit, physischen Eigenschaften (große Sprungkraft) sowie technischen und taktischen Fertigkeiten. Er müsse ein Spiel dirigieren und eröffnen können, die Strafraumbeherrschung verfeinern, neben einem guten Stellungsspiel auch mit starken Reflexen auf der Linie aufwarten, aber auch Mut zum Risiko und Entscheidungsfreude für die jeweilige Situation aufbringen. Trifellner, dem auch eine Affinität zum Hamburger Sportverein nachgesagt wird, arbeitete er elf Jahre lang für die Norddeutschen als Scout und bringt seine Erfahrung seit Jahren in die Nachwuchsarbeit bei der Ausbildung von Torwarttrainern im Bayerischen Fußball-Verband ein.

In der kurzen Aussprache meldete sich der frühere Kreisjugendleiter Hans Steiner zu Wort und stellte vor allem die fehlende Absicherung wenigstens eines Pfosten - neben dem Torwart - bei Ecken und Freistößen an der Strafraumgrenze in den Raum. Während Torwart-Oldie Hofmann diese spieltechnische Variante ebenso sah, verwiesen die weiteren Keeper auf eine Absprache zwischen Torwart und den Trainern. Was letztlich Steiner, der eine Latte solcher Standard-Situationen parat hatte, veranlasste, dies als Systemfehler bei der Trainerausbildung anzuprangern. Die Talkrunde endete mit dem Dank der Verantwortlichen an die Zuhörer, Referenten sowie die Organisatoren.