Wolnzach
Zusammenhalten statt auseinandergehen

Die Wolnzacher Basketballer beenden die Saison in der 2. Regionalliga auf dem dritten Platz - Defense als Schlüssel zum Erfolg

19.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:17 Uhr
Erfolgreiche Saison: Die Regionalliga-Basketballer des TSV Wolnzach wurden Dritter. −Foto: TSV Wolnzach

Wolnzach - Eigentlich hätten die Basketballer des TSV Wolnzach in der 2. Regionalliga Süd noch drei Saisonspiele gehabt.

 

Doch wegen der Ausbreitung von COVID-19 wurde der Spielbetrieb nicht nur ausgesetzt, sondern die Saison vorzeitig beendet. Die Wolnzacher stehen auf einem starken dritten Platz, TSV-Coach Mike Urban ist zufrieden mit der Saisonleistung.

Wie in allen anderen Sportarten steht auch hinter der Wertung der 2. Regionalliga Süd ein großes Fragezeichen. Sicher ist bislang nur: Der Spielbetrieb wird nicht mehr aufgenommen. Wie mit Auf- und Abstiegen umgegangen wird, ist dagegen noch fraglich. Das betrifft auch die Wolnzacher. Als Dritter ist man aufstiegsberechtigt, wenn die ersten beiden Teams auf den Gang in die 1. Regionalliga verzichten. Dass sich der Verein mit solchen Fragen auseinandersetzen muss, ist eine positive Überraschung dieser Saison.

Denn vor dem Start in die 2. Regionalliga Süd hieß das Saisonziel: Möglichst früh den Klassenerhalt sichern, "und dann schauen, was passiert", wie Urban sagt. Allerdings scheint der dritte Rang weiter entfernt von solchen Tabellenregionen zu sein, als er tatsächlich ist. Die letzten fünf Teams der Liga sind mit 14 Zählern alle punktgleich - und nur vier Siege vom TSV entfernt. "Bis auf die ersten beiden Teams war es eine sehr ausgeglichene Liga", erklärt Urban. "Mit ein bisschen mehr Kontinuität und Kadertiefe kann man sich in solch einem engen Feld durchsetzen. " Ein weiterer Grund für die erfolgreiche Saison sei laut Urban die Entwicklung der Spieler gewesen. "Wir versuchen anspruchsvollen Basketball zu spielen. "

Zum Saisonauftakt gelang dieses Vorhaben direkt vorzüglich. Die Wolnzacher starteten dank einer starken Defensivleistung mit drei Siegen gegen Neumarkt (67:65), Milbertshofen (69:58) und Nördlingen (69:60). Doch dann folgten fünf Niederlagen in Folge. Gegen Tabellenführer Unterhaching hielt man beim 63:73 noch lange mit, auch gegen München Basket besiegelte erst eine schwache Schlussphase die 60:64-Pleite. Auswärts bei der DJK SB München kassierte der TSV aber eine überdeutliche 56:85-Niederlage. Heute bezeichnet Urban dieses Negativerlebnis als Stunde der Wiedergeburt. "Da haben wir mega aufs Maul bekommen", sagt der Headcoach. "Wir haben uns dann gefragt, wie wir zusammenarbeiten wollen und uns danach zusammengerauft. "

Zunächst hagelte es aber die nächste Klatsche. Das Heimspiel gegen Dachau wurde mit 63:89 verloren, bei der 73:82-Niederlage in Passau lagen die Wolnzacher aber wieder drei Viertel lang in Führung. In diese Phase fiel auch das Karriereende des wichtigen Peter Maischak. "Wir mussten in dieser Saison oft das Fehlen großer Spieler kompensieren", sagt Urban. Nach der Passau-Partie erspielte sich der TSV wieder einen Lauf und gewann die Spiele gegen Leitershofen (85:51), Weilheim (82:74) und Augsburg (86:85).

Nach dem Jahreswechsel leistete sich Wolnzach keine spielerischen Ausreißer mehr nach unten. Mit Ausnahme der 58:69-Heimniederlage gegen Neumarkt, die den Jungs laut Urban "peinlich" gewesen sei. Es folgte ein Sieg gegen Milbertshofen (73:57), zwei verschmerzbare Pleiten gegen Nördlingen (52:52) und Unterhaching (77:108). Die letzten vier Saisonspiele vor dem vorgezogenen Saisonende waren "Wiedergutmachungsspiele", wie Urban sagt. Denn gegen München Basket (77:64), DJK SB München (70:57), Dachau (99:86) und Passau (93:70) gelang dem TSV viermal eine Revanche für die Hinspielniederlage. "Diese Runs (Siegesserien, d. Red. ) und dieses Eingrooven, waren schon extrem gut", sagt Urban. Nach der Niederlagenserie in der Hinrunde gewann Wolnzach acht von elf Spielen, doch auch der Durststrecke kann Urban nach seiner elften Saison als Headcoach etwas Positives abgewinnen.

"In der Frustphase hat es die eine oder andere Situation gegeben, in der Leute gemerkt haben: So weit bin ich noch nicht, ich muss mich erstmal um mich selbst kümmern und kann andere nicht mitziehen", sagt Urban. Schließlich sei es ein Unterschied, ob man Rollenspieler, Leistungsträger oder Führungsspieler ist. Solche Rollen wurden vor der Saison innerhalb der Mannschaft neu verteilt. "Es war mal ganz heilsam, diese Negativserie zu haben, in der man sich richtig kennenlernt. " Auch wenn es kurzfristig bitter gewesen sei, schätzt Urban den langfristigen Nutzen. Schließlich sei es auch ein Ziel gewesen, "neue Rollen zu finden, welche die Spieler in Verantwortung bringen".

Hinsichtlich der taktischen Ausrichtung als Mannschaft war Urban vor allem mit der Defense zufrieden. Wolnzach weist nach Unterhaching (1290 kassierte Körbe) und Nördlingen (1318) mit 1334 kassierten Körben die drittbeste Abwehr der Liga auf. Vor der Saison habe man vor allem die Pick-and-Roll-Defense verändert. Zu Saisonbeginn sei man noch etwas skeptisch gewesen, im Nachhinein stellte sich die Umstellung aber als zielführend heraus. Nicht so gut klappte dagegen das Verteidigen von Offensivrebounds der Gegner. "Klar kann man sagen, dass wir klein sind. Aber wir haben auch einfach schlecht rausgeboxt", analysiert Urban.

Im Angriff orientierten sich die Wolnzacher am sechsfachen NBA-Champion Golden State Warriors. Urban nahm auf Wunsch seiner Spieler anspruchsvollere Spielzüge ins Portfolio auf, das Team versuchte mit hohem Tempo anzugreifen, damit der Gegner im Rückwärtslaufen verteidigen muss, was eher nicht so angenehm ist. "Wir haben gezeigt, wie explosiv wir sein können. " Einen noch größeren Anteil an der erfolgreichen Saison hatte aber wohl die Teamchemie. Auch in Phasen, in denen aufgrund von Verletzungen nur wenige Spieler am Training teilnehmen konnten, blieb die Motivation hoch. "Wir haben es ganz gut verdaut, dass der Kader in dieser Saison mit 13, 14 Stammspielern nicht so groß war wie die Jahre davor", sagt Urban. "Wir haben nach schlechten Erfahrungen und Niederlagen zusammengehalten statt auseinanderzugehen. "

Nach derzeitigem Stand wird das Team auch in der kommenden Saison zusammenbleiben. Auch Urban wird als Headcoach dem TSV Wolnzach erhalten bleiben, "wenn alles normal bleibt". Ob Wolnzach wieder in der 2. Regionalliga startet oder wegen eines Aufstiegsverzichts von Unterhaching und Dachau doch in die 1. Regionalliga aufsteigt, ist derzeit nicht klar. Sollte man aber in der 2. Regionalliga bleiben, droht eine Saison mit erheblichen Reisestrapazen. Es könnten nämlich einige Teams, die südlicher gelegen sind als Wolnzach, aus der 1. Regionalliga absteigen - dann wäre eine Einteilung von Wolnzach in die Nordstaffel der 2. Regionalliga im Bereich des Möglichen. Urban schätzt, dass die Gesamtfahrstrecke zu Auswärtsspielen deutlich steigen könnte. So richtig Lust haben die Wolnzacher auf diese Mehrbelastung nicht, aber mit dem Zusammenhalten kennen sie sich beim TSV Wolnzach ja aus.

PK

Christian Missy