Pfaffenhofen
Wettberg: Signale nicht ernst genug genommen

22.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:11 Uhr

Pfaffenhofen (PK) In der aktuellen WM-Kolumne hofft Karsten Wettberg auf einen Sieg der Deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden am Samstagabend.

Was ist nicht alles in den vergangenen Tagen über unsere Nationalmannschaft in den Medien gesprochen und geschrieben worden, leider auch unterhalb der Gürtellinie. Doch muss sich die Truppe um Bundestrainer Joachim Löw auch nicht wundern, denn Warnsignale, dass es beim Weltmeister in allen Mannschaftsteilen bei weitem nicht so gut läuft, wie erhofft, gab es in den Testspielen gegen Österreich und Saudi-Arabien mehr als genug. Wie es aber scheint, wurden diese nicht ernst genug genommen. Was für ein Glück für den Weltmeister, dass der Außenseiter Mexiko zwar die deutsche Mannschaft in der ersten Hälfte ein ums andere Mal überrannte und Chancen über Chancen herausspielte, doch im Torabschluss bis auf ein einziges Mal versagte.

Selten ist eine deutsche Nationalmannschaft einem Gegner spielerisch und auch taktisch, aber besonders was Einsatzfreude und Kampfgeist betrifft, so unterlegen gewesen. Natürlich ist es auch richtig festzustellen, dass noch nichts verloren ist, trotzdem hätte wohl kein Verantwortlicher es für möglich gehalten, dass unser Spiel gegen Schweden schon entscheidend sein kann.

Die Schweden darf man nicht unterschätzen, besonders, weil sie in der Qualifikation den hohen Favoriten Italien besiegt haben - und das ohne ihren gefürchteten Torjäger Zlatan Ibrahimovic, der nach einer längeren Verletzungspause seinen Rücktritt aus der schwedischen Nationalmannschaft erklärte.

Was kann also dieses schwedische Team ohne den großen Torjäger? Der schwedische Nationaltrainer Janne Andersson hat eine besonders körperlich starke Truppe zusammengestellt, für die Teamgeist an erster Stelle steht. Keeper Robin Olsen ist der große Rückhalt. Er ist nach einer schwierigen Verletzung (Bruch des Schlüsselbeins) erst Mitte April zurückgekommen und strahlt große Ruhe aus, besitzt sehr gute Reflexe und hat eine hohe körperliche Präsenz. Andreas Granqvist gilt als vorbildlicher Kapitän, der der schwedischen Abwehr Sicherheit gibt und ein echter Leader ist. Übrigens, wie wir im Spiel gegen Südkorea gesehen haben, ist Granqvist ein sicherer Elfmeterschütze.

Der offensive Mittelfeldspieler Emil Forsberg spielt bei RB Leipzig eine wichtige Rolle im Mittelfeld und ist unseren Experten natürlich bestens bekannt. Der technisch starke Forsberg kann auf beide Seiten ausweichen, hat eine überragende Spielübersicht, seine gute Schusstechnik macht ihn bei Standards und aus der zweiten Reihe brandgefährlich. Obwohl er aufgrund dieser Fähigkeiten eine Ausnahmestellung im schwedischen Team einnimmt, gilt er zwar als der Ideengeber, doch auch als absoluter Teamplayer. Von seiner spielerischen Klasse profitieren die beiden Stürmer Ola Toivonen (FC Toulouse) und der uns von seiner HSV-Zeit bestens bekannte Marcus Berg, der beweglich und spielstark und wie fast alle Schweden, sehr kopfballstark ist. Gegen die recht schwachen Südkoreaner hatte Berg drei sehr gute Chancen, ohne aber zu treffen. Überhaupt, meine ich, dass Schweden zwar ein kämpferisch starkes Team aufbieten kann, doch spielerisch arg limitiert ist.

Wie wird Löw mit seiner Truppe auftreten, welchen Plan hat er? Welche Aufstellung wird er aufbieten? Vieles wird er nicht ändern, doch dass Marco Reus und der wieder genesene Jonas Hector in das Team rücken werden, gilt als sicher. Dafür werden wohl Julian Draxler und Marvin Plattenhardt weichen müssen. Dass er gegen die bekannt kopfballstarken Schweden im Sturmzentrum mit dem Brecher Mario Gomez beginnt, ist für mich eine durchaus denkbare Variante. Allerdings könnte ich mir auch vorstellen, die formschwachen Thomas Müller und Mesut Özil pausieren zu lassen, Julian Brandt oder auch Timo Werner könnten durchaus Belebung in unser Angriffsspiel bringen. Dass unser Trainerteam auch gegen Mexiko einen Plan hatte und einen solchen Bundestrainer Löw für das Spiel gegen Schweden auch hat - davon bin ich überzeugt. Sicher bin ich mir aber nicht, ob er dann personell rechtzeitig reagiert. Denn die Niederlage gegen Mexiko war auch seinen Aufstellungsfehlern und viel zu langem Zaudern zuzuschreiben. Ich hoffe auch, dass er so manchem Nationalspieler in einem Vieraugengespräch klar gemacht hat, dass Einsatz und Kampfgeist (Mesut Özil) und taktische Disziplin (Joshua Kimmich) für jeden Nationalspieler selbstverständlich sein sollten.

Liebe Leser, dass wir einen Sieg brauchen, ist eine Floskel, doch für ein geruhsames Wochenende muss es sein. Das wünsche ich uns von ganzem Herzen! In diesem Sinne, Euer Karsten.