Uttenhofen
"Was soll ich denn noch machen?"

Abbruch, Absage, zweistellige Niederlagen: A-Klassen-Aufsteiger BC Uttenhofen II geht auf dem Zahnfleisch

17.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:41 Uhr
Spielertrainer auf Abwegen: Sascha Seitz vom BC Uttenhofen II ist nicht zu beneiden - der Uttenhofener musste in dieser Saison mehrmals das Tor hüten - obwohl er eigentlich kein gelernter Keeper ist. Die BCU-Reserve taumelt der B-Klasse entgegen. −Foto: Schneider

Uttenhofen (PK) Spielabbruch mit nur sechs Spielern auf dem Feld, zwei Niederlagen mit mehr als zehn Toren, ungelernte Torhüter zwischen den Pfosten - die Saison des BC Uttenhofen II nimmt blamable Züge an. Sieglos taumelt der BCU der B-Klasse entgegen. Alles begann als spontaner Aufsteiger. Jetzt stellt sich bei vielen die Frage: Warum tun sich die Spieler das noch an?

Sascha Seitz seufzt. Mehrmals. Wirklich glücklich ist der Spielertrainer des BC Uttenhofen II aktuell nicht, natürlich nicht. Die Bilanz in der A-Klasse 4 ist ernüchternd: Kein Sieg in 19 Spielen, 21:102 Tore. "Was soll ich denn noch machen? Ich weiß gar nicht mehr, was ich den Jungs sagen soll." Die Saison ist seit Wochen gelaufen, der Abstieg zwar nicht rechnerisch, aber im Grunde sicher. Wirklich grotesk wurde es in den vergangenen drei Wochen: Erst musste das Spiel gegen den FC Schweitenkirchen nach knapp 30 Minuten abgebrochen werden - Uttenhofen war nur mit sieben Spielern angetreten, dann hatte sich Seitz verletzt. Da stand es schon 0:10. Eine Woche später trat der BCU gegen Tabellenführer Türkischer SV Pfaffenhofen nicht an. Zuletzt gab es gegen Reichertshausen eine 1:14-Klatsche. Wie konnte es so weit kommen?

"Wir haben uns das anders vorgestellt, auch ich", sagt der 25-Jährige, es ist seine erste Station im Herrenbereich. Alles begann im Juni 2018, als mehrere Teams den Aufstieg in die A-Klasse nicht antraten. Also fragte Kreisspielleiter Ludwig Schmidt auch beim BCU-Vorsitzenden Wolfgang Inderwies an. Inderwies musste schnell reagieren, versuchte sich ein Meinungsbild zu machen: "Ich habe einige Spieler, den Trainer und den Vereinsausschuss gefragt. Das überwiegende Credo war: Wir wollen es probieren", so Inderwies heute. Es habe aber auch Stimmen gegeben, die dagegen waren. "Die Mehrheitsentscheidung war nicht von Grund auf falsch", sagt der Vorsitzende. Uttenhofen stieg als Tabellensiebter auf. Seitz betont: "Ich habe bis dato nicht gewusst, wie der Kader aussehen wird. Die A-Klasse ist ein Riesenschritt." Seitz und seine Spieler waren größtenteils eher dagegen, nach der Vereinsentscheidung habe man es aber versuchen wollen: "Wir dachte, das wird eine Riesengaudi. Nach dem zweiten, dritten Spieltag war klar, dass es das nicht wird." Denn früh wurde der Aufstieg zum Albtraum. Denn, das ist der zweite entscheidende Faktor, bald ging die Verletztenmisere los - bei der Ersten und der Zweiten Mannschaft. Seitz spricht mittlerweile von etwa zehn Verletzten. Patellasehnenreizung, Knorpelschaden, schwere Leisten- und Knieverletzungen - nur ein kleiner Auszug aus der Verletztenakte des BCU. Immer wieder muss die Zweite Mannschaft dem Kreisliga-Team mit ein paar Spielern aushelfen. Spieler, die in der Zweiten fehlen. "Dass es Probleme gibt, ist normal. Aber dass es so schlimm ist, konnte ja keiner ahnen. Wenn jeder fit gewesen wäre, hätten wir sicher eine Chance gehabt." So müssen aktuell die A-Junioren und Spieler der AH aushelfen. "Gegen Reichertshausen standen vier Spieler auf dem Platz, die älter als 50 Jahre alt waren. Ich bin froh, dass sie sich das antun. Sonst müsste ich die Mannschaft abmelden." Spaß macht es keinem mehr, verständlicherweise. "Ich kann den Jungs keinen Vorwurf machen. Ich bin ja froh, dass sie überhaupt noch kommen." Auch die neu eingeführte Regel, dass Spieler, die bei der Ersten Mannschaft von Beginn an spielen oder in der ersten Halbzeit eingewechselt werden, für 15 Tage oder zwei Spiele in der Reserve gesperrt sind (siehe Kasten), ist nicht hilfreich. So stellte sich Seitz, der nach einem Bandscheibenvorfall selbst angeschlagen ist, mehrmals ins Tor, weil kein gelernter Keeper mehr einsatzbereit war. Fünf verschiedene Spieler versuchten sich in dieser Saison als Torhüter. Das sagt alles. 2017/18 war die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte - aber von dieser Hochstimmung ist nichts mehr übrig.

Auch wenn Seitz den Aufstieg im Nachhinein nicht angetreten wäre ("In der A-Klasse sind ganz andere Kanonen unterwegs"), auch in der B-Klasse hätte es Probleme gegeben. "Dann wäre es nicht zweistellig geworden, sondern mal ein 0:5, 0:6." Die Stimmung leidet so oder so: "Die meisten Jungs wollen doch nur am Sonntag ein bisschen kicken." Etwas, das aktuell in Uttenhofen kaum Freude macht.

Zu retten ist diese Saison freilich nichts mehr. Der BCU wird kommende Saison in der B-Klasse spielen. Außer das Team kann noch zwei weitere Male nicht antreten,. Zwei Partien dürfen insgesamt nur abgesagt werden, einen Schuss hätte Seitz noch frei. "Den will ich aber nicht nutzen. Die AH hat ihre Hilfe angeboten, ich stelle mich auch selbst auf. Wir wollen die Saison zu Ende spielen." Und dann in der B-Klasse angreifen - mit Seitz als Spielertrainer. Aufgeben will er nicht, trotz einer am Ende sogar blamablen Spielzeit. Jetzt ist nur eines wichtig: "Hauptsache, es verletzt sich keiner mehr."
 

Kreisspielleiter kritisiert neue Regel

Zum Ende der Vorsaison war Kreisspielleiter Ludwig Schmidt auf der Suche nach einem weiteren Aufsteiger für die A-Klasse. "Ich habe nicht gebettelt, sondern nur gefragt", sagt er. Eine Pflicht gab es für keinen Verein. Hätten alle abgesagt, wäre die A-Klasse mit 13 Teams in dieser Saison über die Bühne gegangen. Für Kritik sorgte eine vor der Saison eingeführten Regel des BFV. Nach dieser sind Spieler, die in der Ersten Mannschaft von Beginn an spielen oder vor der Pause eingewechselt werden, für zwei Spiele oder 15 Tage für die Zweite Mannschaft gesperrt. Gerade im Fall des BC Uttenhofen - oder auch des ST Scheyern, der mit drei Teams in Kreisliga und A-Klasse spielt, sorgte das für Konsequenzen. Auch Schmidt ist nicht glücklich. Die Regel, so der Kreisspielleiter, schade den Zweiten Mannschaften. "Ich bin ein Freund davon, die Zweiten Mannschaften am Leben zu halten." Eine Regeländerung ist allerdings erst wieder in drei Jahren beim nächsten Verbandstag möglich, so Schmidt.

 

Kevin Reichelt