Ingolstadt
"Sind da, wo wir hinwollten"

FCI-Nachwuchschefs Becht und Reichel über den Bundesliga-Aufstieg der U17 und die neuen Ziele

12.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:05 Uhr
Spektakuläre Flugeinlage: Der Ingolstädter Luca Trslic (Mitte) versuchte sich im entscheidenden Saisonspiel gegen den TSV 1860 München mit einem Seitfallzieher. Am Ende setzte sich die U17 des FCI mit 1:0 durch und feierte die Meisterschaft und den Aufstieg in die Bundesliga.Dort geht es nun um den Klassenerhalt. −Foto: Rimmelspacher

Ingolstadt (DK) 80 Minuten gezittert, Siegtreffer in der dritten Minute der Nachspielzeit, Aufstieg in die U 17-Bundesliga: Roland Reichel und Ronnie Becht mussten nach der knappen Partie der U17-Mannschaft des FC Ingolstadt gegen den TSV 1860 München am letzten Spieltag erst einmal kurz durchatmen.

Die beiden Sportlichen Leiter des FCI-Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) sprechen im Interview von der erfolgreichsten Saison, die der FCI-Nachwuchs je hatte.

Was bedeutet der Aufstieg für den Verein?
Ronnie Becht: Nach der U19 ist jetzt die U17 aufgestiegen, gleichzeitig dadurch auch die U16. Das ist die beste Saison im Nachwuchsleistungszentrum, die wir jemals gehabt haben. Für uns ist das sensationell: Alle Mannschaften sind in den höchsten Ligen. Jetzt müssen wir das genießen, dann aber auch wieder Vollgas geben, um diese Spielklassen zu halten.

Inwiefern sind die U17 und die U19 vergleichbar?
Roland Reichel: Von der Taktik sind sie sehr ähnlich. Letztendlich ist es physisch eine andere Komponente. In der U19-Bundesliga hast du zum allergrößten Teil fertige Seniorenspieler. In der U17 ist das teilweise noch ein bisschen anders. Aber technisch und taktisch gibt es keinen großen Unterschied zwischen der A- und der B-Jugend-Bundesliga.

Gibt es Vereine in der Bundesliga, auf die Sie sich besonders freuen?
Becht: Grundsätzlich ist jeder Verein in der Bundesliga spannend. Das sind alles etablierte Mannschaften, die schon jahrelang in der Bundesliga spielen. Das macht einfach Spaß. Wir freuen uns auf alle Mannschaften.

Sie haben die U19 und U16 auch schon angesprochen: Wie fällt die Saison-Bilanz im Jugendbereich generell aus?
Becht: Sensationell! Auch, wenn man die Entwicklung unserer Trainer sieht. Der Lizenztrainer Stefan Leitl kommt aus dem Nachwuchsleistungszentrum. Es gibt auch Mitarbeiter von uns, die den Schritt in den Lizenzbereich machen. Auch die U16 hat eine sehr gute Saison gespielt, und jetzt haben wir alle drei Mannschaften oben. Jetzt sind wir da, wo wir hinwollten.

Wie sehen Sie sich im Jugendbereich aufgestellt im Vergleich zur Konkurrenz? In Bayern gibt es sieben weitere Nachwuchsleistungszentren.
Becht: Wir sind infrastrukturell und personell sehr gut aufgestellt. Wir haben auch für die U19 einen starken Kader für die nächste Saison. Die U21 wird zu einem sehr großen Teil aus U19-Spielern bestehen. In der U17 wird nach dem späten Aufstieg in den nächsten Wochen noch die eine oder andere Verpflichtung kommen.

Gibt es in der U19 oder U17 ein Juwel, von dem Sie sich besonders viel erhoffen?
Reichel: Haben wir sicherlich, aber ich werde jetzt keinen nennen (lacht). Das tut vielen anderen unrecht. Ganz wichtig ist auch: Die Entwicklung der Jungs ist noch dermaßen unterschiedlich: Der eine macht noch einen riesigen Sprung, der andere ist schon fertig. Man kann da ganz schlecht reinschauen. Ich habe jahrelang erlebt, dass der eine oder andere in der U17 überragend ist und nach zwei Jahren in der U19 rausfällt - und umgekehrt. Da tut man sich sehr schwer mit einer Prognose.

Wie hoch ist der Druck bei den Jüngeren? Wie gehen Sie beispielsweise mit Spielern um, die gerade in die Pubertät kommen?
Reichel: Wir versuchen, diesen Druck ein bisschen rauszunehmen. Es helfen mittlerweile die Ligen, in denen wir spielen können. In der Regionalliga Südwest bei den C-Junioren musste man bis Freiburg fahren - das war schon extrem für 14-Jährige. Jetzt haben wir die Regionalliga Bayern, die ist klasse im U15-Bereich. Die U16 spielt in der Bayernliga, die U17 in der Bundesliga, und wir wollen mit beiden die Liga halten. Bei der Talentförderung geht es auch darum, dass man sich mit den Besten misst. Weil man dann auch sieht, was eventuell noch fehlt. Aber ob wir Dritter werden oder Zwölfter - die individuelle Förderung und die Einsätze der Jungs werden immer eine sehr wichtige Rolle spielen.

Inwiefern verändern sich die Anforderungen, je älter die Jugendspieler werden?
Reichel: Was auf jeden Fall dazukommt, ist die Erwartung an die Jungs, dass Fußball auch Kontakt- und Zweikampfsport ist. Das geht weit unten schon los. Wenn sich bei der WM einer das Trikot auszieht, dann sieht man: Das sind alles Modellathleten. Weil es anders nicht mehr geht. Die physische Komponente über Kraft und Explosivität ist immens wichtig. Und das ist auch das, was sich im Jugendbereich auch weiter unten immer mehr durchsetzt. Deswegen hat auch jede Mannschaft einen Athletiktrainer, deswegen geht man zweimal die Woche in den Kraftraum. Weil man weiß, dass nur eine gute Technik im Spitzenbereich nicht mehr reicht.

Wie wichtig sind in der Jugend denn schon Titel?
Becht: Wenn der Titel mit dem Aufstieg verbunden ist, dann natürlich immens wichtig. Aber in der Bundesliga liegt der Fokus darauf, drinzubleiben. Dann geht auch automatisch die Ausbildung voran, die stets im Vordergrund steht.
 
Das Leistungsprinzip wird beim FC Ingolstadt erst ab der U15 durchgesetzt, in den jüngeren Altersklassen geht es darum, dass jeder mal spielt. Warum?
Reichel: Bei der U13 und U14 ist uns der Bayerische Fußball-Verband unglaublich entgegengekommen mit der NLZ-Liga, in der keiner absteigt. Dort spielen die NLZs gegeneinander. Da sagt man: Wir versuchen, ungefähr gleiche Spieleinsätze hinzubekommen, weil wir keine Angst haben müssen, abzusteigen. Ab der U15 sagt man: Wir spielen in der höchsten Liga, und dann ist der Ligaverbleib natürlich auch das Ziel. Da wollen wir die Spiele natürlich gewinnen, und dann kann es auch schon mal jemanden geben, der gar nicht spielt.

Herr Reichel, Sie sind nun seit fünf Jahren im Ingolstädter NLZ. Inwiefern haben sich die Bedingungen verändert?
Reichel: Wir haben uns Schritt für Schritt immer weiterentwickelt. Natürlich haben uns die zwei Jahre der ersten Mannschaft in der Bundesliga geholfen. Wir sind mittlerweile ein Punkt auf der Fußballlandkarte. Ich komme aus dem Fränkischen, und wenn man mit dem 1. FC Nürnberg um einen Spieler gebuhlt hat im Jugendbereich, dann haben wir mitbekommen, dass wir noch relativ weit weg sind von der Aufmerksamkeit der Jungs. Das hat sich mittlerweile geändert. Ingolstadt ist eine richtige Marke geworden - insbesondere im Spitzen-Juniorenfußball in Bayern.

Welche Philosophie verfolgen Sie bei Verpflichtungen? Suchen Sie nur in der Region oder darf es auch mal ein Spieler aus Norddeutschland sein?
Reichel: Zum größten Teil Spieler aus der Region. Je älter die Spieler sind, desto eher können auch mal Spieler von weiter weg dabei sein, wenn wir überzeugt davon sind, dass uns jemand wirklich weiterhilft. Aber das ist eher selten der Fall. In der U21 schon gar nicht mehr, weil die mit unseren Jugendspielern bestückt wird.

Wie lauten nun die Ziele für die kommende Saison?
Reichel: Für U19, U17 und U16 gilt: Klassenerhalt. Wir müssen uns erst einmal etablieren, wir wollen nicht runter. Alles andere wäre utopisch. Der Kader der U19 steht relativ gut. Bei der U17 mussten wir relativ lange warten, da wird sich das eine oder andere sicher noch ergeben. Wenn die Spieler nun in der Bundesliga spielen, dann gleichen sie sich natürlich dem Niveau an. Wir werden keine unbedachten Sachen machen, sondern weiter unseren eigenen Weg gehen.

Das Gespräch führte

Marcel Bothe.