Pfaffenhofen
Mit 500 Sachen über die Landebahn

Der Ilmmünsterer Christoph Oberleiter hat seine Leidenschaft für das Drag-Racing entdeckt

17.08.2021 | Stand 23.09.2023, 20:23 Uhr
Mit dem Sondermodell "Hellcat" des Dodge Challenger geht der Ilmmünsterer Christoph Oberleiter beim Drag-Racing an den Start. Mit diesem Gefährt bewältigt er 400 Meter in nur 11,5 Sekunden. −Foto: Ericflatictures, privat

Pfaffenhofen - Gäbe es keine Restriktionen hinsichtlich der Pandemie, hätte Christoph Oberleiter am Himmelfahrtstag sein "Heimrennen" bestritten: In Vilshofen hätte der Ilmmünsterer alles daran gesetzt, sein Rennfahrzeug möglichst flott über die Viertelmeile zu peitschen.

Der 41-Jährige hat seine Leidenschaft für Drag-Racing entdeckt - Beschleunigungsrennen, die meistens auf Start- und Landebahnen von Flugplätzen stattfinden.

Die Wettfahrten in Niederbayern wurden gestrichen, jedoch hofft Oberleiter darauf, bald wieder Gas geben zu können. Warten, bis die Lichter am "Weihnachtsbaum" brennen und derweil mittels Gaspedal die Nadel des Drehzahlmessers bei etwa 1800 einpendeln lassen. Leuchtet der Baum bunt? Dann kann es los gehen: Das Bremspedal loslassen und die katapultierende "Höllenkatze" beherrschen. In den nächsten 402,34 Metern möglichst keine durchdrehenden Räder bitte! Es gilt, den Schub von 900 PS auf der Klebstoffschicht maximal auszureizen. Ist die letzte Lichtschranke ausgelöst - dann voll in die Eisen! Nach weiteren 600 Metern muss die "rasende Katze" wieder eingefangen sein.

Wirr und skurril klingt das, aber solche Sätze beschreiben das, was Oberleiter bei seinem Sport immer wieder erlebt. Am Start schaut er natürlich nicht auf einen richtigen Christbaum. Es handelt sich vielmehr um die Ampelanlage, die dem Rennfahrer signalisiert, wann er sein Fahrzeug raketenartig in die Viertelmeile schießen darf. Drag-Racing kommt aus den USA, da sind Spitznamen die Regel und so heißt der Mast mit den senkrecht übereinander montierten Signalleuchten (gelb, grün und rot) "Christmas-Tree".

Jeder Start ein Nervenkitzel

"Pure Anspannung und die volle Dosis Adrenalin", so beschreibt Oberleiter die Situation, wenn er hinter dem Lenkrad auf das Grünlicht wartet: "Ich habe mich einmal beim Start selbst mit dem Handy aufgenommen und bin nach dem anschauen erschrocken, wie laut ich geschnauft habe. " Nachvollziehbar, denn von der Reaktionszeit hängt ja viel ab, jedoch auch von Technik und Material. So gibt es vor dem "Christmas-Tree auch noch die "Burnout-Box", hier sind durchdrehende Hinterräder sogar gewollt, wie Oberleiter sagt: "Die paar Quadratmeter werden bewässert damit wir es leichter haben, die Drag-Slicks durch Reibung auf Betriebstemperatur zu bringen. "

Aus der "Ausbrennzone" werden die Autos also schon vor dem Start in den Wertungsabschnitt hinein katapultiert, dann kommt sogar der Rückwärtsgang zum Einsatz, um wieder hinter die Startlinie zu gelangen. Stichwort Strecke: Damit diese ausreichend Haftung bietet, wird die Oberfläche aufwändig präpariert: Alte Rennslicks werden unter einem Schlitten von Traktoren darüber gezogen, um die grobe Struktur des Belags zu füllen. Schließlich trägt man auf jede Spur einen Klebstoff auf - hunderte Liter davon werden auf den Drag-Strip gespritzt, so heißt die Rennstrecke. "Pappig" sei es schon, wenn man darüber spaziert, sagt Oberleiter, allerdings braucht er genau diese Verhältnisse, damit er die 900 PS seiner "Höllenkatze" auf den Boden projizieren kann. Sein Rennfahrzeug - das Sondermodell "Hellcat" des Dodge Challenger - hat es nämlich in sich: Unter der Motorhaube werkeln die acht Zylinder eines 6,2-Liter-Kompressortriebwerks, das bereits ab dem kanadischen Werk 717 PS und 880 Nm generiert. An sich atemberaubende Werte, die Oberleiter aber kalt lassen: "Damit wäre kein Blumentopf zu gewinnen, da brauchte es schon ein paar Anpassungen. "

Qualmender Kampf gegen die Uhr

Die Modifikation des Kompressors, schärfere Nockenwellen, ein offener Luftfilter sowie eine spezielle Benzinpumpe verleihen der Hellcat die nötige Portion Extra-Schub, um durch die gut 400 Meter innerhalb von nur 11,5 Sekunden zu jagen. Damit ist Oberleiter Innerhalb der Klasse "PET" auf Augenhöhe mit seinen Gegnern, jedoch spricht er bemerkenswert emotionslos darüber. Der 41-Jährige kennt schließlich die Leistungsmerkmale der Königsklasse "TF": "Hier wird Nitromethan in den Brennräumen eingespritzt - die Leistungen liegen jenseits der 8000 PS. So sind sogar Spitzengeschwindigkeiten bis Tempo 500 am Ende der Viertelmeile möglich. " Für Oberleiter mit dem Dodge Challenger unerreichbar, dennoch würde der Ilmmünsterer gerne noch die eine oder andere Klasse aufsteigen. "In Kategorien vorzustoßen, in denen mit Bremsfallschirm verlangsamt wird, wäre schon reizvoll, aber dann gibt es keine Straßenzulassung mehr", sagt Oberleiter.

Direkte Zweikämpfe mit Kontakt gibt es beim Drag-Racing zwar nicht, aber ganz ungefährlich ist dieser Motorsport nicht. "Wegen der enormen Wucht kann das Fahrzeug auf den ersten Metern vorne aufsteigen, dann ist ein plötzliches Ausbrechen möglich", erklärt Oberleiter und ergänzt: "Viel Gefühl und ein gewisse Kraft in den Armen muss man als Fahrer unbedingt haben. " Der Unternehmer darf dabei durchaus als Rookie bezeichnet werden, denn lediglich bei zwei Veranstaltungen prügelte er bisher die Hellcat über die Viertelmeile: Die diesjährigen "Drag-Days" in Zerbst (Sachsen Anhalt) und Anklam (Mecklenburg Vorpommern) nutzte Oberleiter hauptsächlich zum Trainieren und Testen. Pandemie-bedingt gibt es derzeit in Deutschland kaum Wettfahrten. Oberleiter hofft jedoch darauf, beim "Drag Day" am ersten Sepember-Wochenende auf dem Flugplatz von Meinerzhagen (Sauerland) sein erstes Turnier bestreiten zu können.

PK

Erhard Wallenäffer