Pfaffenhofen
Getreten und beschimpft

Das Spiel zwischen dem Türkischen SV Pfaffenhofen und dem FC Tegernbach sorgt für Diskussionen

10.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:49 Uhr

Hart zur Sache ging es zwischen dem Türkischen SV Pfaffenhofen in den schwarzen Trikots und dem FC Tegernbach. Am Ende des Spiels gab es drei Platzverweise. Schiedsrichter Luis Hartl stand im Mittelpunkt. ‹ŒArch - foto: Schneider

Pfaffenhofen (PK) Emotionen gehören zum Fußball, so viel steht fest. Bei der Kreisklassenpartie zwischen dem Türkischen SV Pfaffenhofen und dem FC Tegernbach im November sollen diese jedoch übergekocht sein, sagt zumindest Schiedsrichter Luis Hartl. Nun tagt das Sportgericht des Bayerischen Fußball-Verbands.

 

Nach dem Spiel, das mit einem 2:2-Unentschieden endete, sei er von einem Spieler der Pfaffenhofener getreten worden. Zudem soll während des Spiels auf seine Kleidung in der Kabine uriniert worden sein. Der Verein wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Hochgekocht waren die Emotionen schon während des ganzen Spiels, Schiedsrichter Luis Hartl hatte in den ersten 70 Minuten bereits zwei Gelb-Rote Karten an Spieler des Türkischen SV Pfaffenhofen verteilt. In der 83. Minute ging Pfaffenhofens Spielertrainer Abdullah Zorlu dann im gegnerischen Strafraum zu Boden, der Elfmeterpfiff blieb aus. Daraufhin verwies der Unparteiische den Spieler aufgrund wiederholten unsportlichen Reklamierens des Platzes. Einige Minuten später verwehrte Hartl den Pfaffenhofenern noch den möglichen Siegtreffer, als er dieses wegen einer Abseitsstellung zurückpfiff. Diese beiden Szene brachten die Stimmung wohl auf den Siedepunkt, die Anspannung entlud sich nach dem Abpfiff. Wie der Schiedsrichter in einem dreiseitigen Sonderbericht erklärt, sei der Platz von Zuschauern gestürmt worden. Er selbst, so heißt es, habe sich weggedreht und wurde von hinten in die Beine getreten. Sein erster Verdacht fiel auf den Spielertrainer Zorlu, dieser erhärtete sich jedoch nicht. Vielmehr heißt es im Bericht, dass Tegernbacher Spieler darauf hingewiesen haben, dass Cabir Caglar für den Tritt verantwortlich sei. Hartl habe mit der Hilfe von Ordnern, Spielern und Verantwortlichen beider Vereine das Spielfeld ohne weiteren Vorfall verlassen.

Bei der Ankunft in der Schiedsrichterkabine "musste festgestellt werden, dass jemand auf meine Hose uriniert und diese mit Wasser übergossen hatte", schreibt Hartl. Zudem seien mehrere Schiedsrichtertrikots entwendet worden. Schon während des Spiels, so Hartl, habe der erste Vorsitzende der Pfaffenhofener, Onur Türkeri, ihn als Nazi und Rassist beschimpft. Im Bericht Hartls heißt es im Fazit: "Die Schiedsrichterei als Ehrenamt für die Vereine im organisierten Fußball wird mit Füßen getreten." Er selbst erklärt auf Nachfrage: "Ich mache doch nur meinen Job." So seien natürlich auch Entscheidungen gegen Tegernbach gefällt worden.

Türkeri und der gesamte Verein bestreiten die Vorwürfe vehement. Persönlich wollte der Vorsitzende nicht auf die Geschehnisse eingehen, sondern verwies auf eine veröffentlichte Stellungnahme des Vereins. In dieser heißt es, Hartl sei der Ansicht gewesen, "unsportliches Verhalten seitens der Spieler rigoros ahnden zu müssen, ohne hierbei mit Fingerspitzengefühl und Zureden auf die betroffenen Spieler einzugehen." Außerdem äußert sich der Verein auch zur Elfmeterszene. "Es hätte Elfmeter geben müssen", heißt es. Diese Entscheidung sei eindeutig gewesen, auch neutrale Zuschauer hätten dies so befunden. "Das Verhalten des Schiedsrichters war auf dem Platz von provokativem und arrogantem Verhalten gerade gegenüber des Türkischen SV Pfaffenhofen geprägt", so der Verein. Die Pfaffenhofener seien sich bewusst, dass Schiedsrichter bei engen Heimspielen einen schweren Stand haben. Man distanziere sich grundsätzlich von "anstößigen Äußerungen, Diffamierungen und Missachtungen des Schiedsrichters". Die fehlenden Trikots werden dem Schiedsrichter ersetzt. Eine Stellungnahme zu den Anschuldigungen, dass auf die Hose des Schiedsrichters uriniert wurde, konnte nicht abgegeben werden.

Wie unterschiedlich die Sichtweisen sind, wird bei den vermeintlichen Nazi-Vorwürfen deutlich: Türkeri bestreitet, den Schiedsrichter beschimpft zu haben. Die Aussage sei aus dem Zusammenhang gerissen, so heißt es in der Stellungnahme. Hartl habe nicht auf Anweisungen der Ordner reagiert, "Zuschauer, die durch rassistische Äußerungen aufgefallen waren, zu entfernen", so der Verein weiter.

Die von Hartl angeführten "offensichtlichen strukturellen Mängel innerhalb des Vereins" können von diesem nicht beurteil werden, so der Verein. Lob bekam von Hartl dagegen Pfaffenhofens Abteilungsleiter Mustafa Köruglu, der ihn von der An- bis zur Abreise hin unterstützt habe.

Das BFV-Sportgericht hat nun die Aufgabe, aus all diesen Vorwürfen und den dazugehörigen Stellungnahmen die Wahrheit zu entschlüsseln. Hierzu werden heute Abend die Aussagen der Beteiligten sowie von Zeugen aufgenommen. Anschließend wird der Verbandsanwalt einen Antrag stellen. Es wird sowohl wegen einer Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter als auch wegen Nicht-Einhaltung der Platzpflicht verhandelt. Eine Entscheidung, so der Vorsitzende Josef Bauer, werde in einigen Tagen fallen.

Der Schiedsrichter erstattete zudem auch bei der Polizei Pfaffenhofen Anzeige wegen der Vorfälle.