Pfaffenhofen
Genialer Auftakt, tristes Ende

08.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:20 Uhr
Erhard Wallenäffer
Höhepunkt zu Jahresbeginn: Kaum mit Eis-Erfahrung ausgestattet, kämpfte Julian Bielmeier (rechts) beim Drift-on-Ice-Rennen im Pfaffenhofener Eisstadion unter anderem den Tschechen Hynek Stichauer nieder und freute sich am Ende über Rang sechs. −Foto: Schaaf, Breu

Pfaffenhofen - Auf ein turbulentes Jahr mit nur wenigen Rennterminen blickt Julian Bielmeier zurück. Der Speedway-Fahrer aus Pfaffenhofen fuhr sogar bis an die Nordsee, um Wettkampfpraxis zu sammeln.

Normalerweise bestreitet Julian Bielmeier in einer Saison rund 35 Speedway-, Sand- und Grasbahnrennen. 2020 jedoch waren es Pandemie-bedingt nur deren 15 - wobei hier schon fünf Eisrennen der Drift on Ice-Rennserie mitgezählt sind. Auch einmal schön sei es gewesen, im Sommer mit Freunden etwas zu unternehmen, denn in den vergangenen drei Jahren sei er ja nur unterwegs gewesen, sagt der 18-Jährige. Anhand einer Karte wiederum berichtet der Pfaffenhofener über seine sportlichen Höhepunkte des vergangenen Jahres und gibt einen Ausblick auf die kommende Saison.

Pfaffenhofen/Ilm

Das neue Jahr war kaum ein paar Tage alt, da wartete bereits ein Highlight auf mich: Drift on Ice im Pfaffenhofener Eisstadion. Die Speedwaybahn, auf der ich meine ersten Runden gedriftet bin, gibt es ja nicht mehr - so hätte ich überhaupt nicht damit gerechnet, irgendwann ein Heimrennen bestreiten zu können. Es war ein genialer Abend vor toller Kulisse. Mit vier Punkten wurde ich Sechster, worüber ich mich freute. Die Drift on Ice-Fahrer sind ja alle erfahrene Füchse, da muss man sich als Neuling erst einmal zurechtfinden. Nach Pfaffenhofen nahm ich noch an vier weiteren Rennen teil - irgendwann hab ich dann gewusst, was wichtig ist, um schnell um das ultrakurze Oval zu kommen.

Zum Beispiel hätte ich es in Chemnitz beinahe auf das Podium geschafft - es hat also schon richtig gut funktioniert. Die Teilnahme bei den Eisrennen war in jedem Falle bereichernd für mich - ich habe technisch viel dazugelernt und natürlich ist es vorteilhaft, wenn man im Winter irgendwo fahren kann. Dann rostet man nicht ein - also bin ich gerne wieder mit dabei, wenn ein Anruf von Ronny Weis kommt, denn mittlerweile besitze ich ja das erforderliche Equipment inklusive passendem Motor.

Meißen

Die Veranstalter aus Sachsen waren die ersten, die es 2020 schafften, ein Speedway-Rennen genehmigt zu bekommen - ein Geisterrennen, aber immerhin. Nach dem letzten Eisrennen im Februar hatte ich ja monatelang kein Startband mehr gesehen, so fieberte ich darauf hin. Und letztlich konnte ich den Pokal für den dritten Platz mit nach Hause nehmen, wobei ich in einem Lauf mit Ronny Weis und Richad Geyer, die beiden Lokalmatadoren bezwingen konnte. Wochen später erkämpfte ich für das deutsche Team beim Ländermatch gegen Tschechien einige Punkte. Im Herbst allerdings, beim Rennen um den silbernen Stahlschuh, lief es nicht nach Plan: Ich kam nie richtig in den Wettkampf und habe meine Vorstellung nach einem Sturz abgebrochen, um meinen Start beim Grasbahnrennen am nächsten Tag in Hessen nicht zu gefährden.

Marianske Lazne

"Mehr als dreckig kann ich nicht werden", habe ich mir gedacht, als ich für das Rennen um die tschechische Langbahnmeisterschaft zugesagt hatte und auf meinen sechsten Platz bin ich stolz. Es war ein hochsommerlicher, extrem langer Renntag, mit hart geführten Kämpfen und heftigen Stürzen. Für mich gewissermaßen ein Gradmesser, um zu sehen wo ich stehe, denn im Fahrerfeld befanden sich einige Weltklassepiloten. Die Bahn gefiel mir vom ersten Meter an: Eine klassische 1000 Meter-Highspeedpiste mit tiefem Belag - das ist etwas für mich.

Allerdings musste ich mich erst einmal an die Härte der Topfahrer gewöhnen: Wenn du voll Stoff fährst und ein Gegner sticht direkt vor deinem Vorderrad nach innen, dann erschrickst du erst einmal. Es gibt auch ein Problem mit dem Strahl: Schneidet dich ein Konkurrent, dann siehst du plötzlich gar nichts mehr, womit man vertraut sein muss. Also ist es nicht einfach, wenn man sein erstes Rennen auf einem solchen Niveau bestreitet, und wird dann gleich so zubetoniert. Das hat mich psychisch ziemlich belastet, denn bei so hohem Tempo können geringste Fehler fatale Folgen haben. Man ist ja nicht nur für sich selbst verantwortlich, sondern die Gegner vertrauen ja auch auf einem - nach dem Rennen war ich jedenfalls platt, da habe ich nichts mehr gebraucht.

Norden/Ostfriesland

Zwischen den Rennen waren heuer lange Pausen - dann habe ich halt immer wieder geschaut: Wo ist ein Training? Wo kann man fahren? Einmal bin ich tatsächlich bis nach Ostfriesland gereist, denn ich dachte mir: "Bevor ich jetzt wieder vier bis fünf Wochen gar keinen Meter mehr fahre, nehme ich den 830 Kilometer-Schlauch in Kauf, und kann zwei Tage lang trainieren." Ich habe dort viel ausprobiert - genauso, wie bei meinen weiteren Übungseinheiten in Gorican (Kroatien), Meißen, Landshut und Olching.

Neuenhasslau

Eigentlich war mein einziges Grasbahnrennen in diesem Jahr eine "gemähte Wiese" für mich: Bis auf zwei meiner Konkurrenten fuhren alle anderen zum ersten Mal bei einem solchen Rennen mit. Jedoch hatte ich von meinem Sturz am Vortag in Meißen noch arge Schmerzen und diese Bahn war gar nichts für einen lädierten Körper: eng und buckelig! So musste ich ganz schön auf die Zähne beißen - konnte aber relativ ungefährdet meinen einzigen Tagessieg in dieser Pandemie-Saison einfahren.

Kirchseeon/Aßling
Im Osten Münchens, bei meinem Förderer und Teamchef Robert Grichtmaier, stehen die Motorräder. Hier wird ständig geschraubt, getüftelt, gereinigt und vorbereitet - selbstverständlich auch für die kommende Saison. Mein Fokus ist auf die Langbahn gerichtet, denn die Rennen auf längeren Gras- und Sandbahnen liegen mir einfach. In dieser Disziplin will ich irgendwann im WM-Zirkus vertreten sein, was nicht heißt, dass ich Speedway vernachlässigen will: Ich hoffe auf Einsätze in den Ligen Frankreichs und Italiens - speziell der Wettbewerb in Frankreich wird professionell organisiert, das habe ich schon erfahren. Keiner weiß allerdings, wann was im neuen Jahr veranstaltet wird - so haben manche Vereine ihre Events schon gestrichen, weil die Situation unsicher ist. Meine Devise für 2021: Ich nehme alles mit, was ich an Starts bekommen kann! 

PK

Erhard Wallenäffer