Scheyern
"Gedanklicher Hochleistungssport"

Alex Polz von den HF Scheyern erklärt, warum ihm sein Job als Handball-Schiedsrichter Spaß macht

23.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:35 Uhr
Nicht nur als Schiedsrichter, sondern auch als Trainer erfolgreich: Mit den Damen der HG Ingolstadt holte Alex Polz in der Saison 2016/17 den Meistertitel in der Landesliga Süd und stieg in die Bayernliga auf. −Foto: Rimmelspacher (Archiv)

Scheyern - Wann ist eine Schiedsrichter-Leistung gut?

In jeder Sportart wird diese Frage gestellt - und fast immer mit der gleichen Antwort gekontert: "Wenn er nicht auffällt. "

Auch Alex Polz sagt das. Der 52-jährige Schiedsrichter und Trainer der Handball-Füchse Scheyern hat bis 2019 im BHV-Kader gepfiffen, als Mitglied des B-Kaders des Bayerischen Handball-Verbands (BHV) mit seinem Schiedsrichter-Partner Christian Geißler also Spiele der Bayernliga Frauen sowie der Männer- und Frauen-Landesliga geleitet. Rund sechs Jahre waren die beiden auf der zweithöchsten Schiedsrichterebene des Landesverbandes aktiv. Mit Fahrten quer durch den Freistaat. Deshalb an dieser Stelle die andere Frage, die sich viele Schiedsrichter oft anhören müssen: Warum tut man sich das an?

Für Polz gibt es drei Auslöser, warum Handballer sich dazu entscheiden, Schiedsrichter zu werden. Die einen erweisen ihrem Verein einen Dienst und helfen dabei, die vorgeschriebenen Schiedsrichter-Kontingente zu erfüllen. Die anderen haben eine finanzielle Motivation und versuchen möglichst viele und möglichst weit entfernte Spiele zu pfeifen, damit sie hohe Fahrtkosten veranschlagen können. Und wiederum andere haben den Handball auf Leistungsebene schätzen gelernt. Der 52-Jährige zählt sich zur dritten Kategorie. "Je höher man kommt, desto weniger wird man verbal angegangen", sagt der Aichacher.

Bereits im Alter von 16 Jahren begann Polz seine Schiedsrichter-Karriere, hörte zwischendurch auf und fing wieder an. Beim Verband sahen sie sein Potenzial und so stiegen Polz und Geißler aus dem Bezirks-Kader bis in den B-Kader auf. "Man wird auf Bezirksebene beobachtet und wenn man gut genug ist, nach oben gemeldet", erklärt Polz. "Dann muss man einen Lauftest, einen Videotest und einen 30-Frage-Test bestehen und einen Lehrgang besuchen. " Für all diese Dinge gibt es Punkte, das schlechteste Gespann steigt aus dem jeweiligen Kader ab, die Besten steigen auf.

Polz und sein Schiedsrichter-Kollege hatten das Ziel, in den A-Kader aufzusteigen, womit man berechtigt ist, Spiele der Männer-Bayernliga zu leiten. Einmal fehlten 0,15 Punkte, einmal wurden weniger Teams hochgeschickt. "Wir hatten beide den Biss und wollten weiter aufsteigen, aber damit war die Motivation dann weg", sagt Polz. Der Aufwand auf diesem Niveau ist immens. Aber der 52-Jährige ist ein Handball-Liebhaber, der auf allen Ebenen versucht, das Maximum zu erreichen. Als Spieler lief er für den SV-DJK Taufkirchen in der Landesliga auf, als Trainer betreute er die weibliche A-Jugend des TSV Haunstetten in der Bayernliga und führte die Damen der HG Ingolstadt zur Landesliga-Meisterschaft samt Bayernliga-Aufstieg.

Inzwischen ist er bei den Handball-Füchse Scheyern im Trainerteam der Damenmannschaft (Bezirksklasse) und in der Torhüterausbildung mannschaftsübergreifend aktiv. "Man darf als Spieler oder Trainer nicht in der Liga unterwegs sein, in der man Spiele als Schiedsrichter leitet", sagt Polz. Auf diese Weise kann er im Bezirk nach wie vor hochklassig pfeifen und trotzdem seiner Leidenschaft des Trainerdaseins nachgehen.

Polz ist aber nicht nur unmittelbar im Spielgeschehen aktiv, sondern auch im Hintergrund. Den Bezirk Altbayern unterstützt der 52-Jährige bei den Schiedsrichter-Beobachtungen. Die Nachwuchsgewinnung ist ein schwieriges Thema, wie in fast allen Sportarten. Auch wenn Polz findet, dass der Umgangston früher noch rauer war und heute von Verbandsseite mehr getan wird, um Jungschiedsrichter zu unterstützen: Respektlosigkeiten gegenüber den Schiedsrichtern gibt es auch heute noch. "Es ist ein Dilemma: Die jungen Schiedsrichter haben aufgrund ihres Mangels an Erfahrung noch nicht alle Fähigkeiten hinsichtlich Spielmanagement und Regelauslegung", sagt Polz. "Zum Start pfeifen sie in den unteren Ligen und da werden sie aufgrund der Regelunkenntnis der Beteiligten tendenziell öfter angegangen. "

Der Verband hat darauf reagiert und schickt Beobachter zu den Spielen, die am Spielfeld präsent sind. "Damit ist viel gewonnen, sie wirken auf die Betreuer und Spieler ein und die Teams werden so friedlicher", sagt Polz. Der 52-Jährige findet das gut, hat aber auch einen anderen, radikaleren Vorschlag. "Jeder, der Handball spielt, muss einen Schiedsrichterschein absolvieren", sagt Polz, der weiß, dass das nur ganz schwer umsetzbar ist. Die Angst, dass zu viele Spieler dem Handball den Rücken kehren, ist zu groß. "Aber das wäre das einzige Mittel, mit dem man Spieler und Trainer auf der einen Seite und Schiedsrichter auf der anderen Seite näher zusammenbringt", sagt der HFS-Schiedsrichter. So würde das allgemeine Regelwissen steigen und vielleicht der eine oder andere Gefallen an der Schiedsrichterei finden.

Denn letztendlich - und damit wäre man wieder bei der Frage, wann ein Spiel für die Schiedsrichter Spaß macht - geht es um Respekt. "Ein cooles Spiel war beispielsweise mal ein hartes, intensives Spitzenspiel in der Männer-Landesliga, bei dem wir anfangs gedacht haben, das entgleitet uns", erzählt Polz. "Dann haben wir es aber in den Griff bekommen und die Spieler haben hinterher gesagt, dass das endlich mal ein geiles Spiel war, bei dem Handball zugelassen wurde. "

Man muss als Schiedsrichter viel Idealismus mitbringen. Der Zeitaufwand ist groß, die finanzielle Entschädigung eher nicht. Doch wenn er ein intensives Spiel im Griff hatte und die Spieler sich danach bedanken, dann fährt Alex Polz mit einem guten Gefühl nach Hause. "Das ist gedanklicher Hochleistungssport, das hält einen fit", sagt er. Und man beschäftigt sich dabei ja mit seiner Lieblingssportart.

Vor allem beim Fußball steht der Unparteiische schnell im Rampenlicht. Doch was ist mit Schieds-, Kampf- und Wertungsrichtern in weniger populären Sportarten? Mit einer "Regelhüter"-Serie wollen wir uns in loser Folgen gerade diesen oft zu wenig beachteten Personen widmen und beschreiben, was ihre Arbeit ausmacht.

PK

Christian Missy