Hettenshausen
Anpassungsprobleme auf internationaler Bühne

Der Hettenshausener Jonas Haimerl zahlt auch bei seinem zweiten Auftritt bei der Tschechischen Juniorenmeisterschaft im Motocross Lehrgeld

23.06.2021 | Stand 20.08.2021, 3:34 Uhr
Motivationsspritze von Papa Martin: Mit einer Tafel mit Kürzeln wie "Zieh durch" oder "dran bleiben" versucht Martin Haimerl seinen Sohn Jonas während des Rennens anzustacheln. −Foto: Haimerl

Hettenshausen - Jinin, der kleine Ort in Südböhmen, ist bekannt für die Motocross-Strecke am Ortsrand.

Noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs ereigneten sich hier WM-Läufe mit bis zu 30000 Besuchern. Am Samstag fanden auf der legendären Strecke Wettfahrten zur Tschechischen Juniorenmeisterschaft im Motocross statt. Mit dabei war der neunjährige Jonas Haimerl aus Hettenshausen, der in seiner Klasse (65 ccm) Plätze im Mittelfeld belegte.

Ein Meer von Wohnmobilen befand sich vor der Strecke, was nicht verwunderte, denn nahezu zweihundert Starter waren in den verschiedenen Klassen gemeldet. Diese kamen auch aus Ungarn, Österreich, Polen, der Slowakei und allen Teilen Deutschlands. Es war extrem heiß, schwül und staubig. Gemütlich sieht anders aus, aber Motocross ist ja von Haus aus keine Sportart, bei der es behaglich zugeht. Inwieweit sich allerdings am Samstag das Gelände um die Berg- und Tal-Piste bei Jinin aufgeheizt hatte, ging schon an die Grenze des Erträglichen. So bekamen die Sportwarte, Helfer und Fans eine ganz spezielle "Bräune" ab - viel schneller, als das die Sonne erledigen könnte: Ursächlich waren die Staubwolken, die immer wieder durch die vorbeirasenden Motorräder aufgewirbelt wurden.

Territorium der höchsten Anspannung

Auch Martin Haimerl empfing seine "Ladung", er hielt sich immer in der Helferbox auf, wenn sein Sohn Jonas die 65 ccm-KTM um den Kurs peitschte. Eine abgegrenzte Zone an der Fahrbahn ist das, in der die Helfer, Trainer und Betreuer ihre Schützlinge anfeuern und Hinweistafeln über die Barriere halten. In der einen Hand das schwarze Schild, in der anderen der neongelbe Filzstift, so hetzte Jonas Vater ständig zwischen dem digitalen Scoreboard und verschiedenen Stellen an der Bahn. Aufgemalt wurde meist die aktuelle Position, aber auch aufmunternde Kürzel wie "Zieh durch! " oder "Dran bleiben! " waren auf den Tafeln zu lesen. Ein Territorium der höchsten Anspannung ist diese Helferbox gewiss bei jedem Rennen, auch am Samstag war das greifbar: "An welcher Stelle taucht Jonas wieder auf? - wird sich Vater Martin immer wieder gefragt haben, als sein Sohn hinter den Hügeln verschwand. Derweil hatte Jonas Haimerls Trainer ein Geheimrezept parat, welches aufhorchen lässt: "An heißen Tagen sollte man unbedingt schneller fahren, so kriegt man mehr Fahrtwind ab und ist schneller fertig", empfahl Josef Dobes. Ob der 62-Jährige das ernst meinte? Ganz auszuschließen ist das auch wieder nicht, denn Dobes mag kein Jammern und keine Ausreden.

Von der Kreisklasse zum Toplevel

Von Jonas Ergebnissen war Dobes jedenfalls nicht allzu begeistert: Zwei Läufe von je zwölf Minuten Länge (plus zwei Runden) hatte der Neunjährige zu bestreiten. In den Ergebnislisten tauchte der Name Haimerl einmal an 19. Stelle und ein weiteres Mal an Position 21 auf. Immerhin 38 Starter jagten vom Startgatter den ersten, wuchtigen Berg hinauf und Haimerl war einer der jüngsten von ihnen, doch das war für Dobes nicht relevant: "Das ist egal. Jonas fehlt noch die Erfahrung, er ist einfach mit einem solchen Szenario überfordert", erklärte der Trainer und brachte einen Vergleich ins Spiel: "Bisher ist Jonas im südbayerischen Raum gefahren und jetzt fährt er internationale Rennen. Das ist, wie wenn ein Fußballspieler vom Dorfverein plötzlich in der zweiten Bundesliga spielen soll. "
Es brauche noch Zeit, bis der Neunjährige auf dem neuen Level ankommen wird, sagte Dobes, der seine Einschätzungen gerne weitergab: "Momentan fährt das Motorrad noch mit Jonas und nicht er mit dem Motorrad. " Wohl auch wegen solcher ehrlichen Expertisen haben sich die Haimerls den 62-Jährigen, in Verbindung mit dessen Sohn, als Trainer ausgesucht. Martin Haimerl jedenfalls spricht von einem Glücksfall und in der Tat steht der Name Dobes für Motorsport auf zwei Rädern: Seine ersten Runden habe er schon vor seiner Geburt gedreht, wie Josef Dobes lachend schilderte: "Meine Mutter fuhr ihr letztes Rennen, als sie mit mir im sechsten Monat schwanger war. " Gegen das "Benzin im Blut" konnte er sich also gar nicht wehren, aber auch Josef selbst gab Gas: Tschechoslowakischer Motocross-Meister war er vor der Wende, jedoch viel wichtiger ist ihm, dass es ihm gelang, seinen Sohn zum WM-Fahrer auszubilden. Auf die Frage, ob er mit Jonas Haimerl ähnliches vorhabe, wird der Altöttinger deutlich: "Das hat weniger mit mir zu tun. Die Eltern und vor allem der Bub müssen das unbedingt wollen. "

wff