Rohrbach
Alter schützt vorm Tennis nicht

Eine Gruppe Rohrbacherinnen hat die Liebe zum Sport auch nach Jahrzehnten nicht losgelassen

19.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:28 Uhr
  −Foto: A. Ermert

Rohrbach (era) Ein Mittwochvormittag in Rohrbach auf dem Tennisplatz: Da trifft man eine Gruppe Tennisspielerinnen des TSV Rohrbach, die ihrer Leidenschaft frönen und das seit fast 50 Jahren.

Bei größter Hitze - und wenn es kalt ist, kommen schon auch mal die Handschuhe zum Einsatz: "Es muss schon schütten, dass wir ein Spiel absagen", meint Burgl Rehm. "Es kommt zwar mal vor, dass telefoniert wird: der Kreislauf haut nicht hin, mir ist schwindelig oder der Arm tut weh - doch letztlich stehen wir dann doch wieder auf dem Platz. " Es wird immer mindestens ein Doppel gespielt, manchmal geht auch noch ein Einzel zusammen.

Wobei Burgl Rehm schon eine ganz eigene Spezies ist. Sie hat es nicht so sehr mit Bewegung oder Spaziergehen: "Das ist Mord", findet sie, aber stundenlang dem Ball nachjagen auf dem Tennisplatz, das hat sie von Anfang an gerne getan. Sie war immerhin schon 35 Jahre alt, als sie diesen Sport für sich entdeckte: Es war Liebe auf den ersten Schlag - und diese Liebe hat sie sich bis heute erhalten. Ganz stolz liest sie ihren Schrittzähler: "Heute bin ich 4196 Schritte gelaufen, das waren 2,38 Kilometer. " Und das mit fast 82 Jahren. "Der Mittwoch ist bis heute immer mein Tag", strahlt Burgl Rehm

Und was noch einmalig dabei ist: Nach dem Tennis kommen oft zehn oder auch noch mehr ehemalige Spielerinnen zum Stammtisch im Tennisheim dazu, man trifft sich zum Brotzeitmachen, es gibt Kaffee und Kuchen und was natürlich dabei nie zu kurz kommt: "Das Ratschen, die Unterhaltung, da wird oft auch hitzig diskutiert, doch richtig böse Worte gibt es nie", da ist sich diese eingeschworene Gemeinschaft einig.

Es ist schon eine lustige Gruppe, die sich da gesucht und gefunden hat. Einen Grund zum Feiern finden sie immer. Seit 1970 gibt es den "weißen Sport" in Rohrbach, es wurde noch ganz in weiß gespielt. Damals wechselten viele Fußballer zum Tennis. Am 2. Oktober 1970 trafen sich die Gründungsmitglieder Heinrich Gigl, Albert Siegmund, Josef Rehm, Heinz Öhler, Heinz und Dieter Huber, Josef Kempf, Fritz Schreistetter, Konrad Peraus, Hans Kugler und die TSV-Vorsitzenden Josef Schwarzmeier und Georg Weber beim Alten Wirt und hoben die Tennisabteilung aus der Taufe. Die sportlichen Frauen aus Rohrbach entdeckten diesen wunderschönen, attraktiven Sport auch sehr schnell für sich. Und Burgl Rehm war federführend bei der Gründung der ersten Damenmannschaft des TSV Rohrbach, die 1984 ihr erstes Punktspiel bestritt.

Doch von den Anfängen in 1970 bis zum ersten Aufschlag im ersten Match am 1. Mai 1984 gegen Großmehring war ein harter Weg für die Damen. Denn Gleichberechtigung auf dem Tennisplatz, die gab es am Anfang noch nicht in Rohrbach: "Die Frauen können am Vormittag spielen oder am Nachmittag, aber am Abend nach 17 Uhr haben Frauen und Kinder auf dem Tennisplatz nichts verloren", war in den Anfängen die klare Ansage der Männerwelt - und die Frauen waren anfangs auch noch sehr folgsam.

Zunächst war Tennis eine reine Männerdomäne, doch da einige der Herren auch mit sportlichen Frauen verheiratet waren, drängten diese dann bald zum Tennis und brachten ihre Freundinnen mit. Aber anfangs wurde nur zur Gaudi gespielt. Doch 1975 wurden schon Freundschaftsspiele ausgemacht: "Man spielte gegen den TC Pfaffenhofen, Wolnzach, Geisenfeld und Ernsgaden", erinnert sich Rehm: "Wir mussten viele, harte Niederlagen verkraften. "

Wogegen die Männer richtigen Ehrgeiz entwickelten, 1973 wurde das erste Punktspiel absolviert und in den Jahren 1983 bis 1985 waren die Rohrbacher Herren führend, die besten Spieler des Landkreises kämpften für den TSV Rohrbach. Doch mit der Zeit wurden die Frauen immer aufmüpfiger und mutiger. Allen voran Burgl Rehm, die aber bei einigen aktiven Spielerinnen noch Überzeugungsarbeit leisten musste. Helga Hiehs war damals von Greding nach Rohrbach gezogen und hatte schon "Tenniserfahrung". Sie war die Frontfrau, die nach einiger Zeit die Rohrbacherinnen zum Wettkampf brachte: Sie sagte: "Ich kann zählen, jetzt versuchen wir mal ein richtiges Match zu spielen. " Und wie sich herausstellte, machte das allen gleich noch viel mehr Spaß.

Als Erstes erkämpften sich die Frauen die Austragung von Meisterschaftsspielen: "Ihr könnt's doch gar nicht spielen" mussten sie sich damals von den "harten Kerlen" gefallen lassen. Doch sie setzten ihren Kopf durch und Burgl Rehm traute sich sogar, abends für ein Damen-Meisterschaftspiel eine Herrenpaarung auszuhängen, "denn man hatte mir gesagt, Meisterschaftsspiele gehen vor". Damals ein Affront für die Herren, das Telefon lief heiß, aber das Spiel wurde abends ausgetragen.

Und am 21. März 1984 war es dann endgültig so weit: Die Frauen hatten sich emanzipiert. Die erste Damenmannschaft wurde gemeldet, teils gegen erbitterten Widerstand einiger Herren, die sogar wütend die Versammlung verließen. Helga Hiehs war die erste Mannschaftsführerin. Sie war oftmalige Vereinsmeisterin im Einzel und Doppel mit Ella Gigl sowie im Mixed und später auch Landkreismeisterin. In der ersten Damenmannschaft spielten, damals noch nicht nach LK-Punkte aufgestellt: Anna Ermert, Rosi Kugler, Rosemarie Huber, Ella Gigl, Helga Hiehs, Burgl Rehm, Ilse Lechleuthner, Marion Kugler, Ulli Murr, damals Schönauer, Christa Siegmund, damals Fuchs und die beiden Schwestern Margot und Karola Schwarzmeier, heute Zwack und Werner.

In dieser Mannschaft gab es einen Altersunterschied von 30 Jahren, was aber zu der Zeit nicht ungewöhnlich war. Bei den vorab durchgeführten Freundschaftsspielen waren zusätzlich Betty Schönauer, Sylvia Gröger, Lucie Jaschke, Traudl Deuschle und Rosmarie Schwarzmeier im Einsatz.

Die meisten dieser Spielerinnen sind heute noch aktiv, nur einige mussten aus gesundheitlichen Gründen aufhören, gehören aber noch zum harten Kern der "Mitttwochsdamen". Der gute Geist dieser Truppe ist Anni Siegmund: Von Anfang an war sie der treueste Fan der Damenmannschaft, war immer als Zuschauerin dabei und drückte die Daumen.

Das erste Punktspiel verloren die Rohrbacherinnen gegen Großmehring mit 3:6, doch dann lief es besser und das Team schaffte gleich auf Anhieb den Aufstieg. Die Damen hatten also schnell Blut geleckt, aber sie taten auch etwas für ihre Fitness. Man trainierte hart und oft, einige fuhren sogar ins Trainingslager nach Porec, man spielte Freundschaftsspiele in Prag und Würzburg, war also international unterwegs. Eine große Aufstiegsfeier gab es natürlich auch. Damals wie heute wurde da so richtig gefeiert. Jede Saison wurde mit einem tollen Fest, fast immer auf der Terrasse von Traudl Deuschle gefeiert. Das waren schon teilweise legendäre Feste.

Die heutigen "Oldies" waren also die Pionierinnen des Frauentennis in Rohrbach, das sich aber danach sehr schnell entwickelte. Bald gab es drei aktive Damenmannschaften, die am Punktspielbetrieb teilnahmen. Die späteren Damen 30 stiegen 2009 in die Bayernliga, die Damen 50 stiegen 2014 in die Landesliga auf.

Man darf aber nicht glauben, dass es für die "Mittwochsdamen" nur Tennis gab. Sie waren auch sonst im Verein sehr aktiv. Wenn irgendwelche Arbeiten zu erledigen waren, waren sie dabei - für Putz- oder Streicharbeiten und alles rund um die Tennisplätze waren sie immer parat. Traudl Deuschle mit ihrem grünen Daumen sorgte für das schöne Gesicht der Tennisanlage. Ein Großeinsatz war der Bau der Tennishalle im Jahr 1979. Dabei versorgten sie die arbeitenden Männer mit Brotzeit und Würstel, hatten immer Kaffee und Kuchen zur Stärkung parat.

1988 wechselten dann die nicht mehr ganz jungen Spielerinnen in eine Seniorenmannschaft und einige Jahre später zu den Damen 50. Ab 2004 spielten die "Oldies" dann in einer Vierer-Mannschaft und 2007 beendeten sie ihre Punktspielkarriere. Fortsetzung war dann das gemütlichere "Mittwochstennis". Bis heute sind sie schon etwas Besonderes in der Tennisabteilung.

Und Burgl Rehm weiß heute, das Sport durchaus nicht Mord ist, sondern gesund ist und jung und fit hält. Das beweist die älteste Mitspielerin Betty Schönauer, die heuer ihren 85. Geburtstag feiert und immer noch gerne den Tennisschläger schwingt. Die "Mittwochsdamen" sind der Beweis, dass man Tennis bis ins hohe Alter mit Begeisterung spielen kann. .