Reichertshausen
Abenteuer in Amerika

Sportstipendiat und Lauftalent Arne Leppelsack studiert in den USA - und entwickelt sich vor allem sportlich weiter

18.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:40 Uhr
Horst Kramer
Aktuell studiert Arne Leppelsack in den USA - und entwickelt sich dort als Sportstipendiat zu einem noch schnelleren Läufer als er eh schon ist. 2018 errang er in der Staffel Gold über 4x 400-Meter - es soll nicht die letzte Medaille sein. −Foto: Görtlitz

Reichertshausen (PK) Der Reichertshausener studiert an einer US-Uni und ist auf dem bestem Weg, einer der schnellsten deutschen 400-Meter-Sprinter zu werden. Seinen deutschen Trainer freut die Entwicklung - Peter Rabenseifner hat für Leppelsacks Laufteam auch schon ein großes und ambitioniertes Ziel: Olympia 2020.

Er scheint noch ein Stückchen größer geworden zu sein seit seinem letzten sportlichem Auftritt im vergangenen August in Dachau. Doch die Wahrnehmung täuscht vermutlich, denn Arne Leppelsack ist mit 19 Jahren und 1,85 Metern voll ausgewachsen. Dass der Reichertshausener 400-Meter-Spezialist, der im Juli den Deutschen 4x400-Meter-Meistertitel errang, dennoch einen gereifteren Eindruck hinterlässt, hat wohl mit seinen Erfahrungen der vergangenen Monate zu tun: Seit September studiert Leppelsack "Business Management" in den USA, die US-Variante der deutschen Betriebswirtschaftslehre. Das frühere MTV-Talent hat im vergangenen Sommer ein Sportstipendiat an der University of Mount Olive (UMO) in North Carolina ergattert. Eine kleine, aber feine Uni, die für ihr starkes Leichtathletikteam landesweit bekannt ist.

Über Weihnachten und Neujahr weilte Leppelsack in der Heimat. "Es ist eine andere Welt", fasst der junge Mann seine Eindrücke zusammen. Gerade in der Leichtathletik. "Die Atmosphäre ist überwältigend", ob im Training oder den Wettkämpfen. "Die eigenen Leute pushen einen förmlich ins Ziel", erklärt Leppelsack mit leuchtenden Augen. Er ist Mitglied der 15-köpfigen 400-Meter-Truppe der UMO. "So viele Langsprinter hat nicht einmal ein deutscher Spitzenverein", erklärt er die Relationen. Der Reichertshausener ist mit einer persönlichen Bestzeit von 47,47 Sekunden der Schnellste eines Kaders, das hauptsächlich aus US-Boys, einigen Mexikanern und einem weiteren Mitteleuropäer - einem Schweizer - besteht. "Am Anfang habe ich kein Wort verstanden, wenn sich die Jungs in ihrem Südstaaten-Slang unterhalten haben", lächelt Leppelsack, "doch inzwischen kann ich über fast alles mitreden." Besonders gut versteht er sich mit seinem Trainer, dem 29-jährigen Clayton Parros - ein international erfolgreicher Sprinter, der vor vier Jahren WM-Gold mit dem US-Quartett über 4x400 Meter holte, ebenso bei den Hallenweltmeisterschaften im selben Jahr. "Clayton versucht, jeden besser zu machen, ganz ähnlich wie mein Münchner Trainer Peter Rabenseifner", führt Leppelsack aus.

Rabenseifner - dessen Vater in Pörnbach lebt - hatte sich im August noch skeptisch ob des US-Trips seines Schützlings gezeigt: "Sehr oft werden Stipendiaten von den US-Unis verheizt", befürchtete der Coach, der vor wenigen Wochen vom BLV zu einem der drei "Trainer des Jahres" gekürt wurde. Doch mittlerweile hat der 49-Jährige sein Urteil revidiert: "Arne scheint mit der Wahl seiner Uni wirklich Glück gehabt zu haben."

Die Anforderungen an der UMO sind allerdings hoch. Morgens um acht Uhr gehen die Vorlesungen los - die eher Seminaren gleichen, da die Universität sehr klein ist. Um 15 Uhr ist Schluss. Eine halbe Stunde später beginnt das Training, zwei bis drei Stunden täglich. Am Wochenende stehen Wettkämpfe an. Wie kürzlich in der Halle von Allendale, Michigan. Um das Reisebudget nicht schon zum Saisonbeginn zu belasten, bewältigte der UMO-400-Meter-Crew die rund 1500 Kilometer mit dem Auto - Clayton Parros und ein Trainerkollege wechselten sich am Steuer ab. "Wir waren 16 Stunden unterwegs und sind trotzdem 3:12,6 Minuten gelaufen", erzählt Leppelsack stolz. Zum Vergleich: Mit der DLV-Staffel erzielte er im Sommer bei der U20-WM 3:07,8 Minuten - im Freien wohlgemerkt und unter besten Bedingungen. Eine Zeit, die Leppelsack im kommenden Frühjahr mit seinen neuen Kameraden locker knacken kann. Deswegen ist des Reichertshauseners Euphorie verständlich, wenn er sagt: "Da wird noch sehr viel kommen - im Einzel und in der Staffel!"

Rabenseifner hört die Botschaft gerne, denn er hat seiner Langsprint-Trainingscrew um den dreifachen Deutschen 400-Meter-Meister Johannes Trefz noch viel vor: "Olympia 2020 in Tokio ist unser Ziel", erklärte der Meistercoach dieser Tage. Deswegen wechselt die gesamte Gruppe zur neuen Saison zum TSV Gräfelfing (Landkreis Starnberg), wo sich zwei solvente Sponsoren bereit erklärt haben, das Olympia-Projekt zu finanzieren. Für Leppelsack mag Tokio noch zu früh kommen, doch dass der Ex-MTVler das Zeug für eine DLV-Karriere hätte, steht für den Münchner wohl außer Frage.

Mitte Mai ist in den USA das Semester zu Ende, Ende Mai gehen die US-Hochschulmeisterschaften über die Bühne. Klar, dass sich Leppelsack bis dahin einiges vorgenommen hat "Zum Beispiel regelmäßig 46-Sekunden-Zeiten laufen", erklärt er selbstbewusst. Seine indirekte Botschaft lautet dabei wohl: Er will an den 45 Sekunden kratzen. Damit würde der junge Reichertshausener zu den zehn schnellsten Läufern in ganz Deutschland zählen - dann als gerade mal 20-Jähriger. Bei den Deutschen Titelkämpfen Anfang August in Berlin könnte Leppelsack im Trikot des TSV Gräfelfing nicht nur seinen Staffeltitel verteidigen, sondern auch erstmals im Einzel angreifen.

Einen Haken hat seiner Übersee-Abenteuer allerdings. "Die Anerkennung meiner US-Abschlüsse an einer deutschen Uni gestaltet sich schwierig", berichtet Leppelsack. In München verlangt man einen BWL-Einführungsseminar-Schein, in Mount Olive werden die Grundlagenkenntnisse in mehreren Kursen gelehrt. Doch Leppelsack wirkt entschlossen, auch diese kleine Hürde zu meistern.
 

Horst Kramer