Der Fußball hat Zwangspause
Zum Glück war's ein kalter Novembertag

Das bleibt im Gedächtnis (2): Patrick Krettek war mit einigen Schiedsrichterkameraden auf Schalke - Einer bekam eine Bierdusche

08.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:34 Uhr
Der Heimblock auf Schalke: Die Neuburger Schiedsrichter verfolgten von dort aus im November 2015 die Partie gegen den FC Bayern München. −Foto: Timm Schamberger/dpa, S. Hofmann

Der Fußball hat Zwangspause - Zeit, sich an denkwürdige Profipartien zu erinnern.

 

Für unsere Zeitung kramen Schiedsrichter der Gruppe Neuburg im Gedächtnis.

Neuburg - Was gibt es Schöneres für den geneigten Fußballfan, als eine spannende Profipartie zu verfolgen? Vielleicht noch, dies in einem für einen selbst neuen, ungewohnten Stadion zu tun. So zumindest erinnert sich Schiedsrichter Patrick Krettek (kleines Bild) an seinen ersten Besuch in der Arena auf Schalke zurück - bleibende Eindrücke sollte es für den damals 22-jährigen Unparteiischen des SC Ried geben.

Mit seinen Kameraden der Schiedsrichtergruppe Neuburg machte er sich auf ins Herz des Ruhrpotts, die Veltins-Arena in Gelsenkirchen war das Ziel, zum Heimspiel empfing der FC Schalke 04 den FC Bayern München. "Ich war damals zum ersten Mal in diesem Stadion und war sehr beeindruckt. Es ist eine imposante Arena, und wenn dann die Lichter ausgehen, die Leute ihre Handybeleuchtung anmachen und fast alle Zuschauer das Schalke-Lied singen, dann ist das eine wirklich krasse Atmosphäre. " Für die Unparteiischen aus Oberbayern gab es sogar eine Stadionführung. "Wir durften uns wirklich alles ansehen. Vom legendären Spielertunnel, der an den Wänden mit Mauerwerk aus dem Kohlebergbau verziert ist, über die Mannschaftskabinen bis hin zu den VIP-Bereichen. Das war der Wahnsinn. "

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Das Topspiel fand am 21. November, einem Samstag, statt. Bereits am Freitagabend reisten die Neuburger Schiedsrichter an - nicht wissend, ob sie tags darauf überhaupt eine Fußballpartie zu sehen bekommen würden. "Das Spiel stand auf der Kippe, weil ein paar Tage zuvor der Terroranschlag in Paris stattgefunden hat", erklärt Krettek.

Die Terroranschläge von Paris am 13. November 2015 hatten damals die Welt erschüttert - 130 Menschen wurden laut Angaben der französischen Regierung getötet, 683 verletzt. Während im 10. und 11. Pariser Arrondissement sowie in der Vorstadt Saint-Denis Terroristen des sogenannten Islamischen Staates mordeten, gab es im Stade de France ein Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland. Vier Tage später wurde das in Hannover angesetzte Match zwischen Deutschland und den Niederlanden 90 Minuten vor Anpfiff wegen einer Bombendrohung abgesagt. Auf Schalke wurde weitere vier Tage dagegen gekickt, ein Stück Normalität hielt wieder Einzug.

In Deutschland dürfen Fußballschiedsrichter Profipartien kostenlos im Stadion verfolgen - sofern sie sich zeitig genug um Karten kümmern. "Wir haben uns extra fünf Stunden vor Spielbeginn angestellt", berichtet Krettek. Und es hat sich gelohnt, die Neuburger bekamen sogar Karten für den Heimblock - was zuvor keiner von ihnen geahnt hatte. "Wir dachten schon, das könnte interessant werden, weil wir ein paar Bayern-Fans dabei hatten, die man anhand der Klamotten als solche erkennen konnte", erzählt Krettek mit einem Schmunzel und ist heute noch froh, dass dies bei ihm nicht der Fall war. "Aber zum Glück war es ein kalter Novembertag und alle trugen Jacken, so dass man das ein bisschen verbergen konnte. " Für die Bayern-Fans im Stadion ging die Partie auch schon gut los, denn Schalkes Leon Goretzka brachte die Gäste mit einem Eigentor bereits in der 9. Minute in Führung. Die Schalke-Welt war wieder in Ordnung, als Max Meyer in der 17. Minute zum 1:1 ausglich. Zorn flammte bei so manchem Heim-Fan auf, als Javi Martinez in der 69. Minute das 2:1 für Bayern machte - und das bekam einer der Neuburger Unparteiischen zu spüren. "Trotz Jacke hat man bei ihm gesehen, dass er drunter einen Bayernschal trug", berichtet Krettek. "Als dann Martinez das 2:1 gemacht hat - ein wunderschönes Tor übrigens - , hat einer meiner Schiedsrichterkollegen von hinten eine Bierdusche von einem Schalker abbekommen. "

Und so blieb von dieser Partie, die der FC Bayern München am Ende mit 3:1 gewann, der bleibende Eindruck letztlich eine Szene, die sich am Rande des Geschehens abspielte und auch heute noch im Kreis der Schiedsrichtergruppe Neuburg als gern gehörte Anekdote gilt.

bas