Ingolstadt
Stolze Adresse im Damenhandball

MTV Pfaffenhofen verpflichtet Spitzenspielerin Melanie Habold vom Landesliga-Konkurrenten HG Ingolstadt

27.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:48 Uhr
"Ich freue mich auf die Veränderung": Melanie Habold erlebte bei der HG Ingolstadt eine erfolgreiche Zeit, künftig spielt sie für den MTV Pfaffenhofen in der Landesliga. −Foto: Rimmelspacher

Ingolstadt/Pfaffenhofen - Die Handballerinnen des MTV Pfaffenhofen haben einen spektakulären Neuzugang für ihr Landesliga-Team verpflichtet.

 

Von der HG Ingolstadt kommt Melanie Habold (geb. Pöschmann), die seit Jahren eine der besten Handballerinnen der Region ist. Der Wechsel könnte die Vorzeichen der beiden Liga-Konkurrenten vor Saisonbeginn durcheinanderwirbeln.

Melanie Habold hatte eine Eingebung. Als die Handball-Saison wegen der Corona-Krise abgebrochen wurde, lief es für die Frauen der HG Ingolstadt in der Landesliga Süd schlecht. Von sieben Rückrundenspielen gewannen die Schanzerinnen nur eins, blieben im Kalenderjahr 2020 gänzlich ohne Punkt. Habold, seit 2004 im Verein, hatte da schon länger mit dem Gedanken gespielt, die HG zu verlassen. Weil sich "irgendwann ein Trott einschleift", wie die 31-Jährige sagt. Über den Wechsel zu einem Bezirksoberligisten aus der Region hatte sie schon nachgedacht, doch eher zufällig erfuhr sie: Der MTV Pfaffenhofen ist in die Landesliga aufgestiegen. "Da wusste ich, das ist genau das, was ich machen will und was ich machen muss", sagt Habold.

Die Ingolstädterin kontaktierte MTV-Trainer Thomas Hofmann, schaute mal im Training vorbei, die Zusage kam dann ziemlich flott. Kommende Saison wird Habold für Pfaffenhofen spielen. Für den MTV ist das eine absolute Sensationsverpflichtung.

Denn Habold war Leistungsträgerin, Führungsspielerin und Top-Torschützin einer Ingolstädter Mannschaft, die in den vergangenen Jahren die höchstklassigste Mannschaft der Region war. In der Saison 2016/17 gelang nach mehreren Jahren, in denen die HG in der Landesliga oben mitspielte, unter Trainer Alex Polz der Aufstieg in die Bayernliga, wo die Mannschaft zwei Saisons lang vertreten war. Habold gehörte stets zu den besten Torjägerinnen der Liga. In der Saison 2019/20 erzielte sie 144 Treffer in 19 Spielen.

Wenn die beste Spielerin ligaintern zum direkten Konkurrenten wechselt, verschiebt das dann das Kräfteverhältnis zwischen Aufsteiger (MTV) und Etabliertem (HG)?

Aus unterschiedlichen Motiven sind beide Seiten bemüht, die Auswirkungen des Wechsels nicht überzudramatisieren. HG-Trainer Roland Kratzer macht zwar keinen Hehl daraus, dass seinem Team eine ordentliche Portion Qualität wegbricht ("Das ist sehr schade, sie war in Angriff und Abwehr eine dominante Spielerin, die auch den Mitspielerinnen etwas beibringen konnte"), verweist aber auf die Chancen für andere Akteure im Team. "Wir versuchen, ein neues, variableres System aufzubauen, Spielerinnen, die sich bislang etwas zurückgehalten haben, müssen nun mehr Verantwortung übernehmen", sagt er und nennt Lisa Günther, Pia Dietz, Isabella Enzensberger, Chiara Ziller und Neuzugang Michelle d'Harcourt.

MTV-Trainer Hofmann, auch sonst nicht als Luftschlösser-Konstrukteur bekannt, will nichts von größeren Zielen als dem Klassenerhalt wissen. "Wir haben viele junge Spielerinnen, das Ziel ist es, dass wir uns in der Landesliga etablieren", sagt Hofmann. "Die Mannschaft ist auch ohne Melanie landesliga-tauglich. "

Dass diese Verpflichtung seine Mannschaft nach vorne bringt, steht für Hofmann aber außer Frage. "Unser junges Team wird von Melanies Erfahrung profitieren", sagt er. Eine Einschätzung, die sich mit der von Habold deckt. "Ich denke, ich kann in heiklen Spielsituationen dazu beitragen, Ruhe reinzubringen", sagt die 31-Jährige. Aber eigentlich will sie ihr Spiel gar nicht dem neuen Team aufdrängen, sondern ihrerseits vom neuen Umfeld geprägt werden. "Ich will mich weiterentwickeln", sagt sie. "Ich will handballerisch da anknüpfen, wo ich vor zwei Jahren stand. " Damals spielte sie mit der HG Ingolstadt in der Bayernliga.

Dafür sah sie in Ingolstadt keine Möglichkeit mehr. Am Ende der Saison fehlte die Motivation, "von Training zu Training 100 Prozent zu geben", wie Habold erklärt. "Ich habe gemerkt, dass ich neue Impulse brauche, um das Bestmögliche rauszuholen. Ich brauchte einen Cut, um etwas komplett anderes zu sehen. " Die Mitspielerinnen konnten die Entscheidung trotz aller Traurigkeit nach all den gemeinsamen Jahren nachvollziehen, auch HG-Coach Kratzer nimmt die Entscheidung sportlich. "Damit muss ein Trainer leben, solche Spieler ziehen zu lassen", sagt er. Habold beteuert die HG und sie gehen keinesfalls im Schlechten auseinander. "Auch wenn ich jetzt gelb-blau trage, schlägt mein Handballherz auch weiterhin für blau-weiß", sagt die 31-Jährige, die in der Jugend auch für die DJK Ingolstadt spielte.

Die Entscheidung ist also rein sportlicher Natur. Um auf das bestmögliche Niveau zu kommen, sei es nötig, aus dem jahrelangen Schema auszubrechen. Mal andere Laufwege gehen, andere Auslösehandlungen spielen, nicht automatisch nach rechts, sondern auch mal nach links blicken. "Ich will in der Region so lange es geht soweit oben wie möglich spielen", sagt Habold. "Ich freue mich auf die Veränderung. "

Beim MTV Pfaffenhofen empfinden sie es als Kompliment, dass solch eine Spitzenspielerin an den Verein herantritt. "Wir haben in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet und sind stolz, eine gute Adresse im Damenhandball zu sein", sagt Hofmann. Dementsprechend warmherzig wurde Habold auch aufgenommen. "Die Mädels sind total offen, mich fasziniert es, wie sie als Mannschaft auftreten", sagt Habold, "und von Thomas als Trainer halte ich im technischen und taktischen Bereich sehr viel. "

Trotzdem spricht beim MTV niemand davon, Habolds Ex-Verein in dieser Saison zu überflügeln. "Ich will mit meiner Erfahrung dazu beitragen, dass wir uns schnell an die Liga gewöhnen und von Spiel zu Spiel wachsen", sagt Habold. "Aber ich gehe in jede Partie mit der Einstellung, sie gewinnen zu wollen. " Das würde auch die beiden Duelle mit der HG einschließen. Ein Gegner mit Habold in Top-Form ist jedenfalls für kein Team eine gute Nachricht. "In Pfaffenhofen ist so viel Motivation und Potenzial in der Mannschaft, das hat mich total mitgerissen", sagt Habold. Die spontane Eingebung hat das Feuer wieder entfacht.

DK

 

Christian Missy