Ingolstadt
RSC Ingolstadt trauert um Manfred Hengmith

27.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:30 Uhr
Das ehemalige Vorsitzende des RSC Ingolstadt, Manfred Hengmith, ist am Donnerstag gestorben. −Foto: Julian Bird

Ingolstadt (DK) Der Radsport war seine Leidenschaft: Nun ist Manfred Hengmith im Alter von 70 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Der Wettstettener war insgesamt 38 Jahre lang Vorsitzender des RSC Ingolstadt und formte etliche Radsporttalente.

Ein Café con Leche und zur Erfrischung ein Agua sin gas durften auf Manfred Hengmiths Lieblingsinsel Mallorca bei einer ausgiebigen Trainingseinheit nie fehlen. Auf der Baleareninsel machte der RSC Ingolstadt regelmäßig Station, meist im Februar oder März. Dort schafften die Radsportler des RSC unter der Leitung von Hengmith viele Jahre lang die Grundlage für eine neue, erfolgreiche Rennsaison. Nun ist Ingolstadts Mr. Radsport gestorben. Den Radsport hat der 70-Jährige in Ingolstadt geprägt wie wohl kaum jemand anderes vor ihm. Für viele hoffnungsvolle Talente war Hengmith ein Mentor, ein Ratgeber und ein Freund. „Er hat für den Verein leidenschaftlich gelebt. Der Verein war quasi er“, sagt Juri Kalintschenko, der seit 2006 für den RSC Ingolstadt Rennen fährt.

Als Hengmith 1979 seine Arbeit beim RSC Ingolstadt aufnahm, hatte der Verein zehn Mitglieder, erzählte er im Jahr 2017 dem DONAUKURIER. Heute sind es knapp 100 Mitglieder. Gleichzeitig zählt der RSC Ingolstadt zu den renommiertesten und erfolgreichsten Radsportvereinen in ganz Deutschland. „Das ist dem außergewöhnlichen Engagement von Manfred zu verdanken“, sagt der ehemalige Radprofi und sportliche Leiter des RSC Ingolstadt, Rolf Haller. „Er war eine Koryphäe. Vor allem die Jugendarbeit hat er konsequent gefördert, auf profihafte Art.“ So formte Hengmith zahlreiche Talente. Alexander Grad wurde unter Hengmith mehrfacher Bayerischer Jugendmeister und entwickelte sich zum Profi im Team Kuota-Indeland und im Team Heizomat. „Er war mein Mentor und später in meiner KT-Zeit (Kontinental-Team, 3. Liga im Radsport, d. Red.) mein Ratgeber“, sagt Alexander Grad. „Er hat mich vom Radfahrer zum Rennfahrer gemacht.“ Mit seinem ruhigen, aber zielorientierten Charakter sei er ein „entscheidender Impulsgeber“ in Grads Karriere geworden. Seit 2005 baute er den inzwischen bei Rosenheim lebenden ehemaligen Radprofi auf. „Ohne Manfred wäre ich nicht so weit gekommen“, sagt Grad.

Ähnlich sieht es auch Patrick Haller, der neben seinem Vater vor allem Manfred Hengmith als großen Mentor seiner Karriere sieht. „Als wir nach Ingolstadt gezogen sind, hat er sich um mich gekümmert, mir Tipps geben und mir geholfen“, sagt Patrick Haller (21), der aktuell für das KT-Team Heizomat rad-net fährt. „Gerade für den Nachwuchs hat er sehr viel getan. Es wird schwer jemanden zu finden, der in seine Fußstapfen in der Nachwuchsförderung tritt.“ Aber nicht nur Grad oder Haller förderte Hengmith, sondern auch Evi Pfannes, die beispielsweise Deutsche Vizemeisterin wurde oder Christian Grünwald, ein ehemaliger WM-Teilnehmer. Auch sein Sohn Klaus Hengmith fuhr erfolgreich als A-Fahrer viele Jahre für den RSC Ingolstadt.

Doch vor allem die Bahnradfahrer räumten etliche Medaillen und Siege ab. „Der Radsport war seine Leidenschaft, der Bahnradsport seine Liebe“, beschreibt es Rolf Haller treffend. Denn vor allem für den Bahnradsport konnte sich Manfred Hengmith begeistern. Deshalb zählte der RSC Ingolstadt zu einer der besten Adressen für ambitionierte Radsportler und Diamanten, die geschliffen werden wollten.

38 Jahre lang stand Manfred Hengmith an der Spitze des RSC Ingolstadt. 2018 kandidierte er nicht mehr für eine weitere Amtsperiode. Doch er hinterließ große Fußstapfen, neben den vielen Erfolgen und Medaillen. „Während meiner Zeit beim RSC Ingolstadt haben wir 1984 die Radtouristikfahrt ,180 Kilometer rund um Ingolstadt‘ initiiert“, erzählte Hengmith im Jahr 2017 dem DONAUKURIER. Auch der Ingolstädter Straßenpreis rief er ins Leben. Das Rennen mit Start und Ziel in Wettstetten wurde teilweise sogar bis zu einem Bundesligarennen aufgewertet. Auch der Sprint-Star Erik Zabel ging dort im Jahr 1991 einmal an den Start. Neben dem RSC Ingolstadt war Hengmith auch viele Jahre bei der Bayern-Rundfahrt aktiv. Zuerst als Mitbegründer, später als technischer Leiter. 1990 wurde Hengmith zum Präsidenten des Bayerischen Radsportverbandes (BRV) gewählt. „Allerdings war ich beruflich als Ingenieur beim Max-Planck-Institut sehr stark eingespannt“, erklärte Hengmith einst, warum er beim BRV nur eine Amtsperiode tätig war.

Seine schwere Krankheit hielt ihn aber bis zuletzt nicht davon ab, seiner großen Leidenschaft, dem Radsport, treu zu bleiben. Vor allem sein Optimismus in dieser Zeit zeichneten ihn aus. „Er war ein Kämpfer und hat die letzten Jahre trotz der Krankheit so viel geleistet“, sagt Patrick Haller. „Er hat den allergrößten Respekt verdient und wird uns allen sehr fehlen.“ Ohne ihn, so lautet der Tenor von den Menschen, die Manfred Hengmith über die Jahre begleitet und geformt hat, wäre der RSC Ingolstadt nicht da, wo er jetzt ist. „Er war ein außergewöhnlicher Mensch. Ich bin froh, dass ich ihn kennenlernen durfte“, sagt Rolf Haller.

Als im Jahr 2017 Manfred Hengmith im DONAUKURIER verkündete, dass er seinen Vorsitz beim RSC Ingolstadt im Frühjahr 2018 abgeben würde, wünschte er sich, dass er noch viele „schöne Radtouren in der Region und natürlich auf Mallorca“ erleben wolle. Nun wird er schmerzhaft vermisst werden bei den kommenden Trainingslagern und Ausfahrten des RSC Ingolstadt. Seine Beisetzung wird in aller Stille erfolgen.

Timo Schoch