Ingolstadt
Plötzlich der größte Klub der Stadt

Nach MTV-Aus: Die besten Handballteams Ingolstadts spielen jetzt bei der HG - Klub regt Fusionen an

04.09.2020 | Stand 23.09.2023, 13:57 Uhr
Vergangenheit: Handball-Derbys zwischen dem MTV Ingolstadt (hier im Jahr 2016 mit Stephan Auernhammer, oben) und der HG Ingolstadt (blaue Trikots) wird es so schnell nicht wieder geben. −Foto: Rimmelspacher/Archiv

Ingolstadt - Das Wort "geschluckt" kann Joachim Murgg so nicht stehen lassen.

 

"Das klingt irgendwie so, als hätten wir etwas dazugetan", sagt der stellvertretende Abteilungsleiter der HG Ingolstadt. Schade sei es, für den MTV Ingolstadt tue es ihm leid. Aber es ist jetzt nun mal so: Nach dem Aus des Landesliga-Männerteams des MTV ist die HG Ingolstadt der Handballverein Nummer eins in der Stadt.

Schon vor eineinhalb Jahren wechselte die zweite Männermannschaft des MTV fast geschlossen zur MBB SG Manching, nach der vergangenen Saison löste sich die Erste nach Unstimmigkeiten zwischen dem damaligen MTV-Abteilungsleiter Norbert Hartmann und dem Hauptverein auf. Nun ist zur neuen Spielzeit die MTV-Frauenmannschaft komplett zur HG gewechselt. Kein Erwachsenenteam beim MTV, dagegen zwei Männer- und drei Frauenmannschaften bei der HG - dort will man das Momentum, das sich unerwartet ergeben hat, nutzen. "Wir sind jetzt der größte Klub und die einzige Anlaufstelle, die bei den Erwachsenen unterschiedliche Ligen bieten kann", sagt der 32-jährige Murgg, der Teil eines vor einem Jahr stark verjüngten HG-Vorstands ist.

Bei den Frauen war die HG mit dem Landesliga-Team schon zuvor die sportlich beste Ingolstädter Adresse. Durch die Neuzugänge vom MTV können die Schanzer eine dritte Mannschaft melden und sind dadurch in der Breite sehr gut aufgestellt. Allerdings erwarten die Vereinsverantwortlichen schwierige Spielzeiten für die Damen I in der Landesliga - nicht zuletzt wegen des Abgangs von Rückraumspielerin Melanie Habold (wir berichteten) - und die Damen II des neuen Trainers Kurt Rothemund in der Bezirksoberliga. "Es wird eine harte Saison, aber die erste Mannschaft strebt einen Mittelfeldplatz an", sagt Murgg.

Neu für die HG ist dagegen, auch bei den Männern die höchstklassigste Mannschaft der Stadt zu haben. Mit Johannes Achhammer und Laszlo Almasi verstärken zwei ehemalige MTV-Spieler den Bezirksoberliga-Kader. Das Ziel der Mannschaft von Trainer Markus Anders ist der Aufstieg in die Landesliga. Vergangene Saison wurde die HG Vierter, nennenswerte Abgänge gab es keine. "Die sieben Rückrundenspiele, die ausgetragen wurden, haben wir alle gewonnen", sagt Murgg, einer der beiden Torhüter der Mannschaft. "Die Jungs entwickeln sich jetzt nochmal weiter und die Spielanlage wird ein bisschen schneller. "

Für den Aufstieg muss die HG Meister werden, da aus der Bezirksoberliga nur ein Team aufsteigt. Auch die Zweite will "oben mitspielen", sagt HG-Torhüter Michael Rothemund. "Wir haben drei Neuzugänge von der DJK Ingolstadt und einen neuen Torwart aus Würzburg. " Für Murgg wären "zwei Aufstiege im Herrenbereich ein Traum".

Im Erwachsenenbereich geht die HG also ambitioniert in die neue Saison, trotz coronabedingter Einschränkungen läuft die Vorbereitung gut. Im Jugendbereich könnte die Situation aber besser sein. "Das wurde lange Zeit schleifen gelassen, darum kümmern wir uns jetzt stärker", sagt Murgg. Handball-AGs an Grundschulen, Ferienpassaktionen, Handball-Camps mit Ex-Profi Chrischa Hannawald heißt das in der Praxis. "Vor vier, fünf Jahren gab es im ganzen Umkreis eine Flaute, jetzt kommen die Kinder wieder", sagt Rothemund, der die weibliche A-Jugend trainiert. "Trotzdem haben wir bei den Jungs eine Zwei-Jahres-Lücke drin, die wir füllen müssen, und bei den Mädchen ist zwischen A- und E-Jugend gar nichts. "

Während sich im Erwachsenenbereich der höherklassige Handball nun unter dem Dach der HG versammelt hat, fischen im Jugendbereich noch viele Vereine im selben Teich. Murgg und Rothemund bringen deshalb eine Lösung ins Spiel, die im Ansatz schon vor acht Jahren angedacht wurde (siehe Kasten). "Wir müssen irgendwann über einen Zusammenschluss reden", sagt Murgg, der damit nicht nur die Ingolstädter Klubs HG, DJK und MTV meint, sondern auch den TSV Gaimersheim und die MBB SG Manching. "Will man hier über kurz oder lang Landes- und Bayernliga-Handball sehen, müssen wir auf größerer Ebene zusammenarbeiten. " Zwischen Manching und der HG gab es bereits vereinzelt Spielgemeinschaften im Juniorenbereich, auch mit der DJK sei schon über Kooperationen beim Kinderhandball nachgedacht worden. Auch wenn es schwierig sei, weil niemand gerne seine Handballabteilung aufgebe, Murgg sieht die jüngere Generation der Vereinsverantwortlichen für solche Schritte empfänglich. "Ein großer Verein zieht mehr Zuschauer an und ist attraktiver für Sponsoren, früher oder später muss es passieren. Wir hoffen darauf", sagt Murgg.

Sein großer Wunsch: höherklassiger Handball mit einheimischen Spielern. Also das Gegenteil des Ansatzes, mit dem der MTV Ingolstadt scheiterte. "Es funktioniert nicht, mit Geld Spieler aus dem Ausland zu holen, weil diese Spieler keinen Bezug zum Verein haben", sagt Murgg. Statt den Erfolg zu erzwingen, ist die HG bereit im Nachwuchs- sowie im Erwachsenenbereich einen "langen Weg" zu gehen. Vielleicht irgendwann sogar im Zusammenschluss mit den anderen Ingolstädter Klubs. "Bis das soweit ist, werde ich vermutlich nicht mehr spielen", sagt Murgg mit einem Lächeln. Ein paar Jahre will der 32-Jährige aber schon noch im HG-Tor stehen.

DK

Christian Missy