Schrobenhausen
"Nicht umhauen lassen, sondern durchhalten"

Zwischen Verletzungspech und Pokalsieg: Die Schrobenhausenerin Melike Pekel über ihre erste Saison bei Paris Saint-Germain

15.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:14 Uhr
Vor dem Eiffelturm: Die 23-Jährige genießt ihre Zeit in Paris. −Foto: Fotos: privat

Schrobenhausen/Paris (DK) Melike Pekel ist gerade zurück bei ihrer Familie in Schrobenhausen - bestens gelaunt, als frischgebackene französische Pokalsiegerin 2018. Wobei nicht alles für sie in der vergangenen Saison rund gelaufen ist.

Ihr erstes Jahr bei Paris Saint-Germain war eines mit Höhen und Tiefen. Eines, in der die mittlerweile 17-fache türkische Fußball-Nationalspielerin eine Menge lernen musste. Wir haben mit Pekel darüber gesprochen, was sie alles erlebte, was sie sich für die nahe Zukunft vornimmt und wie es ihr geht.

Frau Pekel, zunächst Gratulation zum Gewinn des "Coupe de France féminine". Hat Ihre Einzelmedaille bereits einen Ehrenplatz bekommen?

Pekel: Ja, durchaus. Daheim in Schrobenhausen gibt es ein schönes Regal, auf dem ich alle Pokale, Trophäen und Plaketten sammle, die ich im Laufe meiner Karriere erhalte.

Das war ja schon bis jetzt nicht gerade wenig.

Pekel: (lächelt) Es lief bislang wirklich nicht schlecht.

War der Triumph im französischen Pokalwettbewerb 2018 der vorläufige Höhepunkt für Sie?

Pekel: Absolut. Für mich ist es der erste "echte" Titel auf nationaler Ebene. Zugegeben, mit dem FC Bayern München war ich 2015 bereits Deutscher Meisterin geworden - aber damals hatte ich nur zwei Einsätze mit insgesamt nur 31 Minuten auf dem Spielfeld. Jetzt hingegen gehörte ich bei PSG regelmäßig zum Kader, das fühlt sich deutlich besser an.

Welchen Stellenwert hat der Cup-Wettbewerb in Frankreich?

Pekel: Einen sehr hohen, gerade heuer. Olympique Lyon wollte ja nach dem Gewinn der französischen Meisterschaft sowie der Champions League unbedingt das Triple holen - und das haben wir jetzt verhindert. Dass uns im Finale auch ein bisschen das Glück zur Seite stand, dass beim Stand von 1:0 für uns ein wohl klares Tor von Olympique in allerletzter Minute nicht anerkannt wurde - was soll's?

Sie selbst kamen im Endspiel allerdings nicht zu Einsatz.

Pekel: Das stimmt. Nach meiner Verletzung im Frühjahr war für mich schon lange vor dem Finale klar gewesen, dass ich in Straßburg wohl eher nicht zum Kader gehören werde. So fieberte ich eben von draußen mit, drückte fest die Daumen - zumal ich in den Pokalrunden zuvor sehr wohl auf dem Platz mitgeholfen hatte, dass PSG überhaupt ins Endspiel kommt.

Was war das denn für eine Verletzung?

Pekel: Ich hatte mir Anfang April bei der türkischen Nationalmannschaft in Istanbul gleich drei Bänderanrisse im rechten Knöchel zugezogen.

Eine Operation war trotz allem nicht nötig?

Pekel: Gott sei Dank nicht. Ich benötigte zunächst zwar Krücken und hatte dann eine Woche lang eine Schiene zu tragen, mehr passierte aber nicht - von den täglichen Behandlungen einmal abgesehen, die von Vereinsseite durchgeführt wurden.

Damit waren Ihre Chancen, sich in der Rückrunde mehr Spielzeit zu erarbeiten, allerdings mit einem Schlag dahin.

Pekel: Leider ja. Aber das war eben so, Verletzungen gehören zum Fußball dummerweise auch dazu. Man darf sich von so etwas nur nicht umhauen lassen - sondern muss durchhalten, daraus das Beste machen und fest daran glauben, dass alles wieder gut wird.

Sie mussten 2017/18 einiges in Paris lernen - wie etwa die Tatsache, erstmals in Ihrer Karriere keine Stammspielerin mehr zu sein. Ihre Saisonbilanz am Ende: "nur" sieben Einsätze in der Division 1 Féminine - mit insgesamt 179 Einsatzminuten. Hat sich der Wechsel vom FC Metz zu PSG trotzdem gelohnt?

Pekel: Auf jeden Fall. Ich stehe aktuell bei einem der namhaftesten, der besten Fußballvereine auf der Welt unter Vertrag - was will man mehr? Natürlich wäre es toll gewesen, wenn ich noch öfter hätte spielen dürfen. Aber mir war von Beginn an klar gewesen, dass das erste Jahr in Paris eher eine Art Probezeit werden wird. Das erging mir nun so - und so ist es bereits einigen Neuzugängen davor bei PSG ergangen. Ich hoffe jetzt nur, dass ich in der neuen Saison komplett verletzungsfrei bleibe, dann wird so richtig angepackt.

Und das gegen eine Vielzahl weiterer Top-Spielerinnen, die ebenfalls in die Pariser Startformation möchten.

Pekel: Natürlich ist der Konkurrenzdruck groß, aber trotz allem haben wir hier ein tolles Miteinander. Man pusht sich gegenseitig, ist nicht neidisch aufeinander. Das alles ist schon ein bisschen anders als in deutschen Teams.

Sie scheinen sich in Frankreich ja richtig wohl zu fühlen?

Pekel: Zweifellos, das tue ich. Mein halbes Jahr in Metz war bereits toll, und Paris ist ebenfalls super. Ich habe schon sehr viel über die Kultur des Landes gelernt, und auch mit der Sprache klappt's immer besser.

Was bedeutet das konkret?

Pekel: Wenn andere Personen französisch sprechen, verstehe ich bereits alles - und selbst kann ich mich schon sehr gut verständlich machen. Aber hey, ich hatte auch gar keine andere Wahl - denn in diesem Land kann nahezu niemand englisch reden. Beziehungsweise will es nicht. (lacht)

Die Franzosen sind also ein spezielles Volk.

Pekel: In der Tat, das sind sie. Aber auch ein sehr lustiges, extrem liebenswürdiges.

Fühlen Sie sich nicht einsam in Paris - fernab Ihrer Familie in Schrobenhausen?

Pekel: Schrobenhausen ist natürlich weiterhin mein Zuhause, daran hat sich nichts geändert. Aber ich genieße es auch, in Paris sein zu dürfen - zumal ich dort bereits eine Vielzahl an Freunden gefunden habe. Mit ihnen an schönen Abenden zum Beispiel in der Nähe des Eiffelturms sitzen zu dürfen - wow, das hat durchaus etwas.

Sie haben mittlerweile 17 Länderspiele für die türkische Nationalmannschaft bestritten. Welchen Stellenwert nimmt diese für Sie ein?

Pekel: Selbstverständlich weiterhin einen sehr hohen. Für die Türkei spielen zu dürfen, macht mich extrem stolz - auch wenn ich inzwischen beim wohl besten Klub auf dieser Welt unter Vertrag stehe.

Oder gerade deshalb?

Pekel: Vielleicht. Fakt jedenfalls ist, dass das mediale Interesse an mir, seitdem ich bei PSG bin, in der Türkei deutlich zugenommen hat. Auf mich wird nun viel mehr geschaut, es gibt eine Menge Interviewwünsche. Ich werde zum Teil sogar schon auf der Straße erkannt, gegrüßt sowie fotografiert.

Das wirkt so, als wären Sie bereits ein echtes Idol für den türkischen Frauenfußball.

Pekel: Ich weiß zwar nicht, ob man das so bezeichnen kann - aber das Gefühl ist geil. Andererseits möchte ich mich darauf nicht ausruhen, sondern probiere, mit meiner momentanen Popularität auch etwas Positives zu erreichen. Ich versuche in der Öffentlichkeit immer wieder deutlich anzusprechen, wie der türkische Frauenfußball verändert werden muss, was zu verbessern ist. Man stelle sich vor: Wir sind in der WM-Qualifikation im Vorjahr an den Färöer-Inseln gescheitert. Das war einfach nur extrem peinlich.

2024 will die Türkei die EM-Endrunde der Männer ausrichten, sie geht als einziger Konkurrent ausgerechnet von Deutschland ins Rennen. Für wen schlägt Ihr Herz bei dieser Entscheidung?

Pekel: Mich würde es schon freuen, wenn die Türkei den Zuschlag bekommen würde. Die Gastfreundschaft des Volkes ist ihr großes Plus, zudem würde es außerhalb der Spiele viele tolle Sehenswürdigkeiten zu besichtigen geben. Einmal ganz davon abgesehen: Deutschland durfte doch bereits eine EM-Endrunde ausrichten. Es wäre doch schön, wenn im Jahr 2024 mal jemand anders dran wäre.

Sie selbst befinden sich offiziell in der Sommerpause. Haben Sie eine Reise geplant?

Pekel: Ja, es geht mit meinen Cousins für eine Woche nach Bodrum an die türkische Südwestküste.

Und wann beginnt die offizielle Vorbereitung bei PSG?

Pekel: Mitte Juli geht's zurück nach Paris, die neue Punktrunde beginnt erst Ende August.

Also noch jede Menge Zeit, um 100-prozentig fit zu werden und sich für einen Platz in der Stammelf anzubieten.

Pekel: Ich hoffe es. Wobei wir Ende Juli zu einem Trainingslager nach Miami in Florida aufbrechen. Wow, ich werde dann also erstmals in die USA reisen - wobei ich aufgrund meiner Flugangst zugegebenermaßen auch ein bisschen Respekt davor habe. (lächelt)

Wie lautet Ihr Saisonziel für 2018/19?

Pekel: Deutlich mehr Einsatzzeiten bei PSG bekommen, außerdem soll's mit dem Nationalteam spürbar bergauf gehen.

Paris Saint-Germain hat zuletzt nicht nur den nationalen Pokal gewonnen, sondern sich auch für die Champions League der Frauen qualifiziert.

Pekel: Es fehlt jetzt also nur noch, dass wir in dieser auf den FC Bayern treffen und in München ran dürfen. (lacht)

Eine Frage muss zum Schluss unbedingt noch sein: Haben Sie inzwischen schon Megastar Neymar getroffen, der ja im Sommer 2017 ebenfalls zu PSG gewechselt war?

Pekel: Leider nicht. Er hat leider bei keinem einzigen Spiel von uns vorbeigeschaut. Schade.

Das Gespräch führte

Roland Kaufmann.