Großmehring
Lovric auf Titeljagd

Gerolfinger Kreisliga-Fußballer ist für die deutsche Polizei-Nationalmannschaft bei der EM im Einsatz

24.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:51 Uhr
Hat eine gewichtige Rolle im Team: Den Lovric vom Fußball-Kreisligisten FC Gerolfing ist einer von drei Kapitänen der deutschen Polizei-Nationalmannschaft. −Foto: Foto: Rimmelspacher

Großmehring (DK) Den Lovric glaubt felsenfest an die Titelverteidigung. Der 28-Jährige wettet dabei allerdings nicht auf einen neuerlichen Triumph der DFB-Fußballnationalmannschaft bei der WM in Russland, sondern auf sein Team der Polizeinationalmannschaft. Mit dieser will er die Europameisterschaft erneut nach Deutschland holen. Zuletzt war ihm das vor vier Jahren gegen Griechenland gelungen.

Lovric, der beim Fußball-Kreisligisten FC Gerolfing aktiv ist und derzeit beruflich in der Polizeiinspektion in Geisenfeld seinen Dienst leistet, hat in diesen Tagen Stress. Viel Stress - glücklicherweise aber im positiven Sinne. An vergangenen Samstag heiratete der Polizeibeamte seine langjährige Freundin kirchlich, und schon tags darauf ging es in die Tschechische Republik. Allerdings nicht in die Flitterwochen, sondern zur 17. Europäischen Polizeimeisterschaft im Fußball der Herren, die ab heute und bis zum kommenden Sonntag in Prag stattfindet.

Die deutschen Gesetzeshüter treffen in der Gruppe B morgen (16 Uhr) zunächst auf die finnische Auswahl. Am Mittwoch geht es dann gegen die niederländische Elf, am Donnerstag zum Abschluss gegen England (ebenfalls jeweils 16 Uhr). In der Gruppe A sind neben dem Gastgeber die Bulgaren, die Slowaken und die Iren vertreten. Die Halbfinalpartien werden am Samstag gespielt, das Finale steigt am Sonntag.

"Man kann die Leistungsstärke der anderen Mannschaften immer ganz schlecht einschätzen. Aber unser Ziel ist ganz klar die Titelverteidigung. Etwas anderes stand und steht nie zur Debatte", sagt Lovric, der als einer von drei Spielführern den erlesenen Kreis an Fußballern anführen wird. Darüber hinaus ist er aus Bayern der einzige Polizist, der von Bundestrainer Ralf Kaufmann nominiert wurde. Dieser Umstand macht den in Großmehring wohnhaften Sportler besonders stolz, weil eben nur die besten 18 Spieler dabei sind. Bei den Sichtungs- und Vorbereitungslehrgängen sei er vom Trainer deshalb immer scherzhaft mit "der Kreisliga-Fußballer" angesprochen worden. Denn seine Mitspieler kicken allesamt höherklassig.

Sergej Evljuskin (KSV Hessen Kassel, Regionalliga Südwest) beispielsweise spielte in den deutschen Jugendteams zusammen mit Jérôme Boateng und Mesut Özil und war ihr Kapitän. Er gewann auch zweimal den Fritz-Walter-Pokal als bester Nachwuchsspieler. Stefan Müller bestritt 32 Zweitliga-Spiele für den Karlsruher SC. "Daran sieht man, welch hohe Qualität wir in unseren Reihen haben", sagt Lovric, der in der Jugend beim SV Wacker Burghausen ausgebildet wurde. Danach spielte er viele Jahre beim TSV Rain am Lech in der Regional- beziehungsweise Bayernliga, wurde anschließend Spielertrainer beim SV Karlshuld und geht nun beim FC Gerolfing in seine dritte Saison als kickender Co-Trainer. "Es zählt also nicht der aktuelle Verein, sondern die individuelle Klasse. Und bei mir ist der Trainer immer wieder überrascht, wie ich das Niveau so hochhalten kann", sagt Lovric, der aus einer fußballbegeisterten Familie mit slowenischer Abstammung kommt. Sein jüngerer Bruder Sandi ist österreichischer Juniorennationalspieler und steht beim Bundesligisten SK Sturm Graz unter Vertrag. Erst kürzlich gewann er mit der Kampfmannschaft durch einen 1:0-Erfolg nach Verlängerung gegen Red Bull Salzburg den ÖFB-Cup. Zuvor waren die Grazer hinter jenen Salzburgern Vizemeister geworden.

Den Lovric traut seiner Mannschaft beim EM-Turnier in der tschechischen Hauptstadt sehr viel zu, auch wenn bei einer erfolgreichen Titelverteidigung immer alles passen muss. "Von uns hat jeder einen brutalen Ehrgeiz. Wir lassen nie nach", sagt er. Als Beispiel führt er hierzu ein Testspiel gegen einen Bezirksligisten an, als die deutsche Auswahl zur Halbzeit bereits 5:0 führte. Nach 80 Minuten - die Partie musste wegen eines Gewitters vorzeitig abgebrochen worden - stand es 11:0. "Viele Mannschaften lassen es im zweiten Durchgang dann ruhiger angehen. Doch bei uns gibt es nur Vollgas in eine Richtung", sagt der defensive Mittelfeldspieler. Gegen eine Ober- und Regionalliga-Auswahl aus Bremen wurde ein weiteres Testspiel mit 4:1 gewonnen. Allein diese Ergebnisse sind schlagender Beweis für die sehr hohe Qualität der Mannschaft.

Lovric schätzt vor allem die Ausgeglichenheit innerhalb des Teams. "Bei uns ist jeder sofort einsetzbar, da gibt es keinen Leistungsabfall. Wir können also gut durchtauschen, und ein Spieler kann sich auch einmal eine Pause gönnen", sagt der gebürtige Slowene. Und das wird auch nötig sein, da die drei Vorrundenspiele innerhalb von drei Tagen stattfinden. Am Sonntag soll der krönende Abschluss der EM-Triumph sein.

Das Deutsche Polizeisportkuratorium (DPSK) fördert den Breiten- und Spitzensport im besonderen Maße. Deshalb handelt es sich für die Ordnungshüter offiziell um eine Dienstreise. Auch sonst fehlt es den Sportlern an nichts: Sie werden im Mannschaftsbus gefahren, haben originale Deutschland-Trikots mit ihrem Namen, werden von Physiotherapeuten behandelt und auch an eine einheitliche Kleidung mit Ausgehanzügen wurde gedacht. Jetzt muss die Kaufmann-Truppe die Leistung nur noch auf den Platz bringen.

Unabhängig vom Ausgang des Turniers geht für Lovric der "Stress" weiter. Er wird unmittelbar nach dem Finale in die Flitterwochen aufbrechen. Wenn es nach ihm geht, dann allerdings mit der EM-Goldmedaille im Gepäck.

Norbert Dengler