Ingolstadt
Licht am Ende des Tunnels

Die Ingolstädter Junioren-Nationalspielerin Emilie Bernhardt erzählt, wie ihr ein Traum durch die Corona-Krise hilft

08.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:23 Uhr
Zwei Welten: Emilie Bernhardt kämpft in der 2. Fußball-Bundesliga mit dem FC Bayern München II um Punkte (links). Aufgrund der Ligenunterbrechung kann sie sich aktuell als Schülerin des Apian-Gymnasiums auf das anstehende Abitur konzentrieren. −Foto: privat/Hammer

Ingolstadt - Als Fußballerin Emilie Bernhardt mit der deutschen U19-Auswahl Anfang März im spanischen La Manga unterwegs war, schien alles nach Plan zu laufen.

 

Obwohl die Ingolstädterin noch zum jüngeren Jahrgang gehört, kam sie bei den Partien gegen Frankreich (2:1), Norwegen (2:0) und Island (0:2) zweimal zum Einsatz. Ihrer Nominierung für das EM-Qualifikationssturnier Mitte April in Irland, bei dem die Auswahl das Ticket für die Europameisterschaft im Juli in Georgien lösen wollte, erschien mehr als wahrscheinlich. Die Spiele in Südspanien sollten vorerst jedoch die letzten Wettkampfeinsätze für die seit Dienstag dieser Woche 18-Jährige sein. Nicht nur die EM, auch die Partien in der 2. Bundesliga, wo Bernhardt mit dem FC Bayern München II als Ligakonkurrent des FC Ingolstadt auf Rang acht liegt, wurden abgesagt beziehungsweise ausgesetzt. Somit kann sich die Schülerin des Ingolstädter Apian-Gymnasiums intensiver als erwartet auf das anstehende Abitur vorbereiten, muss sich zugleich aber auch mit individuellen Trainingseinheiten fit halten. Wie ihr das gelingt und warum gerade ein Traum ihr dabei hilft, die Motivation hoch zu halten, erzählt sie im Interview.

Frau Bernhardt, wann haben Sie eigentlich das letzte Mal vor einen Ball getreten?
Emilie Bernhardt: Naja, ich bin nicht so der Typ, der jeden Tag ohne Ball nur laufen gehen kann. Ich versuche bei meinen Übungen immer etwas zu kombinieren, weshalb ich tatsächlich fast täglich auch mal einen Ball am Fuß habe.

Als Innenverteidigerin sehnen Sie sich vermutlich aber noch mehr danach, mal wieder eine Stürmerin abzugrätschen, oder?
Bernhardt: Stimmt, das fehlt natürlich - und wenn es regnet ist es am besten (lacht). Mein letztes Mannschaftstraining hatte ich, glaube ich, am 12. März. Den letzten Wettkampf, in dem es auch richtig zur Sache ging, habe ich Anfang März mit der DFB-Auswahl in Spanien bestritten.

Dieses Turnier sollte die Vorbereitung für die EM-Qualifikation Mitte April sein. Diese, genauso wie die EM sind inzwischen abgesagt. Wie schwer ist es zu verdauen, dass Sie ein Fußballjahr ohne großen Turnier-Höhepunkt erleben werden?
Bernhardt: Es ist natürlich sehr schade, keine Frage. Aufgrund der zum Teil doch sehr unterschiedlichen Regelungen in den Teilnehmerländern war eine Verschiebung aus meiner Sicht aber kaum möglich, die Absage somit unumgänglich. Positiv für mich ist, dass ich ja auch nächstes Jahr noch für die U19 spielen darf und jetzt mal etwas mehr Zeit zu Hause verbringen kann.

Prompt haben Sie nun mehr Zeit, um sich auf das anstehende Abitur vorzubereiten.
Bernhardt: Die ersten Wochen in der Zwangspause waren schon krass, weil ich ja praktisch keine Termine hatte. Ich habe versucht, möglichst lange zu schlafen, weil der Tag ja sonst ewig lang ist (lacht). Dann habe ich ein oder zwei Stunden Sport gemacht und probiert etwas zu lernen, aber das war auch nicht immer so einfach. Von daher ist es auch ganz gut, dass jetzt die Schule wieder angefangen hat.

Schulbetrieb unter Corona-Regeln. Was ist die schwierigste Umstellung?
Bernhardt: Ich finde, die Maske ist gar nicht so das Problem. Bemerkbar macht sich, dass unsere Klasse geteilt wurde, weil in den Grundkursen Deutsch und Mathe mehr als 15 Schüler waren. Somit sind die Freunde zum Teil nicht mehr alle zusammen. Insgesamt ist die Umstellung aber nicht wirklich schlimm.

 

Wie sieht dann am Nachmittag Ihr sportliches Programm aus?
Bernhardt: Ich habe vom FC Bayern und vom DFB Trainingspläne bekommen. Dazu gehören normale Läufe, Intervallläufe, aber auch Übungen mit Ball und Krafttraining. Unterm Strich eine ganze Reihe Inhalte, die man sonst gerne vernachlässigt. Am Anfang hat es deshalb auch richtig Spaß gemacht. Inzwischen vermisse ich aber schon das Eins-gegen-Eins oder Vier-gegen-Vier, die Zweikämpfe und die Spiele. Kein Wunder, sonst hätte ich ja auch Leichtathletin werden können.

Wie schwer fällt die Motivation? Schließlich müssen Sie doch alleine trainieren.
Bernhardt: Ja, ich trainiere schon alleine, versuche aber zum Beispiel, auch Laufeinheiten auf dem Fußballplatz zu machen. Oft ziehe ich dann Fußballschuhe an, weil es sich einfach besser anfühlt.

Für wann rechnen Sie mit dem Wiederbeginn?
Bernhardt: Wir wissen noch nichts. Ich bin auch skeptisch, ob wir die Liga noch bis - sagen wir mal - Ende Juni abschließen können. Da viele von uns Abitur machen, sind die dafür angedachten Mittwoch-Spiele zum Beispiel nahezu unmöglich. Und einen noch späteren Beginn, zum Beispiel ab September, kann ich mir nicht vorstellen, weil einige ab Sommer vielleicht woanders spielen. Auch bei mir wird sich nach der Saison eine Veränderung ergeben.

Welche Idee haben Sie?
Bernhardt: Ich plane in die USA zu gehen, genauer gesagt an die University of Central Florida, um dort zu spielen und zu studieren. Ich habe bereits unterschrieben. Stand heute beginnt die Saison dort im August.

Dieses Ziel hilft Ihnen vermutlich beim Durchhalten?
Bernhardt: Absolut. Das ist so eine Art Licht am Ende des Tunnels, weil sich für mich über das Jahr noch einiges entwickelt.

Das Gespräch führte
Norbert Roth.