Ingolstadt
Ingolstädter Fechter nach Fernost

Jan Philipp Rave ist einer von sechs deutschen Nachwuchsathleten beim Sportaustausch in Japan

08.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:40 Uhr
Jan Philipp Rave wird als einer von sechs deutschen Nachwuchsfechtern am Deutsch-Japanischen Simultanaustausch teilnehmen. In Japan wird er Sport, Kultur, Politik und das alltägliche Leben der Einheimischen kennenlernen. −Foto: Foto: Missy

Ingolstadt (DK) Ein Ingolstädter Fechter macht sich auf den Weg ins Reich der aufgehenden Sonne. Der 15-jährige Nachwuchssportler Jan Philipp Rave vom TV Ingolstadt ist für den Deutsch-Japanischen Simultanaustausch der Deutschen Sportjugend (23. Juli bis 9. August) ausgewählt worden. Es ist das erste Mal, dass deutsche Fechter bei diesem Austauschprogramm Deutschland vertreten.

Sein Gegenüber legt sofort den Vorwärtsgang ein und bewegt sich auf Jan Philipp Rave zu. Eindeutiger Angriffsmodus. Der Fechtdegen kommt dem 15-Jährigen bedrohlich nahe, er wackelt wenige Zentimeter vor seiner Maske durch die Luft. Doch Rave lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er tippelt ein paar Schritte zurück, die Sinne sind geschärft, die Muskel angespannt. Rave findet eine defensive Grundposition, wehrt die Angriff seines Trainingspartners ab - und greift seinerseits an. "Es gibt Fechter, die einen aggressiven, offensiven Stil pflegen", sagt Raves Trainer Jens Münnix. "Jan Philipp fechtet überlegt." Doch der Nachwuchssportler fechtet so nicht nur.

Rave, akkurat sitzende Frisur, akkurat sitzendes Shirt, spricht nicht nicht einfach drauf los, wie viele andere 15-Jährige. Bevor er spricht, wägt er seine Worte ab. Und dann sagt er sagt Sätze wie: "Wir sind in Japan Vertreter des deutschen Sports. Dafür müssen die sportliche und die soziale Komponente stimmen." Man kann durchaus nachvollziehen, wie es Rave unter die sechs deutschen Vertreter der Deutschen Fechtjugend geschafft hat. Dabei betreibt der Karlskroner seinen Sport noch gar nicht so lange.

Seit etwa fünf Jahren fechtet er beim TV Ingolstadt, über eine Schulaktion wurde er auf den Sport aufmerksam. Rave lernte schnell. "In der B-Jugend war ich in meinem Jahrgang bayernweit der Zweitbeste", sagt Rave, auch zu deutschen Meisterschaften schaffte er es bereits. So richtig gerne redet er darüber eigentlich gar nicht. Fechten ist für ihn Ausgleichssport, ein Hobby. "Natürlich möchte ich etwas erreichen", sagt Rave. Das Fechtinternat in Bonn sei für ihn keine Option. "Ich habe mich hier eingelebt." Im Training der Jüngeren hilft er als Betreuer.

Das sind sie, die sozialen Kompetenzen, auf die es bei der Bewerbung für die Asienreise ankam. Über den Austausch mit japanischen Jugendsportlern redet Rave auch viel lieber, als über eigene Meriten. "Ich freue mich darauf, die japanische Kultur kennenzulernen und will sehen, wie Japaner Sport machen." Ein paar Floskeln der Landessprache habe er sich schon beigebracht, er wird einer der jüngsten Austauschteilnehmer sein.

Denn jährlich werden 125 junge Menschen aus ganz Deutschland für dieses Programm ausgewählt. Alle zwischen 15 und 24 Jahren. Seit 1973 gibt es den 18-tägigen Simultanaustausch bereits, die Teilnehmer werden bei Gastfamilien wohnen. "Da erlebt man mehr, als wenn man als Tourist ins Land kommt", sagt der Neuntklässler des Ingolstädter Reuchlin-Gymnasiums. Und er möchte dieses Land nicht als Tourist kennenlernen.

Eher schon als Fechter, vor allem aber als Interessierter. "Ich freue mich auf den Kontakt zu anderen Fechtern", sagt Rave. Ein bisschen aufgeregt sei er. Es ist ja auch eine ungewohnte Situation, die eine gewisse Anpassung erfordert. Die Anpassung allgemein ist für Rave allerdings alles andere als ungewohnt, sie ist elementarer Bestandteil seines Fechtstils. "Es gibt Athleten, welche die Neigung haben, nur anzugreifen", erklärt der 15-Jährige. Rave taktiert dagegen lieber, stellt sich auf seinen Gegner ein. Seinen Fechtstil bezeichnet er als besonnen. "Ich bleibe im Gefecht gerne hinten und probiere verschiedene Dinge aus."

Deshalb versuchte er es auch mit einer Bewerbung für den Simultanaustausch in Japan. "Man muss schon ein guter Fechter sein", sagt Rave, der aber wusste, dass es auch auf andere Dinge ankommt. "Sie suchten Leute, die sozial engagiert und interessiert an der Sache sind." Erstmals dürfen Fechter an diesem Austausch teilnehmen, Rave hat die Chance direkt genutzt. Jetzt warten spannende Aktivitäten in Osaka, Kyoto und Tokio auf den Schüler. Und Fechten. "Die Faszination dieses Sports ist für mich die Kombination aus Geschick, schnellen Bewegungen, Kraft und Ausdauer", sagt Rave. "Man trainiert den ganzen Körper, es kommt aber auch auf überlegtes Handeln an." Das passt zu dem 15-jährigen Nachwuchssportler, und beschreibt viel mehr als nur seinen Fechtstil.
 

Christian Missy